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Herrin der Lüge

Herrin der Lüge

Titel: Herrin der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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begraben oder von der Flut aus Brandpfeilen an die Planken genagelt.
    Bald stand auch das letzte der zwanzig Schiffe in Flammen. Feuerwände spiegelten sich auf den Wogen, erhellten die Küste und die Ruinen des Fischerdorfs, tauchten den Berghang in geisterhaftes Zucken und die Kämpfenden in das Blutrot eines albtraumhaften Mondaufgangs.
    Es war Berengarias Plan gewesen, und sie schien Recht mit dem zu behalten, was sie vorausgesehen hatte. Qwara war viel zu sehr darauf bedacht gewesen, die Frauen auf dem Berg in seine Gewalt zu bringen, als den verlassenen Schiffen vor der Küste Beachtung zu schenken. Die List, mehr als tausend Kriegerinnen im Inneren der Galeeren zu verstecken, während alle übrigen sich auf den Gipfel zurückzogen, trug Früchte.
    Die Söldnerführerin stand am Tor hinter den Linien und gestattet sich einen Moment, auf das Geschehen tief unter ihr zu blicken.
    Alles lief nach Plan. Die Frauen an Bord der Kreuzfahrerschiffe hatten Befehl, an Land überzusetzen und den Piraten am Hang in den Rücken zu fallen. Wenn die Nachhut der Kriegerinnen sie erreichte, würden Qwara und seine Männer gezwungen sein, an zwei Fronten zugleich zu kämpfen.
    Der Pirat schien sofort begriffen zu haben, dass seine einzige Chance darin bestand, die Festung einzunehmen, bevor die Nachhut sie erreichte. Auf der Brücke stürzte er sich mit neuer Kraft in die Schlacht, als wollte er die Festung im Alleingang erobern.
    Viele seiner Männer hatten sich zurückgezogen und starrten von der Brücke aus auf ihre brennende Flotte. Doch Qwaras gewaltiges Krummschwert mähte mit einem Schlag drei Gegnerinnen nieder, während er sich tobend auf das Tor zuschob, weitere Hiebe nach rechts und links austeilte und seinen Leuten Befehle zubrüllte, die im Tumult der Kämpfe untergingen.
    Jetzt folgten andere dem Beispiel ihres Anführers. Es schien fast so, als ob sich die Tobsucht des Prinzen auch auf seine Männer ausweitete und sie umso gefährlicher machte.
    Berengaria traf ihre Entscheidung. Während der Jubel der Frauen über die brennenden Schiffe allmählich verebbte, arbeitete sie sich mit nüchterner Zielstrebigkeit vor. Entschlossen kämpfte sie sich den Weg frei, bis sie dem Führer der Piraten gegenüberstand.
    Er wischte sich mit der Hand über die Augen und strich die verklebten Zöpfe nach hinten. Blut bedeckte sein Gesicht, tränkte die Reste seiner Kleider und das Kettenhemd, das darunter glänzte. Selbst seine Augen waren rot unterlaufen. Was Berengaria von weitem für blindwütige Raserei gehalten hatte, entpuppte sich aus der Nähe als wilde, aber keinesfalls willkürliche Kampfeslust. Qwara führte seine Waffe weder im Wahn noch unüberlegt. Vielmehr schien er all seinen Zorn über den Verlust der Schiffe in seine Hiebe zu legen; es war, als verliehe diese Wut der Klinge eine tödliche Legierung, die jede Abwehr durchdrang und sie blitzschnell zustoßen ließ.
    Mit grimmiger Miene stürzte sie ihm entgegen. Begierig nahm er die Herausforderung an.
    Saga hörte die anfeuernden Rufe schon von weitem, lange ehe sie erkennen konnte, was draußen auf der Brücke geschah.
    Rund um das Plateau wurde noch immer gekämpft. Aber das Vordringen der Piraten hatte an Kraft verloren. Viele stolperten ungeordnet den Hang hinunter, um die unversehrten Schiffe der Kreuzfahrerflotte einzunehmen, aber sie rechneten nicht mit der Vielzahl an Kriegerin nen, die ihnen im Dunkeln von unten entgegenströmte. Andere führten den Angriff auf die Festung fort, doch ihre Reihen waren nun so weit ausgedünnt, dass es ohne große Verluste gelang, sie von den Felskanten fern zu halten. Der größte Pulk aus Feinden drängte sich auf der anderen Seite der Brücke, aber selbst dort waren die Gefechte augenscheinlich zum Erliegen gekommen. Saga versuchte, über die Köpfe der Menschenmasse am Tor hinwegzusehen, doch das war aussichtslos. Auch Karmesin, die ihr nicht von der Seite wich, konnte nichts erken nen.
    »Saga!«, rief die Konkubine. »Warte!«
    Aber Saga hatte sich schon bis zu der Strickleiter vorgedrängt, die an der Seite des mächtigen Tors herabhing. Auf der Querstrebe des Portals drängten sich noch immer Bogenschützinnen und nun auch ein paar Schaulustige. Es war gefährlich dort oben, so ganz ohne Geländer oder Haltetaue, aber Saga musste wissen, was auf der Brücke vor sich ging. Sie wartete nicht auf Karmesin, die ihre liebe Not hatte, sich hinter ihr einen Pfad durch die Masse der Kriegerinnen zu bahnen.
    »Macht

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