Herrin des Blutes - Thriller
hochzuziehen und zu schließen.
Sie waren gerade ins Schlafzimmer zurückgekehrt, als Marcy ein entferntes Geräusch wahrnahm, das sie erst nach einer geraumen Weile als Heavy-Metal-Musik identifizierte.
Sie runzelte die Stirn.
Es war das erste Mal seit ihrer Ankunft, dass irgendeine Art von Musik in diesem Haus zu hören war. Sie klang sehr gedämpft und schien von außerhalb des Hauses zu kommen. Marcy ging auf die Schlafzimmertür zu, um nachzusehen, was vor sich ging, als der Knall der ersten Explosion einen brennenden Speer der Furcht durch ihr Herz jagte und ihre Hand auf dem Türknauf erstarren ließ. Das Geräusch war gewaltig und die Erschütterung schien das gesamte Haus zum Beben zu bringen. Ihr folgten sofort weitere Explosionen, ebenso durchdringend, und kurz darauf war das Donnern von Schüssen zu vernehmen.
Ellen schrie panisch auf, stürzte sich auf Marcy und riss sie von der Tür weg. Ihre Hände krallten und klammerten sich an der Kleidung ihrer Schwester fest, während sie immer wieder etwas Unverständliches vor sich hinbrabbelte. Marcy stieß sie zur Seite und Ellen fiel taumelnd zu Boden, landete unsanft auf dem Hintern und stieß ein schmerzerfülltes Quäken aus. Das Geräusch zerriss Marcy das Herz, aber die Panik, die in ihr aufstieg, war so gewaltig, dass sie ihr keinen Raum ließ, ihre einfältige Schwester zu trösten. Sie musste sich etwas einfallen lassen, und zwar schnell. Bevor das, was dort unten eindrang, näher kam – was immer es sein mochte.
Dann kam sie ihr in den Sinn. Die einzig mögliche Antwort.
Dream. Wir müssen sofort zu Dream.
»Nach oben.« Sie trieb Ellen an. »Beweg deinen Arsch. Wir gehen nach oben. SOFORT. «
Sie stürzte zum Nachttisch, riss die Schublade auf und holte die Glock heraus. Sie überprüfte das Magazin. Geladen. Sie schob es wieder hinein und sah im selben Moment, wie ihre Schwester auf die Tür zutaumelte. Ellens Hände fummelten einen Moment lang am Knauf herum, bevor sie ihn zu fassen bekam. Ein Adrenalinschub ließ Marcy förmlich durchs Zimmer fliegen.
Als die Pforte zur Seite schwenkte, wurde das Geräusch der Schüsse mit einem Mal lauter. Schreie und verwirrte Rufe hallten durch den Korridor.
Ellen trat in das Chaos hinaus und Marcy folgte ihr.
Kapitel 27
Das Rasiermesser fühlte sich beruhigend in ihrer Hand an, als gehörte es dorthin. Alicia klappte es auf und trat an das Kopfende des Betts, starrte in die weit aufgerissenen Augen des Mädchens, das daran gefesselt war. Ein junges Ding, schlank und blond, mit einem süßen Gesicht und einer passablen Figur. Der Ballknebel in ihrem Mund unterstrich die Schönheit ihrer Lippen auf perverse Weise und hob ihre Jugend und Verletzlichkeit hervor.
Alicia setzte sich neben sie und strich einige schweißnasse blonde Strähnen aus der Stirn des Mädchens. Es erzitterte unter Alicias Berührung.
Alicia lächelte. »Vor langer Zeit steckte ich auch mal in deiner Situation, Kleines. Ohne besonderen Grund gefesselt, einfach nur, weil sie es konnten. Eine verdammte Schande, nicht wahr? Dass es Menschen auf dieser verrotteten Welt gibt, die sich dadurch Befriedigung verschaffen.«
Tränen traten in die Augen des Mädchens und rannen ihre Wangen hinunter. Alicia wischte sie weg und leckte die Feuchtigkeit von ihren Fingern. »Mmm. Wie dem auch sei … Was ich eigentlich sagen wollte: Es ist eine Schande, dass es Menschen wie mich auf dieser Welt gibt.« Sie lachte und legte die Klinge flach auf den weißen Bauch des Mädchens. »Wirklich ein Jammer für dich.«
Sie ritzte die Haut des Mädchens ganz leicht ein, vielleicht einen Millimeter tief, und zeichnete eine rote Linie bis hinab zur Hüfte. Es war alles andere als eine lebensbedrohliche Wunde, aber die Kleine kreischte und zerrte wie wild an ihren Fesseln. Schließlich keuchte sie nur noch gequält hinter ihrem Knebel. Ihr ganzes Gesicht glühte rot, und Alicia fragte sich, ob es möglich war, einen jungen Menschen so sehr zu erschrecken, dass er einen Herzinfarkt erlitt. Es schien ihr nicht sonderlich wahrscheinlich zu sein, aber sie schloss es nicht kategorisch aus.
Nein, das durfte nicht passieren. Sie hatte schließlich gerade erst angefangen.
Es war schon seltsam. Was sie dem Mädchen gerade antat – irgendeiner anonymen Ausreißerin, die sie nicht einmal kannte –, war genau das, was sie sich nach ihrer Reinkarnation für Dream ausgemalt hatte. Aber inzwischen hatten sich die Rahmenbedingungen geändert. Bei Dream zu sein,
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