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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Saal. Nur Christopher und Cornelia blieben zurück.
    Dierk versuchte im Hinausgehen, ein Gespräch mit der schönen Grete anzufangen, die Aegidia noch auf dem Arm hatte. Grete gab keine Antwort und zeigte ihm die kalte Schulter. Die erste Frau, die seinem Charme nichts abgewinnen konnte, dachte Ada. Aber der Tag war noch nicht zu Ende, und Dierk war nicht so leicht abzuschrecken. Sogar die Wirtin in Hermannsburg hatte ihm beim Abschied ungebeten einen Wurstzipfel geschenkt, und die war unfreundlich und geizig genug gewesen.
    Ada war längst so von ihm eingenommen, dass sie ihn nach Kräften verwöhnte. Der Junge und Christopher waren wie Sonnenschein für sie. Bei dem Gedanken lächelte sie, und dieses liebevolle Lächeln schenkte sie Christopher, der es errötend in Empfang nahm.
    Dann jedoch wandten sie alle ihre Aufmerksamkeit der weißgepuderten Cornelia zu, die sich darum bemühte, gelassen zu wirken. »So eindeutig geklärt, wie du tust, sehe ich die Besitzverhältnisse hier nicht, mein lieber Junge.« Ihre Hände krallten sich in ihre Rockfalten.
    Lenz richtete sich auf. »Frau von Questenberg, als Euch gänzlich unbekannter, erwachsener Mann mutet es mich seltsam an, von Euch als ›Euer Junge‹ bezeichnet zu werden. Ihr seid jünger, als meine Mutter heute wäre. Ich versichere Euch, dass ich die Verfügungen meines Vaters respektieren werde. Allerdings muss ich gestehen, dass ich Euren Namen oder Euer Verhältnis zu meinem Vater bisher nirgendwo erwähnt gefunden habe.«
    »Das kann ich dir ganz genau erklären«, sagte Cornelia mit erhobenem Zeigefinger und spitzem Mund.
    »Verzeih, Lenz«, meldete Christopher sich zu Wort, »aber wollen wir uns nicht im Kabinett deines Vaters unterhalten? Dort gibt es ein Feuer. Ada fröstelt.«
    Das hatte er schneller bemerkt als Ada selbst. Er war der zuvorkommendste junge Mann, dem sie je begegnet war. Auch Lenz würde ein Sessel beim Feuer guttun, er wirkte gequälter als am Morgen. »Du hast recht. Mir ist ein wenig kalt«, stimmte sie zu.
     
    Man musste beide Augen verschließen, um nicht zu sehen, dass sich zwischen diesen beiden etwas tat, dachte Lenz. Es fing an, ihn zu beunruhigen. Eine Liebesbeziehung zwischen seiner Gemahlin und seinem Freund würde ihn vor große Probleme stellen.
    Er konnte kein Gerede darüber zulassen, dass sein Freund seine Ehe geringschätzte, geschweige denn brach. Außerdem wollte er Ada auf Wenthe zurücklassen. Christopher würde leiden oder sich sträuben; es konnte bis zum Zerwürfnis gehen. Nein, das durfte nicht geschehen, eher würde er Schande in Kauf nehmen. Seine Ehe war nur ein Zufall. Wenn es Christopher ernst mit Ada war, sollte dieser Zufall sein Glück nicht verhindern. Man musste abwarten.
    Sein Freund hatte wohlerzogen Cornelia den Arm angeboten und schritt mit ihr die breite Steintreppe hinunter. Seitlich von der breiten Treppe verlief die engere Dienstbotentreppe, mit schmaleren Stufen, durch einen Sockel und ein Geländer abgetrennt. Lenz musterte sie, hatte jedoch keine Hoffnung, dass sie für ihn bequemer sein würde. Jede Treppe war eine Qual, und diesen Auf- und Abstieg hatte er an jenem Tag schon dreimal bewältigt. Er würde sich unten im Kabinett seines Vaters einrichten, bis sein Knie aufhörte zu schmerzen. Diese Begründung würden die Leute verstehen, und ihm kam sie gelegen.
    Ada war schon zwei Stufen hinuntergegangen, da drehte sie um und kam zu ihm zurück. »Verzeih, ich hatte dein Knie vergessen. Du kannst dich auf mich stützen, wenn du willst.« Sie nahm seine Hand und legte seinen Arm um ihre Schultern, ohne eine Antwort abzuwarten.
    Ihr weicher Frauenkörper strahlte Wärme aus. Ein Bild zuckte in Lenz’ Erinnerung auf. Durch Zeltleinwand gefiltertes Mondlicht auf weißer Haut. Formen, wie von Rubens gemalt, so üppig. So willig. Oder nicht willig? Die Erinnerung verlosch, was blieb, war die Hitze, die in ihm aufgewallt war, der schnelle Herzschlag. Und die Frau.
    Unwillkürlich zog er Ada an sich, ihre Brust an seine, so heftig, dass er ihre spanische Halskrause zerdrückte. Sie atmete erschrocken ein, wehrte sich aber nicht, sondern blieb reglos und brachte mit ihren großen Augen seinen Herzschlag zum Stolpern. Sein Körper erinnerte sich gut. Wenn er danach ging, war es ein großartiges Erlebnis gewesen, ihr beizuliegen. Gefühle, die er nächtelang neben ihr im Bett unterdrückt hatte, drängten sich in den Vordergrund. Seine Vorstellungskraft spielte ihm überwältigend lebendig vor,

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