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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Wenthe’schen Gut zu schaffen, kam Ada einfach vor im Vergleich zum Umgang mit ihrem Gatten. Sein Verhalten verwirrte sie zusehends. Sie musste es endlich wagen, ihn nach seinen Plänen für die Zukunft zu fragen.
    Soeben holte er ein paar Briefe aus dem Fach, in dem der Silberbeutel gesteckt hatte. Den Stein, von dem sie beschwert gewesen waren, legte er in eines der offenen Abteile. Ada fragte sich, warum jemand Papiere beschwerte, die er in einem geschlossenen Fach aufbewahrte.
    »Schuldscheine«, sagte Lenz. »Wenn wir den Advokaten treffen, werden wir ihn bitten, sich darum zu kümmern.«
    »Es ist mir unangenehm zu fragen …« Ada nahm die Münztürmchen nacheinander mit Daumen und Zeigefinger und ließ sie wieder in den Beutel klingeln. »Aber … Was hast du mit dem Gut vor? Ist es deine Absicht, hier zu leben?«
    Er kramte schon wieder im Inhalt des Schrankes. »Es ist dein Gut, nicht meines. Soweit meine Möglichkeiten reichen, werde ich veranlassen, dass du es halten kannst. Jakob ist unterwegs zu Eckermann, dem Advokaten. Falls der mir anständig erscheint, können wir schon morgen nach der Bestattung das Geschäftliche mit ihm klären.«
    Obwohl im Kamin ein großzügig bemessenes Feuer brannte, bekam Ada eine Gänsehaut. Das war die Aufregung. Sie fror leichter vor Aufregung als vor Kälte. »Möchtest du, dass ich allein hier lebe?« Es strengte sie an, die Frage ruhig und beherrscht auszusprechen.
    Lenz warf ihr einen verständnislosen Blick zu und schüttelte den Kopf. »Du kannst das wohl kaum als allein bezeichnen. Das Gut braucht in besseren Zeiten dreimal so viele Hände wie jetzt, um einen ordentlichen Ertrag zu bringen. Natürlich wirst du selbst entscheiden, mit wem du hier lebst. Nur sollst du das Gesinde behalten. Das ist meine Bedingung.«
    Ada schluckte, nickte, senkte den Blick. »Selbstverständlich.«
    »Wollen wir?« Christopher war auf einmal nah bei ihr und bot ihr seinen Arm an. Wortlos nahm sie ihn und ließ sich zur Tür führen.
    Auf dem Flur stand Luise, mit den Händen an ihren Röcken.
    Ada war sicher, dass sie dort schon länger gestanden und zugehört hatte, obwohl das Gesicht der Magd kein Schuldbewusstsein verriet. Luise nickte höflich und trat zur Seite, um sie und Christopher vorbeizulassen, dann klopfte sie an den Türrahmen des Geschäftszimmers. Heftige Neidgefühle trafen Ada. Dass Luise mit Lenz allein im Raum sein würde, machte sie wütend. Es gab vermutlich keine Zuneigung zwischen den beiden, aber eine Art Einverständnis, das Ada für sich nicht beanspruchen konnte. Warum hatte sie eben nicht hartnäckiger nachgefragt?
    Weil Christopher danebengestanden hatte, gab sie sich selbst zur Antwort. Unter vier Augen hätte sie Lenz vielleicht Fragen gestellt, die dem Grund dafür näher kamen, aus dem er sie oben auf der Treppe an sich gedrückt hatte. Er hatte sie damit überrumpelt, aber unangenehm war es nicht gewesen. Es war beschämend, wie sehr sie sich nach Berührungen mit ihm sehnte. Das erregende Wohlgefühl, ihn zu spüren, war nicht vergleichbar mit der freundlichen Nähe, die entstand, wenn sie ihre Hand auf Christophers Arm legte.
    »Ich hatte noch keine Gelegenheit, es dir zu sagen, aber ich bin froh, dass du nicht in Lüneburg geblieben bist, um diesen Märtens zu heiraten«, unterbrach er ihren Gedankengang.
    Sie traten hinaus auf den Hof. Zwei Dutzend Hennen scharrten über das Anwesen verteilt, im hoch auf Pfähle gebauten Taubenhaus gurrte es, und auf dem stinkenden Hofteich schwamm ein Erpel mit drei Enten, von denen wenigstens eine ein paar Küken hatte. Der dampfende Misthaufen zeugte davon, dass es auch im Stall noch Tiere gab. Zwei magere Hunde schnüffelten neben der Scheune herum: ein alter brauner Jagdhund und ein gefleckter Mischling, der jünger und lebhafter war. Beide kamen auf Ada und Christopher zu, als sie sie bemerkten.
    Ada mochte Hunde nicht besonders, sie kannte Gruselgeschichten über verwilderte Hofhundrudel, die Menschen angriffen. Deshalb rückte sie dichter an Christopher heran. »Darüber bin ich auch froh, aber lass uns jetzt nicht davon reden. Die Zukunft macht mir trotzdem Sorgen.«
    Er legte seine freie Hand auf ihre. »Du findest Hilfe bei mir, wenn du sie willst.«
    Ada merkte, dass sie rot wurde. »Das ist freundlich.«
    Eine Stalltür flog auf, und Dierk kam laut lachend herausgerannt. Hans, der älteste Sohn der Flügges, war ihm auf den Fersen und jagte ihn mit einem Stallbesen in der Hand. Auch er lachte. Als

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