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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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mir eine Bezahlung aussteht?«
    Pastor Hasenbein. Lenz kehrte aus der Gedankenversunkenheit zu seinem Tischnachbarn zurück und brachte seine schlechte Laune mit. »Wie lange seid Ihr hier schon im Amt?«
    »Einen guten Monat. Mein Vorgänger ist vor zwei Monaten nach Uelzen umgesiedelt.«
    »Wenn Ihr das wisst, dann wisst Ihr ja auch, wo Ihr Eure Bezahlung abholen könnt. Mein Vater hat an Euren Vorgänger eine beträchtliche Summe im Voraus gezahlt. Eine geradezu katholische Summe. Er muss gehofft haben, sich sein Seelenheil kaufen zu können. Ich werde Eure Sargträger entlohnen, aber kein zweites Mal die Kirche.«
    Hasenbein schmetterte seine Scheibe Brot auf den Tisch, sein Glas wackelte. »Dass Ihr Euch nicht schämt, am Bestattungstag Eures Vaters mit der Kirche zu feilschen. Ich habe den weiten Weg hierher nicht gescheut, ich bin ihn mehrfach gegangen, um Eurem Vater den Trost des Glaubens zu spenden. Wollt Ihr mir das Brot rauben? Dann schlagt Ihr die Nägel in Fleisch und Kreuz unseres Herrn Jesu. Dann wird Gott …« Sein Kopf war rot, die Hängebacken schwabbelten erregt.
    Lenz bedeutete ihm mit der Hand zu schweigen. »Versteigt Euch nicht, Hasenbein. Es sind schlechte Zeiten, ich kann Euch beinah verstehen. Aber jemand, der Betrug im Sinn hat, soll wenigstens nicht Gottes Namen ins Spiel bringen. Muss ich noch deutlicher werden?«
    Einen Atemzug lang verharrte Pastor Hasenbein, dann stand er auf und warf sein Fingertuch auf den Teller. »Ihr verdient die Gnade der Kirche nicht. Ich werde dieses Haus nicht mehr betreten.« Damit drehte er sich um und verließ den Saal.
    »Dierk, bring den Pastor zur Tür, damit er den geraden Weg findet.« Lenz wäre selbst gegangen, wäre die Treppe nicht gewesen. Der Junge würde schon Obacht geben, dass Hasenbein Haus und Hof ohne Umweg verließ. Überhaupt war der Junge flink, sowohl auf den Füßen als auch im Denken. Es war die Überlegung wert, ihn als Lehrjungen mit nach England zu nehmen, falls sein Onkel nicht auftauchte.
    Nach England zurück – wenn es doch schon so weit wäre. Der Appetit war ihm nach dieser Sache mit Hasenbein endgültig vergangen. Er hätte noch härtere Worte gegen ihn verwenden können, denn er hatte den Beweis gefunden, dass der alte Pastor den Kirchenlohn an Hasenbein weitergereicht hatte. Er warf einen Blick Richtung Procurator Eckermann, der die Aufforderung erwartet hatte. Der gesetzeskundige ältere Herr betupfte seinen Mund und reinigte konzentriert seine Finger, indem er erst die eine Hand in die Wasserschale tauchte und die Finger einzeln trocknete, dann das Gleiche mit der anderen tat. »Falls Euer Gnaden zum Geschäftlichen schreiten wollen, stehe ich zur Verfügung.«
    »Gut.« Lenz warf seinen Lappen ähnlich unachtsam zum Teller wie Hasenbein zuvor. Er landete halb in der Soße. Ihm war es einerlei, doch beim Aufstehen fing er sowohl einen Blick von Luise auf, die ihn voll Abscheu betrachtete, als auch einen von Ada, die ihn mit ihren blauen Augen tadelte. Herrgott, er hatte es gewusst, warum er keine Frau wollte. Ihr ganzes Sein kreiste bloß um unbedeutende Dinge wie Soßenflecken und gestärkte Hauben. Ada würde sich gewaltig entwickeln müssen, um zurechtzukommen. Gebieterisch winkte er ihr, damit sie Eckermann und ihn begleitete.
     
    Am nächsten Morgen erwachte Ada in dem großen Bett ihres Gemaches allein. Zu ihrem Leidwesen war sie sich nun erstmals sicher, dass es so bleiben würde.
    Sie war die Herrin auf Wenthe, daran gab es keinen rechtlichen Zweifel, mochte es Cornelia von Questenberg oder wem sonst auch missfallen. Procurator Eckermann hatte es bestätigt.
    Lenz seinerseits hatte Eckermann darüber unterrichtet, dass er nur so lange auf Wenthe weilen würde, bis der Alltag seinen geregelten Gang ginge. So bald wie möglich würde er sich wieder seinem englischen Geschäft widmen.
    Er würde sie allein lassen. Ada gab sich Mühe, vernünftig zu sein, aber es half nicht. Die Vorstellung, dass er gehen würde, ohne einen Blick zurückzuwerfen, tat weh und erstickte jede Lust darauf, den Tag zu beginnen. Sie hatte ihr Leben lang nur davon sprechen hören, wie Verliebte sich benahmen, und hätte sich bis zum Vortag nicht zu denen gerechnet. Der Schmerz belehrte sie nun eines Besseren.
    Sie wusste, wenn sie aufstand, würde sie unweigerlich Lenz’ Nähe suchen, auf freundliche Worte und ein Zeichen von Zuneigung hoffen. Oder ihn auch nur heimlich ansehen, ihn bewundern und ihren wilden Herzschlag dabei

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