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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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wieder in der Truhe, dann blies sie das Licht aus und zog ihre Decke bis zum Kinn hoch.
    Nun schien es ihr doch unrecht, dass sie die Briefe gelesen hatte. Was sollte sie anfangen mit diesem erschütternden Wissen, das sie mit niemandem teilen konnte?
    Wenn es war, wie sie dachte, waren Lenz und Christopher echte Vettern. Und vor allem war Lenz eigentlich nicht der rechtmäßige Erbe Graf Ludwigs, und sie selbst hatte noch viel weniger ein Anrecht auf das Gut, als sie gedacht hatte. Es war keine Frage des Gesetzes, sondern des moralischen Empfindens. Wenn sie danach ging, gab es zumindest eine Person, die ein Anrecht hatte: der kleine Sohn von Luises Schwester, falls er noch lebte.
    Gleich morgen würde sie Luise fragen, ob die beiden wirklich nicht auffindbar waren. Konnte man sie finden, musste sie ihnen zumindest eine Rückkehr anbieten.

12
     
    Am nächsten Tag gab es zu viel Arbeit, als dass Ada mit Luise hätte sprechen können. Da die Soldaten sich weiterhin nicht blicken ließen, zogen alle Arbeitsfähigen hinaus, um frisches Futter für das Vieh zu schneiden und so viel von dem bereits gemähten Gras auf den Hof zu holen, wie man dort ausbreiten konnte.
    Letzteres war das Einzige, was Ada an jenem Tag mit Luise klärte. Ottman war nicht recht überzeugt von der Anweisung gewesen, hatte gemeint, man könne doch nicht auf Schritt und Tritt Heu unter den Füßen haben. Luise hatte jedoch zugestimmt. »Es ist gescheit, was die gnädige Frau sagt.« Und damit war die Sache so gut wie getan. Ada konnte nur staunen. Luise sagte wenig, aber wenn sie etwas entschied, dann schlossen die anderen Leute sich an. Sie war das geheime Oberhaupt des Gesindes und wurde so sehr respektiert, dass Ada sich wieder einmal ein Stück davon wünschte.
    Bei der Arbeit mit dem Heu fiel besonders auf, dass dem Gut Arbeitskräfte fehlten. Christopher erklärte sich bereit, einen der Heuwagen zu fahren, und zu Adas Verwunderung krempelte auch Lenz seine Hemdsärmel hoch und griff zur Forke, nachdem er dem Abladen auf dem Hof eine Weile zugesehen hatte.
    Sie selbst nahm sich Grete vor, die sich allzu gern herausgeredet hätte, und ließ sie den Hof fegen, die Obstwiese abharken und den Misthaufen in Ordnung bringen, damit das Heu möglichst sauber lag. Mit eiserner Entschlossenheit übersah sie die giftigen Blicke, mit denen die Magd sie während der Arbeit bedachte. Sie wies sogar Cornelias Ruf nach Grete ab und forderte sie auf, sich selbst um ihre Tochter zu kümmern, wenn sie schon sonst keine Arbeit tat. In der Folge streunte Aegidia allerdings ohne ihre Mutter auf dem Hof herum und schien sich dabei ausgesprochen wohlzufühlen.
    Erst als es Mittag wurde, unterbrach Ada ihre Arbeit für kurze Zeit und ging in die Küche, um nachzusehen, ob die beiden alten Frauen es geschafft hatten, für eine Mahlzeit zu sorgen.
    Am Ende des Tages glaubte sie, dass sie diesmal nicht unter Schlaflosigkeit leiden würde.
     
    Lenz hatte zu seinem Bedauern am Abend keinen Zustand ohnmächtiger Müdigkeit erreicht, obwohl er ausdauernd gearbeitet hatte.
    Den ganzen Tag über hatte er Ada immer im Blick gehabt.
    Sogar wenn sie mit einer Harke hantierte oder die Hühner fütterte, trug sie ihr dickes, graues Kleid; jeder Knopf war geschlossen, die Haubenbänder zugebunden, und um ihren Hals lag das absurde Rad des gefältelten spanischen Kragens. Mittlerweile fühlte er beizeiten den starken Drang, ihr das Ding abzureißen. Nicht nur den Kragen, wenn er weiterdachte. Er hatte über den Tag manchmal nicht gewusst, ob er schwitzte, weil er arbeitete, oder weil er die Schweißflecken auf ihrem Kleid sah, oder wie sie sich mit dem Unterarm die feuchten Härchen aus der Stirn wischte und er sich fragen musste, wie heiß und feucht sie unter ihrem Kleid war. Auch die Anstrengung, die es ihn kostete, nicht ständig zu ihr hinzusehen, war immens. Er hatte den Eindruck, dass sein Nacken davon schmerzte. Nicht dass er sie nicht sah, wenn er ihren Anblick vermied. Dann sah er sie vor seinem inneren Auge – nackt. Aber das bemerkten zumindest die anderen nicht.
    Christopher war ihm nach ihrem Streit ein paar Stunden aus dem Weg gegangen, dann jedoch zurückgekehrt. Stillschweigend waren sie übereingekommen, nicht mehr über Ada zu sprechen.
    Nachdem sein Freund früh zu Bett gegangen war, saß Lenz noch auf und nippte an einem Glas Wein, diesmal in Maßen, denn nach einem Rausch war ihm nicht zumute.
    Vernünftig hatte er sein wollen, indem er sich sein Begehren

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