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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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sollen, um ihn aufzuhalten?
    Verzeih mir, liebste Freundin. Es macht die große Entfernung zwischen uns und der Umstand, dass wir uns so lange nicht gesehen haben, dass ich tatsächlich nicht ahnte, wie es um Dich bestellt ist. Nicht einen Augenblick hatte ich geglaubt, dass Du selbst so leidest. Ich bewundere Dich auf Knien dafür, dass Du es vor ihm verborgen hast und fest geblieben bist. Was Du über das verhärtete und kämpferische Naturell Deines Gatten sagst, lässt mir kalten Schweiß ausbrechen bei dem Gedanken, was hätte passieren können. Ich danke Dir.
    Ich werde helfen, ihn zu heilen, das verspreche ich Dir. Ich wünschte nur, ich könnte das Gleiche für Dich tun. Du weißt hoffentlich, dass Du bei uns jederzeit willkommen wärest, sollte sich die Notwendigkeit ergeben, und Du musst wissen, wie ich Deinen kleinen Lorenz selbst aus der Ferne liebe, wie ich Deine beiden Söhne lieben würde, stünden sie vor mir.
     
    1617
    Endlich, endlich, liebste Agnes.
    Bis heute habe ich nicht gewagt, Dir davon zu berichten, weil ich solche Angst hatte, dass meine Hoffnung wieder vergeblich sein würde:
    Wir haben einen Sohn, einen gesunden Knaben, etwas leicht, aber mit einer lauten Stimme und wunderschönen Augen. Du kannst Dir unser Glück nicht vorstellen! Christopher haben wir ihn genannt.
     
    1618
    Es war ein Unglücksjahr für Dich, wie ich es mir schlimmer kaum vorstellen kann. Du musst mir glauben, wie ich mit Dir fühle. Jemand, der so lange auf ein Kind gewartet hat wie ich, kann vielleicht am besten verstehen, wie grauenhaft es ist, eines zu verlieren.
    Nachdem ich Deinen Brief erhalten hatte, war Georgs Hochzeitstag ein Trauertag für mich. Du so unglücklich, in einem vom Krieg bedrohten Land, und er heiratet eine Frau, die ihn nicht mehr als zufrieden machen wird. Warum musste alles so kommen?
    Ich wage heute nicht, Dir heiteres Geschwätz über mein Kind zu senden, und hoffe nur, dass Du noch Kraft hast, Deinen eigenen verbleibenden kleinen Sohn im Herzen zu halten.
     
    1619
    Agnes,
    Du bist so bewunderungswürdig stark und klug, dass ich Angst habe, Dir zu widersprechen, aber ich wünschte, Du würdest es Dir überlegen und nicht nur Deinen Sohn zu uns schicken, sondern ihn selbst begleiten. Du weißt, wir werden ihn auf Händen tragen und ihn als das behandeln, was er ist, auch wenn Du nicht bei ihm bist. Aber auch wenn Du die Hoffnung für Dich aufgegeben hast, es mag hier in England vielleicht noch Medici geben, die eine Kur für Dich wüssten und Deine Zeit erheblich verlängern könnten. Du sagst, Dein Gatte würde Dich nicht fortreisen lassen und trotz Deiner Schwäche auf mehr Kinder von Dir hoffen, aber mein Verdacht ist, dass Du nicht versucht hast, ihn darum zu bitten. Du bestrafst Dich womöglich selbst, weil Du Dir die Vergangenheit nicht verzeihst. Ich aber würde Dich und unseren Lorenz in die Arme schließen und Dir wieder und wieder danken, weil Du es richtig gemacht hast.
    Deine Katharina
    Das Lesen bei Kerzenschein war wegen der kleinen Handschrift eine Anstrengung gewesen. Eins und eins zusammenzuzählen war dagegen ein Leichtes für Ada, auch wenn die liebenswürdige Katharina sich bemüht hatte, keine zu deutlichen Worte zu wählen.
    Unerhört wie der Verdacht sein mochte, aber Adas Verstand und Gefühl sprachen dafür, dass Lenz kein leibliches Kind von Graf Ludwig von der Wenthe war.
    Der Herr Winter war so ein Herzensfreund von der Frau Agnes. Im Geheimen. So hatte die Behnsche es genannt.
    Und der Graf war ein harter Mann gewesen, dem sich Agnes nicht nahe gefühlt hatte.
    Ada war christlich genug erzogen, um Agnes von der Wenthe im Fegefeuer zu sehen, wie es sich gehörte. Dennoch konnte sie ihr nachfühlen, warum sie den Gatten betrogen hatte.
    Wie die Wirklichkeit so eines Ehebruchs aussah, konnte sie sich allerdings nicht vorstellen. Eine kluge Frau musste doch dafür sorgen, dass ihr Gatte glauben konnte, ihre Kinder gezeugt zu haben. Wie konnte so eine Frau dann aber je wissen, von wem ihr Kind stammte? War Agnes sicher gewesen, wer Lenz’ Vater war?
    Es musste die Ähnlichkeit sein. Die Behnsche war der Meinung, Lenz hätte keine mit dem alten Herrn, und der Brief mit einer Beschreibung des Kindes hatte Georg Winter so aufgewühlt, dass er Agnes gegen alle Vernunft erneut aufgesucht hatte.
    War am Ende etwa auch der alte Graf darauf gekommen, dass Lenz nicht sein leiblicher Sohn war?
    Kopfschüttelnd legte Ada die Briefe zusammen und verbarg sie mit der Schachtel

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