Herrin wider Willen
sprechen«, wandte sie sich an ihren Gatten.
Lenz erschrak, als Ada hereinkam. Bei Tageslicht kam ihm seine wilde Entschlossenheit, was das klärende Gespräch mit ihr betraf, stark übertrieben vor. Dennoch war er bereit, mit ihr zu reden. Musste sie aber gerade darauf bestehen, wenn Christopher im Raum war? Wenn er ihn hinausschickte und darauf beharrte, sie allein zu sprechen, würde es seinen Freund verletzen. Und er machte keine Anstalten, von sich aus zu gehen. »Es gibt einiges zu klären. Christopher ist der Ansicht, dass du nicht ohne männlichen Schutz hierbleiben kannst, wenn du überhaupt hierbleiben darfst. Das ist auch der Grund, warum ich darauf bestehen wollte, dass du Vogt einstellst. Aber vielleicht hast du längst eine eigene Vorstellung davon, wen du an deiner Seite willst. Kannst du uns etwas über deine Empfindungen und Resolutionen in dieser Hinsicht sagen?« Er ohrfeigte sich gedanklich, weil er dem Gespräch die Richtung so grob gewiesen hatte, dass es nicht da ankommen konnte, wo er hinwollte. Er hatte zu ihr von sich reden wollen.
»Ich werde Vogt nicht einstellen.« Sie blieb stehen, bereits wieder in Kampfstimmung.
Christopher ging um den Tisch herum und zog ihr einen Stuhl zurück. »Du solltest nicht hierbleiben. Anderswo hättest du als Frau allein gewiss Aussichten, aber hier … Es ist zu gefährlich, Ada. Sieh dir an, was in der kurzen Zeit alles geschehen ist!«
»Christopher.« Lenz wollte ihm auf einmal am liebsten den Hals umdrehen. Konnte er nicht verschwinden? Sein Mitgefühl war dahin. »Lass Ada und mich bitte allein.«
Christopher wurde rot. »Ich weiß nicht, ob das so ein guter Einfall ist, Lenz. Ich habe den Eindruck, dass du … Ada, du sollst wissen, dass du gehen kannst, wenn du gehen möchtest. Ich werde dir helfen, du hättest nichts zu befürchten. Vielleicht würdest du sogar in Betracht ziehen …«
Lenz knallte die flache Hand auf den Tisch, an dem er saß. »Christopher! Geh! Sie wird schon nicht zu Schaden kommen.«
»Es ist besser, wenn du uns eine Weile allein lässt.« Ada drückte Christophers Hand, und endlich gab er nach und ging.
Lenz schwieg, bis Christopher die Tür von außen geschlossen hatte, dann atmete er tief durch. »Christopher ist wirklich mehr als besorgt um dich. Sag mir, hättest du ihn unter gewöhnlichen Umständen heiraten wollen? Das ist eines von den Dingen, die ich wissen muss. Wenn all das hier nicht passiert wäre, wenn Christopher unter gewöhnlichen Bedingungen um dich angehalten hätte, hättest du ihn mit Freude genommen? Und willst du ihn jetzt?«
Nun hatte er sie erschreckt und verwirrt, er sah es an ihrem Gesicht. Er war zu ruppig. Auf diese Art würde sie keine ehrlichen Antworten wagen. »Verzeih. Verzeih mir meine … Ungeduld. Ich will nur herausfinden, was das Beste für uns alle ist.«
Sie stülpte die Unterlippe ein wenig nach außen, das war neu. Und entzückend. Er verlor den Faden, weil er log, denn er wollte nicht das Beste für alle, sondern nur noch das Beste für sich: sie. Küss mich endlich, wollte er sagen. Geh um Himmels willen mit mir ins Bett. Auf Christopher, den Krieg, England und Wenthe sei gepfiffen.
»Ich werde versuchen, einen Verwalter zu finden«, sagte sie, »aber ich lasse mir Zeit. Vorerst müssen mir Ottman und Luise genügen. Sie scheinen zuverlässig und verständig zu sein.«
Lenz schluckte seinen Wunsch herunter und nickte. »Ottman hat aus Zuverlässigkeit schon Opfer gebracht. Er hat Tiere aus dem brennenden alten Stall geholt, daher hat er die Brandnarben. Mein Vater hat ihn dafür geschätzt, aber Ottman ist nicht so verständig und wortgewandt, dass er eine Verhandlung für dich führen könnte.«
»Ich werde lernen, das selbst zu tun.«
Die Worte klangen mutig, doch ihre Stimme schwankte. Lenz rieb sich müde die Nasenwurzel, er bekam Kopfweh. »Man wird dir nicht zuhören. Eine Frau hat im Krieg keine Stimme. Ich war ein Narr, dass ich dich in diese Lage gebracht habe. Auch in einem weniger verkommenen Land hättest du es schwer genug.«
»Meinst du denn, die Leute hier stünden besser da, wenn ich wieder fortginge? Willst du sie allein hier sitzenlassen? Ich lese und schreibe langsam, aber die anderen können es gar nicht. Sie können kaum rechnen. Sie hätten nie eine Aussicht auf etwas Wohlstand. Und es gibt außerdem noch etwas …« Sie hielt inne, starrte auf den Tisch und zog die Brauen zusammen. »Weißt du vielleicht, warum Grete in der Nacht Luise einen
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