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Herrmann, Elisabeth

Herrmann, Elisabeth

Titel: Herrmann, Elisabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeugin der Toten
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Vorhaben. Und es hatte was mit
Privatleben zu tun. Ein Begriff, den Dombrowski aus seinem aktiven Wortschatz
gestrichen hatte.
    Er wedelte
sacht mit dem Schlüsselbund, als wäre er ein Glöckchen und gleich käme das
Christkind.
    »Du hast
nichts vor. Judith. Du weißt, wie die Branche ist. Wenn das klappt, kriegen wir
den Block. Wenn nicht, kommt MacClean.«
    An
MacClean hatten sie im letzten Jahr die Friedrichstraße verloren. Danach hatte
Dombrowski zum ersten Mal das Weihnachtsgeld gekürzt. »Bitte.«
    Das Nein
zerfloss, löste sich auf. Mit einem ärgerlichen Seufzen nahm sie die
Wagenschlüssel. »Um was geht es?«
    »Wie ich
schon sagte, Mord.«
    Er deutete
auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch, Stahlrohr mit aufgeplatzter
Hartschaumauflage, bei irgendeinem Umzug im Möbelwagen übrig geblieben.
Widerwillig nahm Judith Platz.
    »Abtransport
der Leiche zeitnah. Also keine Entwesung, nur Desinfektion und Reinigung.
Allerdings, und das ist das Problem, hat sich die Spurensicherung da ewig
ausgemärt. Die ganze Wohnung ist im Eimer. Montag kommen die Maler. Dienstag
ist der Erste. Mittwoch sitzen die nächsten Mieter schon auf ihrer neuen Couch
vom Sozialamt. So sieht's aus. Und jetzt bist du dran.«
    Das klang
nach Trockenübung. Nichts Feuchtes, Klebriges, Schwarzes, keine nassen
Matratzen, keine Käfer, Würmer und Insekten, die in alle Himmelsrichtungen
auseinanderstoben, sobald man Licht machte, kein Gestank. Vielleicht war es ja
ein »sauberer« Mord gewesen - Gift, Erdrosseln, Ersticken. Oder Erschießen -
kleines Kaliber, sofortiger Tod, wenig Blut. Dann müsste sie nur die
Lagezeichnung der Leiche beseitigen und gründlich saubermachen. Die Maler am
Montag würden sich höchstens über ein paar ausgeblichene Tomatensaftflecken auf
der Tapete wundern.
    »Der
Täter?«
    Das war
wichtig. Einmal war ein Cleaner von einem Irren angefallen worden, der seine
Frau im Wahn erstochen hatte und dann untergetaucht war. Ausgerechnet an dem
Tag, an dem die Wohnung freigegeben worden war, kehrte der Mörder an den Ort
seines Verbrechens zurück. Der Kollege hatte die Sache überlebt. Aber seit
diesem Vorfall pflegte Dombrowski seine Beziehungen zur Polizei noch
intensiver.
    »Flüchtig.
Kein Hinweis bis jetzt.«
    »Das
gefällt mir nicht.«
    »Dann nimm
die Knarre mit.«
    Dombrowski
zog die Schreibtischschublade auf, holte eine Pistole heraus und hielt sie
Judith hin. »Das gefällt mir auch nicht.«
    Er legte
sie zurück, als ob er mit Judiths Antwort gerechnet hätte. »Es ist ein
Hochhaus. Der Hausmeister lässt dich rein, Nachbarn passen auf, du hast ein
Handy. Die Polizei weiß Bescheid, dass wir jemanden schicken. Da passiert
nichts.«
    »Da ist
aber was passiert.«
    »Okay. Ich
kann dich nicht zwingen. Ich kann dich nur bitten. Wie lange soll ich das tun?
Ich habe keine Wahl. Du bist die Einzige, die erreichbar ist. Judith.«
    Er senkte
den Kopf auf sein Doppelkinn, als wäre es ein Kissen. Dabei schaute er sie
unverwandt an mit seinem Dackelblick, den er nur in seltenen Momenten echter
Hilflosigkeit riskierte. Wo war das Nein, fragte sich Judith. Warum verschwand
es immer, wenn man es am nötigsten brauchte?
    »Was ist
mit der Einrichtung?«
    »Die
Wohnung ist möbliert, soweit ich weiß. Das ist dann Sache von ...«
    Er wühlte
in seiner Ablage herum und zog einen Zettel heraus.
    »Fricke.
So heißt der Hausmeister. Er erwartet dich in genau zwanzig Minuten am
Hauseingang Marzahner Promenade 48.«
    Verblüfft
nahm Judith den Zettel entgegen. »Das ist gleich bei mir um die Ecke.«
    Dombrowski
lehnte sich erleichtert zurück und nahm einen abgelutschten Zigarillo aus dem
Aschenbecher, den er sich seit dem zweiten Bypass nur noch ab und zu zwischen
die Zähne steckte, ohne ihn anzuzünden.
    »Dann hast
du es ja nicht weit nach Feierabend. Freigabe von der Kripo war heute Morgen.
Wenn du das Ding ordentlich durchziehst, können sie ohne Verluste
weitervermieten.«
    Er
bemerkte ihr Zögern.
    »Mach mir
keine Schande. Du schaffst das. Ich leg was drauf am Letzten. Wenn wir den
Block kriegen. Und nimm den Kittel mit den langen Ärmeln.«
    Er sah auf
ihre Arme. Sie stand auf und ging zur Tür. Er brummte ihr hinterher: »Hab eine
Kiste für dich.«
    Mit einem
Nicken wies er auf einen braunen Pappkarton in der Zimmerecke.
    »Dahlemer
Professorenhaushalt. Du stehst ja auf so was, hat mir Josef gesagt.«
    Es klang,
als hätten sie das Kabinett einer Domina ausgeräumt. Judith nahm den Karton
und schleppte ihn nach

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