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Herrndorf, Wolfgang - Sand

Herrndorf, Wolfgang - Sand

Titel: Herrndorf, Wolfgang - Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Troll Trollson
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Cetrois, Adil Bassir: Du hast nicht den Hauch einer Ahnung, was da läuft. Zur Polizei willst du nicht. Abwarten kannst du nicht. Das Beste wäre meiner Meinung nach ein Arzt. Dass da mal einer draufguckt, was es mit dieser Amnesie auf sich hat.»
    «Findest du meine Argumente irgendwie unverständlich?»
    «Nein. Aber man könnte auch einen von außerhalb konsultieren. Ich hab Geld. Ich mache mir Sorgen.»
    Er sah Helen lange nachdenklich an, dann sagte er: «Die Mine. Zeig noch mal die Karte.»
    Helen reichte ihm die Karte, stand auf und befüllte die Cafétiere mit Wasser. «Vergiss es», sagte sie. «Wenn es ein Bergwerk ist, womit fährt dann der Typ auf dem Moped in die Wüste?»
    «Vielleicht mit dem Kaufvertrag.»
    «Der König der Schieber und Kaufverträge?»
    «Oder ich bin Bergbauingenieur und hab sie erschlossen.»
    «Und das ändert was genau? Das ist doch alles Quatsch. Was hat der Typ noch mal wörtlich gesagt? Dann hab ich sie wieder? Dann gehört sie wieder mir?»
    «Dann ist das meine. Zweiundsiebzig Stunden, dann ist das wieder meine.»
    «Und ihr habt die ganze Zeit Französisch gesprochen?»
    «Was ist das Graue hier?»
    «Granit.»
    «Und das Grüne?»
    «Phosphat, glaube ich.»
    «Wozu braucht man das? Ist das das in diesen Leuchtfarben?»
    «Dünger. Aber das sind Hunderte von Kilometern. Phosphat ist Quatsch. Granit ist Quatsch. Alles Quatsch.»
    «Und das Runde hier mit dem Zacken drin?»
    «Wir sind hier.»
    «Ja, aber das hier? Das ist hier und hier und hier.»
    «Das ist Landwirtschaft.»
    «Oder es ist nur eine ganz kleine Mine, die hier nicht verzeichnet ist.»
    «Was war noch mal das Vierte?», sagte Helen. «Du hast vorhin gesagt, vier fallen dir ein.»
    «Die Miene im Gesicht.»
    «Da bin ich immer noch bei drei.»
    «Die Miene im Gesicht, das Bergwerk, das Sprengding und das in den Bleistiften.»
    «Das heißt auf Französisch so? La mine? Das wusste ich nicht», sagte Helen nachdenklich. «Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man so einen Aufstand macht mit Leute entführen und umbringen, wenn es um eine Bleistiftmine geht. Selbst wenn sie aus Gold ist.»
    «Was wäre so was wert?»
    «Ein paar hundert Dollar vielleicht. Hundert Dollar, keine Ahnung. Das ist doch nicht mehr als ein Ehering. Und wenn du sagst, der Typ ist wahnsinnig reich? Landmine wäre schon das Naheliegendste. Nur dass Landminen meines Wissens auch nichts wert sind. Die explodieren und fertig.»
    «Und wenn es irgendwas Größeres ist? Richtige Waffentechnik?»
    «Meine Meinung kennst du. Erstens Arzt. Zweitens Bassir. Weil, du kannst mir viel erzählen über Bergwerke und Landminen. Das Konkreteste, was du hast, ist immer noch der Typ in seiner Villa.»
    «Und das hier? Guck mal, das kleine schwarze Kästchen mit dem roten Punkt drin. Das ist Uran.»
    «Das ist fast einen Finger weit weg.» Helen legte ihren Zeigefinger über die Karte. Er war 3000 Kilometer lang. «Da bist du halb im Kongo.»
    Er dachte lange nach und fragte dann, ohne Helen in die Augen zu sehen: «Woher hast du die eigentlich? Warum fährst du hier rum mit einer Karte mit Bodenschätzen drauf?»
    «Das ist ‘ne ganz normale Karte», sagte Helen und drehte die Karte um. «Auf die Rückseite hab ich gar nicht geguckt. Und – was schaust du so? Hältst du mich jetzt auch für verdächtig?»
    «Tut mir leid, aber ich muss noch mal fragen. Kosmetik?»
    «Ja.»
    «Und du bist Vertreterin?»
    «Larouche ist der zweitgrößte Kosmetikhersteller der USA, und ich soll hier –»
    «Und beim Ausschiffen fällt ausgerechnet dein Musterkoffer über Bord?»
    «Ein Junge hat ihn mir aus der Hand gerissen.»
    «Und du hast sonst nichts … ich meine … um dich …»
    «Zu legitimieren? Himmel. Der Ersatzkoffer kommt erst in ein paar Tagen.»
    «Ich weiß, ich sollte dir nicht –»
    «Fang nicht wieder von vorne an. Erklär mir lieber mal, was Würstchen heißen soll. Zwei arme Würstchen.»
    «Mein Kumpel und ich. Cetrois.»
    «Das meine ich. Was macht dich so sicher, dass das dein Kumpel ist? Weil der Feind deines Feindes dein Freund ist?»
    «Liegt doch nahe.»
    «Und selbst wenn er dein Freund ist: Die Tatsache, dass er sich das Moped schnappt und dich in der Scheune zurücklässt, könnte das nicht auch das Ende einer Freundschaft gewesen sein?»
    «Das könnte alles Mögliche sein.»
    «Richtig. Und nichts davon liegt nahe. Vielleicht ist Cetrois auch der Kumpel der vier Männer und versucht gerade, sie zu hintergehen? Vielleicht ist er auch

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