Herrschaft der Alten (Roman) (Science Fiction Thriller /Herrschaft der Alten Gesamtausgabe) (German Edition)
sein, wie du es eben darstellst!“ In seinen Augen blitzte es. „Kommt mit!“, forderte er dann. „Ihr müsst sowieso lernen, die Dinge anzulegen und euch so darin zu bewegen, dass ihr wirklich unsichtbar seid!“
Das Grundstück, auf dem der Bungalow stand, war von hohen, dicht beieinander wachsenden Sträuchern und Bäumen umgeben, die es gegen Blicke von außen nahezu vollständig abschirmten. Es sei denn, man wählte sich in eine der zahlreichen kommerziellen Satelliten-Kameradienste ein, mit denen man dann quasi einen Blick von oben auf den Planeten werfen und sich ansehen konnte, was abgeschieden lebende Prominente in ihrem Garten trieben.
Der jüngste Sturm hatte so gut wie keine Spuren im Garten hinterlassen. Lediglich ein paar Baumkronen waren noch ineinander verhakt, aber das würde sich spätestens in einem halben Tag gegeben haben. Sämtliche Ziervegetation war genetisch so optimiert, dass man nicht nach jedem der zahlreichen Wirbelstürme, die jedes Jahr über die norddeutsche Tiefebene fegten, große Zerstörungen der Grünanlagen zu beklagen hatte. Zudem war die Verwendung von herkömmlichen, nicht bruchfesten Baumarten in Wohngebieten unter den klimatischen Bedingungen des Jahres 2100 einfach nicht zu verantworten. Die optimierten Hölzer hingegen waren so biegsam, dass ein normaler Tornado sie nicht brechen konnte.
Zu dem Bungalow gehörte eine Garage. Nicolas ließ das Tor über einen Impuls seines Handgelenk—Chips sich selbsttätig öffnen. Im Innern befand sich ein Gleiter, der allerdings nicht flugfähig war. Jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne des Wortes. Der Besitz von privaten Fahrzeugen war inzwischen sehr selten geworden, aber das Gefährt in der Garage stammte noch aus einer Zeit, als das anders gewesen war.
Die Scheiben spiegelten, sodass man nicht ohne Weiteres ins Innere blicken konnte.
Früher hatten Benn und Nicolas ganze Tage im Inneren dieses stillgelegten Fahrzeugs verbracht. Einer von Nicolas' Großvätern (oder Urgroßvätern? Benn war sich da nicht mehr hundertprozentig sicher) hatte ein hervorragendes Simulatorsystem eingebaut. Wenn man das aktivierte, glaubte man wirklich, einen Gleiter völlig selbstständig zu steuern, ohne dass irgendein Energieeffizienzsystem den Kurs bestimmte und dafür sorgte, den Windschatten des nächsten schwebenden Containers zu nutzen.
Allerdings war Benns Interesse an solchen Simulationen irgendwann erloschen. Das war wohl parallel zu seiner erwachenden Begeisterung für Holo-Drama-Charaktere gewesen.
Sara hatte von Anfang an nicht viel dafür übrig gehabt, in einem Gleiter zu sitzen, der an Land festlag und so zu tun, als würde man davonfliegen. Sie hatte das immer als reichlich kindisch angesehen.
Aber es konnten ja nicht alle Leute schon vernünftig auf die Welt kommen und nichts anderes im Sinn haben, als ihr Geigenspiel zu perfektionieren!, ging es Benn durch den Kopf. Nicolas erschien ihm da manchmal wie die fleischgewordene Antithese zu Sara. Nicolas war das personifizierte Chaos. Er forderte die Gefahr geradezu heraus, so als wartete er nur darauf, sich in brenzligen Situationen in gewisser Weise in Szene setzen zu können.
Nicolas öffnete den zum Simulator umgebauten Gleiter, indem er die Fingerkuppen seiner linken Hand gleichzeitig auf ein Sensorfeld drückte. Diese Art der Verschlüsselung anhand von so groben biometrischen Daten galt schon lange als veraltet und zu leicht fälschbar. Aber gerade weil die Schlösser so veraltet waren und sich keiner mehr damit auskannte, wiesen sie deshalb schon wieder einen ganz speziellen Sicherheitsfaktor auf.
Die Seitentür schob sich mit einem schabenden Geräusch zur Seite.
„Willkommen in meinen wenigen Quadratmetern vollkommener Privatsphäre!“, lachte Nicolas und ging voran; Benn und Sara folgten ihm. Im Inneren standen ein paar leere Dosen Hallo-Wach-Drink herum. Außerdem ein paar sich selbst zersetzende Pizza-Schachteln, die schon zu einem Teil in ein graues, aber nährstoffreiches Düngersubstrat zerfallen waren. Diese Selbstkompostierung ging allerdings zumindest bei den preiswerten Materialien, wie sie für Pizza-Verpackungen verwendet wurden, noch nicht ganz ohne Geruchsentwicklung vonstatten, sodass jetzt ein feucht-modriger Gestank in der Luft hing.
Sara rümpfte die Nase. „Wie wär's mit regelmäßigem Aufräumen, Nicolas?“
Etwas von der grauen Substanz staubte jetzt durch den Raum, nachdem Nicolas eine etwas heftigere Bewegung gemacht hatte. Benn
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