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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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›Fleisch‹ gehört? –
    Unsinn! Es gibt schon seit vielen Tagen nichts Essbares mehr in Numantia. Wo soll auf einmal Fleisch herkommen? – Doch da ist es wieder!
    Und es hat nichts von den verzweifelten Hungerschreien, die derzeit in den Nächten durch die Straßen von Numantia hallen!
    Müde wälze ich mich herum. Meine Hände gleiten über die rauen Steine der Mauer auf der Suche nach etwas Halt. Meine Knie zittern, als ich mich schließlich hochziehe.
    »Fleisch! Oh ihr Götter, so viel Fleisch!«
    Ich stoße mich entschlossen von der Mauer ab. Es gibt keinen Zweifel mehr: Dort, gleich in der nächsten Straße, ist jemand der isst.
    In meinem Kopf rasen die Gedanken, stechen wie Nadeln in jede Ecke meines Gehirns auf der Suche nach einer Erklärung, woher die Nahrung stammt. Irgendjemand muss sie versteckt haben, ja, genau, ein Krieger, und der ist dann bei einem der Angriffe auf den Belagerungswall umgekommen, und so hat niemand die Lebensmittel vorher gefunden. Nur so kann es gewesen sein.
    Die Idee, dass die Nahrung nur in der Fantasie der Männer existiert, verdränge ich. Diese Möglichkeit ist undenkbar. Unmerklich hat sich mein Schritt beschleunigt. Meine Zähne mahlen vor Erregung.
    Essen! Und ich werde meinen Teil bekommen!
    Meine rechte Hand umkrampft unbewusst den Griff meines Dolches. Dann sehe ich sie, die drei Männer. Und das Fleisch.
    Es ist eine ziemlich große Rinderkeule. Die Männer hocken im Kreis um sie herum, schneiden – oder besser reißen – mit Hilfe ihrer Messer große Stücken heraus und schlingen sie roh hinunter. Ihre Gesichter und Hände sind blutverschmiert. Mich bemerken sie nicht.
    Wie ein Jäger schleiche ich mich an meine Beute heran. Sie sind so mit Essen beschäftigt, dass ich schließlich nur noch drei Schritt von ihnen entfernt bin.
    Und noch immer sehen sie die Gefahr nicht.
    Noch einmal atme ich tief durch.
    »Weg von dem Fleisch!«, brülle ich, ziehe den Dolch und springe in den Kreis. Erschrocken fahren die Männer auseinander. Einerhebt das Messer, mit dem er eben noch Fleisch von der Keule abgeschnitten hat.
    »Das Messer!«, schreie ich ihn an, und mache einen schnellen Schritt auf ihn zu. »Lass es fallen! Und ihr anderen auch!«
    Geschockt tun sie sofort, was ich verlange.
    »Und jetzt weg von dem Fleisch! Habt ihr nicht gehört? Verschwindet!« Der Hals schmerzt mir vom Brüllen.
    Ich sehe wie sie zögern, wie sie einen Augenblick lang abwägen, ob sie den Tod für das Essen riskieren sollen. Ich darf ihnen keine Zeit lassen, in ihren Gedanken zu der Stelle zu gelangen, an der ihnen klar wird, dass sie lediglich einen eventuellen schnellen Tod gegen einen sicheren langsamen eintauschen.
    Ich reiße meinen Dolch hoch und renne auf sie zu.
    Ich muss nicht weit laufen.
    Dann bin ich allein mit der Nahrung.
    Fast ehrfürchtig trete ich näher und sinke auf die Knie.
    Ich strecke die Hand aus, halte die Luft an und berühre die Rinderkeule.
    Sie verschwindet nicht.
    Schluchzend vor Glück stoße ich den Dolch in das Fleisch. Tränen rinnen mir über die Wangen, als ich das erste Stück in den Händen halte. Dann schlagen meine Zähne in das Fleisch. Ich reiße. Ich schlinge. Ich kaue nicht und schmecke nichts.
    Ich esse und kann den Augenblick nicht erwarten, wo die Nahrung meinen Magen erreichen und ihn füllen wird.
    Als es so weit ist, ist es wie ein Rausch.
    Der Schlag trifft mich völlig unvorbereitet. Ich fliege zur Seite. Doch ich drehe mich nicht um, um zu sehen, wer mich angegriffen hat. Ich stehe auch nicht auf, um mich zu wehren. Ich liege auf dem Boden und habe nur eins im Sinn: das Fleisch. Auf Knien und Ellenbogen krieche ich wieder auf die Rinderkeule zu.
    Mein Angreifer ist noch da, natürlich, und diesmal tritt er mir in die Rippen. Erneut werde ich zur Seite geschleudert, doch diesmal komme ich nicht dazu, wieder zurückzukriechen.
    Starke Hände reißen mich hoch. Verschwommen taucht ein Gesicht vor meinem auf und brüllt irgendetwas. Ich werfe mich wimmernd hin und her, will mich losreißen, will zurück zu meiner Beute. Ich will essen.
    Mein Gegner hält mich fest und schlägt mir mit der flachen Hand klatschend ins Gesicht. Die Konturen vor meinen Augen werden allmählich klarer. Aber noch immer verstehe ich nicht, was der Mann zu mir sagt.
    Dieser zerrt an mir und zieht mich schließlich schreiend und heftig gestikulierend mit sich mit. Und ich spüre die Verzweiflung in mir wachsen, mit jedem Schritt, den wir uns von der Nahrung

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