Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
in der ständigen Auseinandersetzung zwischen ursprünglich schottischen Protestanten und ursprünglich irischen Katholiken die Sprache zum Mittel der Identifikation. Die Wandmalereien der IRA sind in Gälisch, in den katholischen Vierteln existieren viele kleine Klubs und Schulen, in denen die Menschen Gälisch lernen, in der Stadt sind viele Vereine und Gesellschaften zur Förderung und Erhaltung der Sprache und Kultur Irlands ansässig. Der Unterschied zu Dublin: Wer hier Irisch lernt, tut es, weil er es will, nicht, weil er es muss.
Dabei sehen sich auf der anderen Seite auch die Ulster-Protestanten nicht durchweg als britisch. Ihre Symbolik beinhaltet unter anderem Cuchulainn und die Rote Hand von Ulster, rein keltische Symbole (s. Farbbildteil Abb. 42). Allerdings verbinden sie Gälisch mit der katholischen Kirche, woran diese in ihrem Dominanzstreben nicht wirklich unschuldig ist.
In Wales rettet das Wort Gottes die Sprache, während im Land nach der politischen Vereinigung zwischen 1535 und 1542 der natürliche Anglisierungsprozess läuft. Die großen Auseinandersetzungen zwischen Walisern und Engländern bleiben hier aus. Wales hatte nie eine eigene Regierung, kann somit auch nicht den Verlust eines solchen Symbols der Unabhängigkeit beklagen. Die Einteilung in Grafschaften war eine reine Formsache, da sie nur mehr oder weniger bereits bestehende Gebietsansprüche festschrieb. Und Königin Elisabeth nahm es sogar auf sich, etwas Walisisch zu lernen, da sie sich mit ihren Untertanen auf Englisch nicht verständigen konnte. 1588 übersetzt William Morgan die Bibel ins Walisische. Aufgrund der aufwändigen Fertigung jener Tage und der geringen Auflage von ungefähr 1000 Stück ist der Preis von einem Pfund so hoch, dass sich selbst die Kirchen höchstens ein Exemplar kaufen können. Für den Privatmann ist sie unerschwinglich. Das ändert sich aucherst 1770 mit der ersten walisischen Familienbibel zu einem annehmbaren Preis. Letztlich sind es ausgerechnet die Methodisten (die moralischen Hardliner der Church of England), die die Sprache retten. Ihre Veranstaltungen sind nicht einfach nur religiöse Meetings, sondern gigantische Shows, zu denen die Menschen strömen wie heutzutage zu Konzerten oder Sportveranstaltungen. Die gemäßigten Nonkonformisten nutzen schließlich auch die Printmedien. Der einzige Makel: Alles, was auf Walisisch verbreitet wird, hat einen religiösen Touch.
Mit der Industrialisierung gerät die walisische Sprache wieder in Gefahr. Ähnlich wie in den Grundsätzen der Französischen Revolution hat Individualismus in der Philosophie der sozialistischen Labour Party von 1910 keinen Platz. Internationalismus ist das Gebot der Stunde, vor allem gegen den (englischsprachigen) Hintergrund der amerikanischen Vorbilder der Gewerkschaftsbewegung. Da kann man auf kleine nationale Wünsche keine Rücksicht nehmen. Als Labour 1922 zehn walisische Sitze im Parlament gewinnt, beginnt der Niedergang der walisischen Sprache, der erst 1962 gestoppt wird. Die Welsh Language Bill von 1967, die Walisisch Englisch als Amtssprache gleichstellt, kehrt die Abwärtsbewegung schließlich um. Heute dürfte es in Wales für jemanden ohne walisische Sprachkenntnisse eher aussichtslos sein, einen Job im öffentlichen Dienst anzustreben.
Bei aller positiver Entwicklung hat im Nachhinein betrachtet die Labour Herrschaft einen ziemlichen Flurschaden hinterlassen, was vor allem Reiseveranstalter zu spüren bekommen. Im Gegensatz zu Irland und Schottland sind die alten keltischen Heldentraditionen in Wales in den Hintergrund getreten (worden); der Region haftet stattdessen der Hauch des Proletariers und Gewerkschafters an. Für Amerikaner, Kanadier und Australier gilt es als cool, seine Wurzeln – Roots – in Schottland und Irland zu suchen und zu finden. In Wales – nein danke.
Anders als die Waliser erhielten die Bewohner Cornwalls keine Bibel auf Kernewek . Es bleibt die Sprache der einfachen Leute, die meist noch nicht einmal schreiben oder lesen können. Im 17. Jahrhundert beginnen einige Intellektuelle, sich Briefe auf Kernewek zu schreiben – oder was sie dafür halten. Niemand macht sich die Mühe, zu den letzten wirklichen Muttersprachlern zu gehen und ihnen, wie es Luther so treffend formuliert hat, »aufs Maul zu schauen«. 1777 stirbt schließlich die Letzte von ihnen, Dolly Pentreath, ein Fischweib mit einem Wortschatz der ganz üblen Sorte. Buchstäblich ihre letzten Ergüsse werden kurz vor ihrem
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