Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
Jahrhunderts wird die Institution wieder belebt, doch sie hat nichts Keltisches mehr an sich. Heute sind es Festivals nach amerikanischem Vorbild, die an eine Mischung aus Rodeo und Volksfest erinnern. Ebenfalls aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert stammt die »walisischen Nationaltracht«: ein hoher schwarzer Hut mit einen weißen Rüschenschleier, das Ganze abgerundet mit einem langen roten Schal. Und während der Eisteddfod zumindest keltische Wurzeln hat, ist die Tracht eine reine Erfindung einer einzelnen Dame, Augusta Hall, Lady Llanover.
Noch immer gibt es Céilidh , Eisteddfods , Pubs mit Livemusik. Doch spielen die Musiker und Sänger inzwischen für ein anderes Publikum.
Für die »letzten Feinde der Kelten«.
Die neuen Feinde?
Gefunden und verloren
Mit finsterem Gesicht stehen sie auf der Klippe, eingehüllt in schwarze Umhänge, die Kopftücher enden kurz über den Augenbrauen und verdecken das Haar komplett, sodass die bleichen Gesichter noch strenger erscheinen. Die Lippen sind fest aufeinandergepresst, die Falten in den Mundwinkeln scharf, die Augen starr auf das Meer gerichtet. Es ist diesig, aber dennoch ist die riesige dunkle Silhouette nicht zu übersehen, die sich langsam aus dem Nebel schält.
So, wie die alten Frauen der Insel starren, könnte man meinen, dass sie eines Geisterschiffs ansichtig geworden sind.
Sie stehen und starren es an, als könnten sie allein mit der Kraft ihrer Blicke abwenden, was unvermeidlich ist. Das Schiff schiebt sich langsam auf die Insel zu und scheint immer weiterzuwachsen. Dann plötzlich bleibt es stehen.
An Land hegt niemand die unsinnige Hoffnung, es könnte doch noch abdrehen. Die Anlegestelle ist neu; der Kapitän manövriert vorsichtig, er hat noch keine Erfahrung mit dem neuen Hafen, der eigentlich noch gar keiner ist. Doch er sollte es bald werden, denn seine Ladung verspricht, nicht die letzte zu sein. Im Gegenteil.
Über viele Jahre war die Isle of Man ein verlorenes, trauriges, nichtsdestoweniger geheimnisvolles Eiland irgendwo auf halbem Weg zwischen Nordengland und Irland. Kaum jemand fuhr freiwillig dorthin, zudem waren die wenigen Überfahrten exorbitant teuer. Jeder hatte ein eigenes Fantasiebild im Kopf, wenn er den Namen der Insel hörte, während die Inselbewohner in ihrer Abgeschlossenheit eine verschworene Gemeinschaft bildeten, in der Fremde nur wenig Platz hatten.
Um 1820 endet die Isolation. Die alten Segelschiffe werden nach und nach außer Dienst genommen und durch die modernen, effizienteren Dampfschiffe ersetzt. Reisen wird auf einmal für einen weitaus größeren Kreis erschwinglich. Und schon bald wird die Isle of Man als nahe liegendes Kuriosum entdeckt, das einen Besuch lohnt. Die Einwohner werden mit einer Erscheinung konfrontiert, die sie bislang nicht kannten: Massentourismus. Große Gruppen Engländer, Waliser und Schotten schlendern über die Insel, bestaunen die karge Natur und finden, dass die Manx zwar ein etwas rückständiges, aber auch ganz drolliges Völkchen sind. Letztere haben plötzlich das Gefühl, in einem Freigehege zu leben, um von zahlenden Besuchern bestaunt zu werden. Und sie tun das Einzige, was sie in dieser Situation tun können: Sie entwickeln eine Tourismusindustrie. Die ersten Bemühungen gelten der Infrastruktur. Die Anlegestellen werden zu respektablen Häfen für die großen Dampfschiffe umgestaltet, und schon bald gibt es auch ein ausgedehntes Schienennetz auf der Insel, um den Touristen die Erschließung per Eisenbahn zu erleichtern. Aber auch sonst stellt man sich auf diejenigen ein, die neues Geld auf die Isle of Man bringen. Beschilderungen werden englischsprachig. Neue Gaststätten, Bars und Shopsentstehen, und natürlich spricht das Personal Englisch. Wer möchte sich schon mit einer Sprache identifizieren, die gedanklich mit Rückständigkeit verbunden wird? Die wenigen Hundert Besucher pro Jahr, die sich früher auf die Insel verirrten, wurden schon fast als schrullig angesehen. 1913 ist die Isle of Man zur englischen Ferieninsel Nummer eins avanciert. Die Dampfschiffe spucken zu dieser Zeit annähernd 1,5 Millionen Touristen aus. Die letzten keltischen Elemente geraten zu inszenierten Tourismusattraktionen.
Es ist eine Geschichte, die sich überall wiederholt. In Frankreich werden die Malereien Gauguins von bretonischen Frauen in ihrer »Nationaltracht« Massenware, auf Postkarten und Werbebannern – vorzugsweise denen der Eisenbahn. Es ist auch die Tourismusindustrie, die – im
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