Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
und diesem Gelage eine Autorität erworben hat, mit der er sich den Platz und den damit verbundenen höheren Status verdient hat. Oder ein anderer steht auf und macht ihm den Platz streitig. Das beginnt mit dem Heruntererzählen der eigenen Taten und der seinerVorfahren mit dem Ziel, den anderen klein aussehen zu lassen, geht dann in der Regel ziemlich schnell in direkte Beleidigungen über, und hört oft genug auch bei schlagkräftigen Argumenten noch nicht auf. Das muss man verstehen. Der Status eines Mannes wird durch die Zahl der Männer bestimmt, die ihm in den Kampf folgen, die ihm, dafür dass er ihnen einen Gefallen tut, Teile ihrer landwirtschaftlichen Erträge geben. Ein Mann wird alles daransetzen diesen Status zu verteidigen beziehungsweise auch zu erhöhen. Und ›alles‹ heißt in diesem Fall auch ›alles‹. Es ist völlig legitim, einen unbelehrbaren Gegner in einer derartigen Auseinandersetzung mit Waffen zu verletzen oder gar zu töten – solange es im fairen Zweikampf geschieht. Demjenigen, der den ehrenvollsten Platz erfolgreich beansprucht oder verteidigt, winkt dann auch die entsprechende Belohnung: das sogenannte ›Heldenstück‹, das beste Stück Fleisch aus dem Kessel oder vom Bratspieß. Dieses unangefochten in der Anwesenheit der anderen Krieger des Stammes verzehren zu dürfen, ist das Symbol der uneingeschränkten Autorität schlechthin.
Bei Kriegerfesten wird die Rangordnung der Männer öffentlich bezeugt oder neu festgelegt. Hier werden auch auf höchster Ebene formelle Kampfbündnisse geschlossen, die sich dann in der Praxis bewähren müssen.
Eine hochkomplexe Gesellschaftsstruktur. Dabei handelt es sich nach modernen Maßstäben nicht einmal um eine einheitliche Gesellschaft.
Stämme, Clans, Allianzen und Wechselspiele
Um 60 v. Chr., vor dem Einmarsch der Römer, liegt die Bevölkerungszahl in dem Gebiet, das die Römer als »Land des Kriegervolkes« – »Gallien« bezeichneten, bei etwa sechs bis acht Millionen. Ein Stamm, das ist eine Bevölkerungsgruppe in der Größenordnung 50
000 bis 200
000 Menschen. Ein Stamm besteht aus erweitertenFamilienverbänden, am ehesten vergleichbar mit den schottischen Clans. Diese Familienverbände können theoretisch auch außerhalb der Stämme existieren, aber allein sind sie selten überlebensfähig. So suchen sie entweder den Anschluss an größere Stämme oder schließen sich auch untereinander zu stammesähnlichen Verbänden zusammen. Es entsteht ein Geflecht von Abhängigkeiten, wobei sehr darauf geachtet wird, dass die ursprüngliche Stammesidentität gewahrt bleibt. Dieser Drang nach Eigenständigkeit – selbst im Verbund mit anderen – kommt nicht von ungefähr. So schnell, wie Allianzen geschlossen werden, werden sie auch wieder gelöst, wenn es in der jeweiligen Situation ratsam erscheint. Eine gewisse »Vertragssicherheit« bietet die gegenseitige Gestellung von Geiseln der Bündnispartner, und zwar nicht nur im Falle der Unterwerfung, sondern auch zur Bekräftigung von Zusammenschlüssen.
Aus heutiger Sicht muss man sich auch von dem modernen Begriff der Stammesterritorien verabschieden. Die sich zusammenschließenden und auflösenden Gruppen haben natürlich, jede für sich, eigene feste Siedlungsgebiete. Das bedeutet, dass sich durch dieses ständige Wechseln der Allianzen die territorialen Grenzen der Stammesgruppen und -verbände permanent verändern. Man identifiziert sich über Verwandtschaft und gewählte oder bestehende Gemeinschaften. Status muss überall repräsentiert werden können. Deswegen achtet man bei der Anhäufung von Wohlstand auch darauf, dass es Dinge sind, die man im Zweifelsfall auch mitnehmen kann, also wertvolle Waffen, Gold und Vieh. Land mag die Basis für die Ernährung der Krieger bilden; Statussymbol ist Landbesitz nicht.
In den Clans gibt es ein Familienoberhaupt mit einer darunterliegenden Hierarchie, die sich an den männlichen Verwandtschaftslinien ausrichtet. Brüder, Söhne und Enkel und deren Familien erweitern nach und nach das Beziehungsgeflecht.
Innerhalb eines größeren Stammes ist die Struktur etwas ausgefeilter. An der Spitze steht ein einzelner Anführer, der gleichzeitig oberster Kriegsherr der Region ist. Er hat sich diese Position zusammen mit dem Status, bester Krieger des Stammes zu sein, durch außerordentlichen Mut im Kampf erworben. Darüber hinaus ist er ein großer Rhetoriker, da es nicht ausreicht, Taten einfach nur zu vollbringen. Man muss auch
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