Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
Ordnung, Herr?«, fragt er.
Sotírios nickt. »Ich habe nur das Gefühl, dass der Weg hier herauf jedes Mal steiler wird.« ›Oder ich älter und mein Bauch dicker‹, denkt er. Insgeheim muss er jedoch grinsen, wenn er an Nikólaos’ entsetztes Gesicht zurückdenkt, als sie vorhin am Fuß der Hügelfestung angelangt waren und Sotírios mit geheimnisvollem Blick auf das weit oben sichtbare Tor gezeigt hatte.
»Sagt, Herr«, lässt sich Nikólaos vernehmen. »Die Frage mag euch dumm erscheinen, aber fließen hier im Land der Galli die Flüsse bergauf? Ich weiß, dass es meine erste Reise mit euch ist … vielleicht habe ich auch nicht richtig zugehört, oder mein Gedächtnis lässt mich im Stich … aber sagtet ihr nicht, dieser Orestorios wohnt in einem Anwesen in der Nähe eines Flusses?«
»Du hast richtig verstanden, Nikólaos. Genau dort wohnt er.«
»Und warum bringen wir unseren Wein dann hier hoch in die Hügelfestung?«
»Das tun wir nicht. Wir verkaufen ihn nur hier oben.«
»Und dann?«
»Bringen wir ihn zu Orestorios’ Anwesen.«
Abrupt bleibt Nikólaos stehen und starrt Sotírios entsetzt an. »Wir müssen alle fünf Gespanne wieder nach unten bringen?« Ratlos wirft er die Arme in die Luft. »Wozu dieser Wahnsinn?«
›Warte bis wir oben sind!‹, denkt Sotírios. ›Dann wirst du erleben, wie Wahnsinn wirklich aussieht …‹
Laut sagt er: »Das muss dich jetzt nicht kümmern. Aber wenn du schon mal dort bei unserem Wagen stehst, kannst du mir einmal mein Kleiderbündel herausgeben. Ich muss mich umziehen.«
Auch das ist Teil des Schauspiels, das beginnen wird, sobald ihr Wagenzug das Innere der Hügelfestung erreicht hat: Sotírios zieht die Verschnürung auf, mit dem sein praktischer Reiseumhang über seinen Schultern gehalten wird und tauscht diesen gegen einen prächtigen Ornat, mit leuchtenden Stickereien; ein Kleidungsstück, das er nur für diesen Anlass besitzt. Zu Hause würde er sich als Händler mit solch einem Mantel lächerlich machen. Aus dem Augenwinkel kann er sehen, wie Nikólaos abwinkt, sich umwendet und wieder zu den Wagen am Anfang des Trosses geht.
Nun durchqueren sie das riesige Holztor. Mit sicherem Schritt dirigiert Sotírios den Zug über den kleinen Vorplatz auf die Stelle zu, an der er hinter den ersten Häusern das Zentrum der Siedlung weiß. Es wird schwer werden, die Wagen nachher dort hinten zu wenden, aber zu diesem Zeitpunkt wird Nikólaos in seinem Kopf mit anderen Dingen beschäftigt sein, als sich darüber zu beschweren.
»Und was ist, wenn Orestorios gar nicht hier ist?«, fragt Nikólaos, wobei er mit mäßigem Erfolg versucht, den mürrischen Ton in seiner Stimme zu verbergen.
Sotírios setzt ein wissendes Lächeln auf. »Er ist hier, verlass dich drauf. Er weiß seit mindestens zwei Tagen, dass wir heute hier ankommen.«
Sie haben den kleinen mit Werkstätten gesäumten Marktplatz erreicht. Nikólaos manövriert die fünf schweren Gespanne an eine Stelle, wo sie zumindest nicht den ganzen Weg blockieren. Von Orestorios noch immer keine Spur. Dafür füllt sich der Platz mit Menschen, die mit offener Neugier Sotírios in seinem prächtigen Mantel anstarren. Der spürt, wie ihm heiß wird. Das ist der Teil, den er am wenigsten mag.
»Sotírios! Alter Freund!«
Die Menge teilt sich und ein riesiger Mann mit rötlichem Schnauzbart, grauen Hosen, einem Kettenhemd über einer roten Tunika, einem überlangen Schwert in prächtig verzierter Scheide an der rechten Seite und einem hohen eisernen Helm mit fein gearbeiteten Wangenteilen und einem spitz zulaufenden Knauf kommt mit großen Schritten auf den Händler zugeeilt. Kurz vor Sotírios bleibt er stehen und strahlt ihn aus tiefblauen Augen an. »Hätte ich nur gewusst, dass du kommst, so hätte ich dir doch den beschwerlichen Weg hierherauf erspart!«
Sotírios glaubt, Nikólaos vernichtenden Blick in seinem Rücken zu spüren. Nun, der Junge muss noch viel lernen.
»Orestorios, für einen guten Freund und Handelspartner nimmt man doch gern die eine oder andere Beschwerlichkeit auf sich.« Er verneigt sich leicht vor dem keltischen Kriegsherrn. Nicht zu tief, das wäre gegen die Regeln. Ein Orestorios redet nicht mit Unterwürfigen. Es würde ihn selbst kleiner machen.
»Und ich sehe, dass du mir den Wein für mein nächstes Fest gebracht hast, das ich für die ehrenwerten Krieger unseres Stammes zu geben gedenke.« Orestorios’ Stimme dröhnt über den Platz. »Nun, dann lass uns schnell das
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