Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
indem sie ganze Gliedmaßen mit beiden Händen hochheben und davon das Fleisch abbeißen, während sie alle Stücke, die sich schwer lösen, mit einem kleinen Dolch abschneiden, der an der Schwertscheide in einer eigenen kleinen Scheide befestigt ist … Das Getränk der Wohlhabenden ist Wein, der aus Italien oder Massilia importiert wird. Dieser ist unverdünnt, nur manchmal wird ein wenig Wasser beigemengt. Die niederen Schichten trinken Weizenbier mit Honig; wobei die meisten es jedoch pur trinken. Es wird corma genannt. Sie verwenden einen normalen Becher, trinken in kleinen Schlucken, doch dieses ziemlich häufig« (Poseidonius, Anfang des 1. Jahrhunderts v. Chr.).
»Wenn sie speisen, dann sitzen sie alle auf dem Boden. Als Kissen verwenden sie die Felle von Wölfen oder Hunden. Die Mahlzeiten werden von den jüngsten Kindern – männlichen wie weiblichen – serviert, die entsprechenden Alters sind. Gleich nebenan sind ihre Feuerstellen … und auf diesen sind die Kessel und Spieße mit ganzen Fleischstücken … Sie laden Fremde zu ihren Gelagen ein, und fragen sie nicht eher nach ihrer Herkunft und ihrem Begehr, ehe das Essen nicht beendet ist« (Diodorus Siculus, 1. Jahrhundert v. Chr.).
Mindestens genauso wichtig wie der Kampf ist eine andere Institution, die mitsamt ihrer Funktion und Bedeutung das Ende der Hallstattzeit nicht nur überlebt, sondern in der La-Tène-Zeit eine neueQualität erreicht hat: das Trinkgelage. Es hat von der Ausgestaltung her im Vergleich zu denen der Hallstattperiode einen etwas martialischeren Charakter angenommen; die damit verbundenen Rituale lassen jetzt nur noch ansatzweise den griechischen Ursprung erkennen. Doch bestimmte Aspekte unterliegen auch hier einer gewissen Kontinuität: Frauen sind bei diesen Festivitäten nicht erwünscht.
Andere Dinge ändern sich. War es in der Hallstattzeit ausreichend, eingeladen zu werden, so bestimmte sich der Status eines Mannes der Kriegergesellschaft der La-Tène-Zeit in feinen Abstufungen innerhalb des Rituals selbst. Man will Privilegierter unter Privilegierten sein.
Da ist zunächst der Gastgeber. Er wird an der Ausstattung der Feste gemessen; hier ist Großzügigkeit eine hochgeschätzte Tugend. Essen und Trinken im Überfluss sind unabdingbar, aber nicht alles. Der perfekte Gastgeber sorgt auch für die entsprechende Unterhaltung, und so sind die Feste auch willkommene Gelegenheit für die erzählende und singende Zunft des Stammes. Das Repertoire besteht in erster Linie aus Erzählungen aus der Geschichte des Stammes und vor allem Lobliedern auf den Gastgeber und andere Anwesende. Aber Sänger sind auch gefürchtet, denn wer kann sich schon sicher sein, dass so ein Barde seinen Lohn nicht für ein Loblied erhält, sondern dafür, dass er einen anderen Festteilnehmer in aller Öffentlichkeit lächerlich macht? Die Macht der Barden ist mit der der Medien unserer Tage durchaus vergleichbar. Da Barden dem heiligen Stand angehören, genießen sie im Prinzip Immunität und haben dementsprechend nichts zu befürchten. Im Gegenteil, ihre in Lieder gekleidete Kritik und Satire ist so gefürchtet, dass sie praktisch alles fordern können, was sie wollen. Der »Chefsänger« eines Stammes kann dabei durchaus einen königähnlichen Status erlangen. Doch gelegentlich sind der Macht der Barden auch Grenzen gesetzt. Offenkundige Lügen, falsche Voraussagen, Wucherpreise oder auch schlichtweg nur schlechte Lieder bezahlt hin und wieder auch ein Sänger mit der Aufhebung seiner Immunität durch den Stammesherrscher und dem Verlust der Freiheit.
Auch der Ort der Festivität ist nicht ohne Bedeutung. Vielfach muss eine einfache Waldlichtung in der Nähe der jeweiligen Siedlung herhalten. Wer als Gastgeber etwas auf sich hält, hat jedoch einen speziell dafür errichteten Festplatz, meist eine durch Erdwälle begrenzte Einfriedung, eine Bauform, die sich in der Form der Halle auch im nordischen Kulturkreis, bei den Germanen und Wikingern, wiederfindet.
Wir sind wieder beim Verteilen von Privilegien, und je teurer diese Privilegien sind, umso besser. Und wenn sie nicht teuer genug sind, dann muss man eben nachhelfen …
Schnaufend wischt sich Sotírios mit einem Stück seines Umhangs den Schweiß von der Stirn. Er stemmt die Hände in die Seiten, drückt den schmerzenden Rücken durch und kann ein lautes Stöhnen nicht unterdrücken. Besorgt eilt Nikólaos, sein junger Gehilfe, herbei. Auch seine Tunika ist schweißnass.
»Ist alles in
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