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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Republik (Konsul) bekleiden darf, kann bei den Kelten niemand aus der Familie eines ehemaligen Magistraten dasselbe Amt innehaben, solange dieser noch am Leben ist.
    Unter dem Magistraten steht der Rat der Edlen, der eine recht genaue Entsprechung des römischen Senats darstellt. Und schließlich gibt es auch die »Volksversammlung«, die Zusammenkunft aller freien Männer eines Stammes. Allerdings ist nicht bekannt, inwiefern diese ernsthaft an Entscheidungen des Stammes beteiligt ist.
    Neben der reinen Verwaltungsfunktion sind Ratsversammlungen nicht nur Testfelder für die Redegewandtheit und den Bestand vorher geschlossener Bündnisse, sondern auch Gradmesser für die Autorität des Einzelnen. Doch während beim Gelage theoretisch jeder jeden herausfordern, beleidigen, unterbrechen und niederbrüllen kann, gelten in den Ratsversammlungen strenge Regeln. Häufig wandert im Laufe der Versammlung ein Gegenstand von Hand zu Hand, der das Symbol der Redeerlaubnis darstellt; dies kann zum Beispiel ein besonders geformter Holzstab sein. Eine Symbolik, die weder auf die Kelten noch auf das Altertum beschränkt ist. Bis in die 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts hinein wurde im englischen Parlament zu diesem Zweck ein Hut herumgereicht (daher auch: ›den Hut aufhaben‹).
    Denjenigen, der die Redeerlaubnis hat, zu unterbrechen, gilt als Affront, der hart geahndet wird. Der Störenfried wird gepackt und ihm wird ein Teil seines Mantels abgeschnitten. Bei Unbelehrbaren wird diese Prozedur im Zweifelsfall so oft wiederholt, bis ihnen das Kleidungsstück in Fetzen vom Leibe hängt. Damit die Lektion auch hängen bleibt, ist der Betroffene verpflichtet, eine festgelegte Anzahl von Tagen öffentlich mit dem zerschlissenen Mantel herumzulaufen, was gewaltig am Image zehrt und somit eine schlimmere Strafe darstellt, als beispielsweise gewaltsam zum Schweigen gebracht worden zu sein.
    Dies alles zeugt von einem elaborierten System der Unterwerfung und freiwillig eingegangener Abhängigkeit. Aber: Gehen Unterwerfung und Abhängigkeit gelegentlich so weit, dass es auf Außenstehende wie Sklaverei wirkt? Römische und griechische Händler und Reisende verwenden für Angehörige der Unterschicht bei den Kelten häufig den Begriff »Sklave«; der griechischen Historiker Strabo (64 v. Chr. – 24 n. Chr.) nennt Sklaven sogar als eines der wichtigsten Exportgüter Galliens. Nur welchen anderen Terminus kann er als gelernter Grieche auch verwenden für Männer, die sich im Tausch gegen Wein oder andere Luxusgüter von ihrem Herrn in die Dienste anderer entsenden, sich »verkaufen« lassen? Der einzige Unterschied zu einem »echten« griechischen oder römischen Sklaven ist, dass der keltische Abhängige theoretisch eine Wahl hat, ob er geht oder nicht. Praktisch ist es jedoch so, dass er auf immer sein Gesicht verlieren würde. Ein Schwert durch den Leib wäre für ihn die eindeutig bessere Wahl.
    Nur eine Gruppe lässt sich nicht auf einen bestimmten, festgesetzten Platz in der Stammeshierarchie festlegen. Sie ist Objekt vieler bewusster oder unbeabsichtigter Fehlinterpretationen durch Reisende, Feldherren und Historiker aller Epochen. Sie haben sich mit einem Mythos umgeben, der bis in unsere Zeiten eine unglaubliche Faszination ausstrahlt: die Druiden.
Die Druiden: heilige Männer oder heimliche Herrscher?
    Als Aleso die kleine Waldlichtung erreicht, hatte sich dort bereits eine riesige Volksmenge versammelt. Die meisten der Schaulustigen sind jetzt schon so eingekeilt, dass sie kaum noch Luft bekommen. Die carnyxe , die Kriegstrompeten, sind schon zu hören. Undimmer noch drängen von hinten Menschen nach, die zu spät aus ihren Häusern, aus den Werkstätten oder vom Feld aufgebrochen sind.
    Plötzlich verstummen die Bläser. Schlagartig ist es so still, dass man den Flügelschlag eines Vogels hören könnte. Nur das Geräusch der unruhig über den Boden scharrenden Füße und unterdrücktes Keuchen sind zu noch zu vernehmen. Alle Augen richten sich nach vorn. Dort wuchten zwei Krieger zwei große Holzblöcke in die Mitte der Freifläche. Ein weiterer Krieger bringt einen Schild und legt ihn über die Blöcke, sodass eine kleine kniehohe Plattform entsteht. Noch immer verharrt die Menge in fast atemloser Stille. Dann lösen sich zwei Gestalten aus dem Hintergrund. Belorestos, der Herrscher der Tectosagier, kommt nicht allein; er ist in Begleitung des obersten Druiden.
    Belorestos steigt auf den erhöhten Schild. Ein

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