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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Kreuzstern, Kugeln oder Palmetten. Ihren Namen – »Regenbogenschüsselchen« – verdanken sie allerdings nicht den Kelten, sondern dem Aberglauben der ersten Entdecker solcher Münzen, die glaubten, diese seien vom Regenbogen heruntergetropft und besäßen besondere Zauberkräfte (s. Farbbildteil Abb. 20).
    In einigen Regionen wird Münzgeld auch nur zu ganz bestimmten Zwecken – und zwar völlig unfreiwillig – geprägt. Die keltiberischen Stämme des spanischen Hochlands sehen während der gesamten Zeit der karthagischen Besetzung keine Notwendigkeit, sich an Münzen als Tauschmittel zu gewöhnen (geschweige denn, sie selbst herzustellen). Erst nach ihrer Unterwerfung durch Rom im 2. vorchristlichen Jahrhundert werden sie gezwungen, Silbergeld zu prägen, und zwar einzig und allein, um den ihnen auferlegten Tribut in einer den Römern genehmen Form zu zahlen.
Handel im großen Stil – die Handelsstädte der Kelten
    Auf der einen Seite Barbaren, auf der anderen Seite hoch geschätzte Handelspartner. Neueste Forschungen haben gezeigt, dass die Kelten in dem Bestreben, am »internationalen Handel« teilzuhaben, eine, stadtbasierte Handelskultur auf überraschend hohem Niveau entwickelt haben. Ein schlagendes Beispiel dafür bildet die Hügelfestung bei Manching.
    Gegründet wird Manching (der keltische Name ist nicht überliefert) um etwa 300 v. Chr., in der Hochblüte der La-Tène-Zeit, gar nicht mal als »Stadt«, sondern vielmehr als Zusammenschluss einzelner Gehöfte. Der Standort ist genial: im Norden fließt die Donau, die wichtigste Ost-West-Handelstraße, die in unmittelbarer Nähe von einem der wichtigsten Nord-Süd-Handelswege geschnitten wird, der die Bernsteingebiete im Norden mit Italien verbindet. Derwichtigste Rohstoff der Region ist Eisenton; konsequenterweise stellt die Eisengewinnung und -bearbeitung den wichtigsten Industriezweig dar. Eine Spezialität der Manchinger Handwerker darüber hinaus: Glasdreherarbeiten.
    Der Ort wächst, aber nicht einfach so, sondern er wird planmäßig als Stadt entwickelt. Um 200 v. Chr. leben ca. 2500 Menschen in Manching. Ab 125 v. Chr. wird Manching mit einer massiven Mauer umgeben. Das geschieht nicht grundlos. Die Stadtherren wollen ihren Wohlstand gegen eine reale Bedrohung schützen. Diese besteht zum einen aus großen Verbänden vertriebener Kelten aus Norditalien; zum anderen beginnt um 115 v. Chr. der Zug der Teutonen und Kimbern.
    Stichwort Rom. Dort werden im 2. vorchristlichen Jahrhundert die Sklaven knapp, die ein Grundpfeiler der Landwirtschaft sind. Zumindest in Manching ist belegt, dass die geschäftstüchtigen Handelsherren diese »Marktlücke« erkennen und auf geniale Art für sich ausnutzen. Ihre unmittelbaren Nachbarn sind die südlichen Germanen, wegen ihres Habitus nicht nur begehrte Arbeitskräfte in Rom, sondern auch Statussymbol. Und so entwickelt sich ein völlig neuer Geschäftszweig: Menschenhandel. Die »Beschaffung« des begehrten »Handelsgutes« übernehmen kleine Kriegertrupps, die über die Grenze vorstoßen, germanische Dörfer überfallen und das begehrte »Handelsgut« mitnehmen. Daraus entwickelt sich ein »Nebengeschäftsfeld«: Das blonde Haar der Germanen ist in Rom für die Fertigung von Echthaarperücken sehr nachgefragt.
    Diese engen Handelskontakte wirken sich auch auf das Leben der Kelten aus. Die keltische Religion ist naturverbunden und wird normalerweise unter freiem Himmel praktiziert. In Manching reichen die Einflüsse so weit, dass dort Tempel errichtet werden.
Zu verschieden? Oder zu identisch?
    Ab dem Erstkontakt der Römer mit den Kelten im frühen 4. Jahrhundert v. Chr. werden Erstere nicht müde, das Siedlungsgebiet der Kelten als geheimnisvolles, dunkles Territorium zu beschreiben, das von wilden, kriegerischen Stämmen mit barbarischen Sitten und primitiven Herrschaftsstrukturen bewohnt wird.
    Doch genau betrachtet sind diese Strukturen im Gegenteil eine ziemlich genaue Entsprechung des Herrschaftssystems der römischen Republik selbst: Wer in Rom Leistung erbringt (vorzugsweise auf dem Schlachtfeld), hat Autorität, lateinisch auctoritas . Durch die Anerkennung dieser Leistung durch die Mitbürger erhält man ein Amt im Staate, mit dem eine gewisse formelle Macht, lateinisch potestas verbunden ist. So gesehen ist ein keltischer Herrscher innerhalb seiner Kriegerschaft nichts anderes als ein Gaius Iulius Caesar im römischen Senat: primus interpares – Erster unter Gleichen. Der einzige

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