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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Unterschied zwischen dem keltischen und dem römischen System ist, dass bei den Kelten die auctoritas und potestas unabdingbar in einer Person vereint sind, während die Geschicke Roms oft genug durch die Einflussnahme von Autoritätsträgern gelenkt werden, die keine formellen Ämter bekleiden.
    Auch das System unterhalb der Führungsspitze sollte den Römern durchaus bekannt vorkommen. Denn was anderes ist die römische Republik, als ein riesiges Geflecht von Beziehungen zwischen patrones und clientes , von Abhängigkeiten, von Familien veredelnden Adoptionen und Zweckehen?
    Hochrangige römische Militärs haben durchaus ähnliche Wertvorstellungen wie keltische Kriegsherren. Die offenkundigen Übereinstimmungen in den Herrschaftsstrukturen dazu genommen, lassen eines klar werden: Rom hat Gallien nicht unterworfen, weil ein hoch entwickeltes Volk einem zurückgebliebenen die Werte der Zivilisation nahebringen wollte. Im Gegenteil, Gallien war Rom in fast allem zu ähnlich.
    Allerdings sah die Situation um 400 v. Chr. im Zentrum der keltischen Kultur in Europa noch anders aus.

Celts
International Inc.
    Das Weltreich
der Kelten von Irland
bis Anatolien

Gesandte, Flüchtlinge, Abenteurer – die große Unruhe beginnt
Des Menschen Wille …
    Zu Beginn des 4. vorchristlichen Jahrhunderts umfasst das Siedlungsgebiet der La-Tène-Kelten den größten Teil des heutigen Frankreich, weite Teile Süddeutschlands und natürlich ihr Kerngebiet die Schweiz. Die Gesellschaft blüht und gedeiht. Echter Wohlstand konzentriert sich zwar nur in den Händen weniger, gleichwohl festigen sich die gesellschaftlichen Strukturen. Machtzentren entstehen, und das Geflecht von Abhängigkeiten und Zweckbündnissen schafft eine gewisse Stabilität. Die Allianzen wechseln, aber das Muster, nach dem sie funktionieren, bleibt das Gleiche. Stammesauseinandersetzungen drehen sich um Ehre, Vieh und Frauen. Doch die Ruhe täuscht. Unter der Oberfläche des Wohlstands beginnt es zu brodeln.
    Etwas Spitzes drückt sich hart in seinen Bauch, und die Feuchtigkeit des Bodens beginnt sein Hemd zu durchdringen. Aleso wagt nicht, sich zu bewegen. Denn dort unten in der Senke, rund um das Feuer, in dunkle Decken gehüllt, sitzen etwa 30 Männer, unbeweglich wie die Büsche ringsum. Nur ihre Gesichter leuchten hell im Feuerschein. Niemand spricht.
    Aleso versucht, seinen Vater zu erkennen. Er muss dort unten sein. Fast jeden Abend ist er in den letzten Wochen unterwegs gewesen. Und heute will Aleso wissen warum. Vorsichtig zieht er ein Knie an.
    »Edle Krieger, meine Freunde!«
    Aleso zuckt zusammen. Die Stimme klingt sehr viel lauter zu ihm herüber, als er es auf diese Entfernung erwartet hätte.
    »Wir müssen dieser Zeit der Unentschlossenheit ein Ende bereiten. Es kann so einfach nicht mehr weitergehen.«
    Die Männer murmeln ihre Zustimmung.
    »Wie lange wollen wir es noch dulden, dass unsere Stammesführung tatenlos zusieht, wie unsere Familien wachsen, dem Stamm immer mehr Kinder geboren werden, aber das Land, das sie ernähren soll, nicht größer wird? Hält sie unsere Krieger für zu schwach, um neues Land zu erobern? Warum kann …«
    Plötzlich spürt Aleso links oberhalb der Taille einen stechenden Schmerz. Er tastet nach links, um den Ast, der ihn peinigt, wegzuschieben – und greift auf Metall.
    Sein Kopf fliegt herum. Wie aus dem Boden gewachsen steht ein Mann neben ihm und drückt ihm eine Lanze in die Rippen. Aleso wagt nicht, sich zu rühren. Er weiß, es ist ein Mann seines eigenen Stammes, dennoch hat er keinen Zweifel daran, dass der Krieger bei einer unbedachten Bewegung, ohne zu zögern, zustoßen wird.
    Das Bohren in der Seite wird stärker. Aleso blickt auf. Der Krieger ruckt mit dem Kopf in die Richtung des Feuers. Beim Aufstehen merkt der Junge, dass seine Arme und Beine zittern. Das hier ist kein Spiel mehr. Es ist bitterer Ernst. Die Lanze im Rücken trottet er gehorsam den Hang hinunter.
    Das Gespräch bricht schlagartig ab, als sie sich dem Feuer nähern. Eisiges Schweigen schlägt ihm entgegen. Völlig regungslos sitzen die Männer da und blicken düster vor sich hin.
    Seinen Vater sieht er nicht.
    Er holt tief Luft, aber die Angst hält seinen Atem in seiner Brust gefangen. Die Muskeln in seinem Oberkörper gehorchen nicht mehr seinem Willen, und so sehr er sich auch bemüht, die Luft wieder herauszupressen, es gelingt ihm nicht.
    »Wer bist du?« Die Schärfe in der Stimme aus dem Halbdunkel lässt ihn zusammenzucken.

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