Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
jetzt übernehmen die Kelten Funktionen, die eigentlich seine sind. Damit setzen sie nicht nur seine Würde herab, sondern sie mischen sich real in die Außenpolitik des syrischen Staates ein. Das kann und wird er nicht dulden.
Im Hochsommer marschiert Antiochos mit seinem Heer nach Zentralanatolien, um seine Macht zu behaupten. Schließlich entscheiden nicht seine Soldaten, sondern 16 Kriegselefanten die Schlacht, als sieAmok laufen und die vordersten Linien des keltischen Heeres zertrampeln, woraufhin der Rest in heilloser Panik flieht.
Die realen Verluste der Kelten in der sogenannten »Elefantenschlacht« sind dabei gar nicht einmal so groß. Viel tiefer sitzt der Schock, der ihnen eine fast vollkommene Niederlage suggeriert. Aus dieser Situation heraus unterwerfen sich die Galater formell der Herrschaft des syrischen Königs.
Eine Zeit lang hat es den Anschein, als hätte Antiochos I. die Kelten in Kleinasien gezähmt.
Und die Menschen, die bislang unter den Raubzügen der wilden Horden gelitten haben, schöpfen ein wenig Hoffnung. Doch der Schein trügt.
Ein Raubstaat von des Königs Gnaden
Antiochos ist klar, dass er die Galater zwar militärisch geschlagen hat. Doch da sind noch immer mehr als 100
000 Kelten in seinem Land, die sich irgendwie ernähren müssen. Er kann sie ja schlecht alle ermorden lassen. Und so trifft er eine Entscheidung, die in dieser Situation nicht einer gewissen Genialität entbehrt. Er weist den Galatern ein eigenes Gebiet zu, in dem sie ihre eigenen Herren unter seiner Oberherrschaft sind. Es umfasst im Wesentlichen das Territorium, auf dem sie sich gerade befinden, mit sämtlichen bereits darauf existierenden Ansiedlungen der einheimischen Bevölkerung, denen damit ihre bisherigen Peiniger als offizielle neue Herren verordnet werden. Damit aber auch die Kappadokier und Paphlagonier künftig in Erinnerung behalten, wer ihr eigentlicher Herr ist, schlägt er den Kelten auch Teile dieser Königreiche östlich des Flusses Halys zu.
Schon bald heißt das neue Gebilde mitten im heutigen Anatolien bei seinen griechischsprachigen Nachbarn nur noch »Land des Kriegervolkes« – »Galatia«.
Die großen Wanderungen der Kelten. Im frühen 3. vorchristlichen Jahrhundert führt Überbevölkerung in den keltischen Siedlungsgebieten zu einer großen Wanderungsbewegung. Ein keltisches Heer unter Brennus zieht nach Makedonien und Thrakien. Ein Stammesverband aus Tectosagiern, Trocmern und Tolistobogiern steht 277 v. Chr. an den Ufern des Bosporos. Schließlich siedeln sie in Galatia, was »Land der Krieger« heißt.
Galatia ist ein Land voller Widersprüche. Über weite Flächen hinweg erstreckt sich karges, felsiges und beinahe baumloses Land, mit vielen Schluchten und einigen wenigen Flecken fruchtbaren Bodens mit saftigem Gras in der unmittelbaren Nähe der Flüsse, die eine bescheidene Viehzucht erlauben. Im Süden, um den Tatta See herum, liegt Axylos, eine riesige, baum- und strauchlose Salzsteppe, deren einzige Vegetation aus spärlichen blassgrünen Grasbüscheln mit harten Halmen besteht. Die wenigen Wälder, die man wirklich als solche bezeichnen kann, liegen mehr als vier Tagesreisen (ca. 80 km) nördlich von Ancyra. Holz ist kostbar, daher bauen die Galater ihre Häuser aus Lehm und Flechtwerk, vereinzelt auch nach einheimischer Art aus mehr schlecht als recht gebrannten Tonziegeln. In der Regel sind diese Unterkünfte nach fünf bis sechs Jahren in einem solch erbärmlichen Zustand, dass die Bewohner sie von sich aus einreißen und neu wieder aufbauen. Zum Heizen und Kochen verbrennen sie in den knietiefen Ofengruben keine Holzscheite, sondern die getrockneten Fladen von den Rindern. Die Sommer in Galatia sind drückend und heiß, und so verlassen die Menschen die stickigen Häuser und leben im Freien. Im Winter dagegen scheint sogar die Luft aus Eis zu bestehen.
Als direkte Auswirkung der relativen Sesshaftigkeit nach den Jahren des Nomadenlebens in einem fremden Land erleben die Galater einen regelrechten Babyboom. Die Kindersterblichkeit geht zurück; die Lebenszeit verlängert sich, kurz: Die Stämme wachsen mit enormer Geschwindigkeit.
In der Folgezeit entwickelt sich bei den Galatern ein klassisches Staatswesen. Die Tolistobogier, Tectosagier und Trocmer arrangieren sich auf der Basis einer vereinheitlichten Stammesorganisation, die jedem der Völker seine eigene Identität lässt, die aber auch übergeordnete Entscheidungsorgane für die gemeinsamen Belange aller
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