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Herrscher der Erde

Herrscher der Erde

Titel: Herrscher der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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nicht vergessen: fünfunddreißig Kilogramm für Erwachsene und achtzehn Kilogramm für jedes Kind unter vierzehn Jahren ...
    Als sie so im Musikzimmer stand, hatte Margaret das Gefühl, als habe jemand anderer jenen Vorträgen zugehört. »Ich sollte aufgeregt und fröhlich sein«, dachte sie. »Warum bin ich so niedergeschlagen?«
    Margaret war fünfunddreißig, sah mit ihrer guten Figur und ihrem graziösen Gang jedoch um zehn Jahre jünger aus. Ihr braunes Haar hatte einen rötlichen Schimmer, und die dunklen Augen, der volle Mund und das kräftige Kinn ließen verborgenes Feuer vermuten.
    Sie fuhr mit einer Hand über die geschwungene Kante des Klaviers und spürte die Scharte, die das Instrument abbekommen hatte, als sie von Denver nach Seattle gezogen waren. »Wann war das gewesen?« fragte sie sich. »Vor acht Jahren? Ja, es war ein Jahr, nachdem Großvater Maurice Hatchell gestorben war, nachdem er sein letztes Konzert auf eben diesem Klavier gegeben hatte.«
    Durch die offenen Fenster konnte sie ihre neunjährige Tochter hören, die einen Vortrag über die seltsamen Insekten hielt, die sie auf dem Planeten C finden würde. Ihr Publikum bestand aus Spielkameraden, die von dem Ruhm ihrer Freundin stark beeindruckt waren. Rita nannte die neue Welt der Kolonisten »Ritelle«, und diesen Namen hatte sie auch beim Kolonialamt eingereicht.
    Margaret dachte daran, wie stolz ihre Tochter sein würde, wenn der Name tatsächlich gewählt wurde. Margaret stand schweigend neben dem Klavier und stützte sich mit der Hand darauf. Es hatte einstmals Walters Vater, dem berühmten Maurice Hatchell, gehört. Zum ersten Mal verstand Margaret die Worte der Reporter, die ihr gerade erst heute morgen versichert hatten, daß ihre Familie und die übrigen Kolonisten Auserwählte und aus diesem Grund für alle Leute der Erde von größtem Interesse wären.
    Sie bemerkte das Radarauge mit den Tragbändern auf dem Klavier und erkannte daran, daß sich David irgendwo im Hause aufhalten mußte. Denn da benützte er nie das Gerät. Da ersetzte ihm das Gedächtnis das verlorene Augenlicht. Margaret schob das Wägelchen mit dem Mikrofilmgerät in eine Ecke, damit David nicht darüber stolperte, falls er zum Üben ins Musikzimmer kommen sollte. Sie lauschte, um zu hören, ob er vielleicht oben in seinem Zimmer das neue, leichte Elektropiano ausprobierte, das er auf die Reise mitnehmen würde. Sie vernahm keinen Ton in der Stille des Nachmittags, doch konnte er es ja auf leise gestellt haben.
    Als sie an David dachte, erinnerte sie sich an den Wutausbruch des Knaben, der die Aufnahmen für die Wochenschau am Vormittag beendet hatte. Der Reporter hatte gefragt, was sie mit dem großen Konzertflügel anzufangen gedächten. Sie vermochte in Gedanken immer noch die schrecklichen Dissonanzen zu hören, als David mit der Faust auf die Tasten geschlagen hatte. Dann war er aufgesprungen und aus dem Zimmer gestürzt, von ohnmächtigem Zorn erfüllt.
    »Mit zwölf Jahren befindet man sich in einem solch empfindlichen Alter«, dachte sie.
    Margaret dachte daran, daß Davids Traurigkeit auch die ihre sein könnte. Es ist die Trennung von geliebten Gegenständen, die Gewißheit, sie nie wieder zu sehen. Alles, was ihnen blieb, waren Mikrofilme und leichtgewichtige Ersatzdinge. Sie mußten all die Dinge zurücklassen, die die Familientradition ausmachten: den Ohrensessel, den Walter und sie gekauft hatten, als sie ihr erstes Heim einrichteten, die Nähmaschine ihrer Mutter aus Ohio, das übergroße Doppelbett, das speziell mit Rücksicht auf Walters Körperlänge gebaut worden war ...
    Sie riß sich von ihren Gedanken los und ging in die Küche zurück, in der alle möglichen Packutensilien verstreut lagen. Margaret schob die Schachtel mit ihren Rezepten beiseite, sorgfältig darauf bedacht, daß das gelbe Papier an seinem Platz blieb, das die Stelle markierte, an der sie das Aufnehmen auf Mikrofilm unterbrochen hatte. Im Ausgußbecken befand sich immer noch das Teeservice ihrer Mutter aus chinesischem Porzellan, das für die Reise hergerichtet werden sollte. Mitsamt der speziellen Verpackung wogen die Tassen und Untertassen ein und ein halbes Kilogramm. Margaret spülte sie und befestigte sie dann an der Aufhängungsvorrichtung des Transportkartons.
    Der Bildschirm des Visifons an der Wand neben ihr leuchtete auf und zeigte das Gesicht der Telefonistin vom Fernamt. »Ist dort Mrs. Hatchell?«
    Margaret zog ihre triefenden Hände aus dem Wasser und

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