Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
am frühen Morgen bemerkt worden. Draußen war es noch dunkel, und ein Wächter hatte einen der Ausgänge überprüft. Er sagt, es war überhaupt kein Nebel da, obwohl es noch Nacht war! Auch andere sind hinausgegangen. Sie haben es alle bestätigt.«
»Das ist eine ganz einfache Sache«, sagte KanPaar in den Raum hinein. »Wir wissen, dass es letzte Nacht geregnet hat, und manchmal löst der Regen den Nebel für kurze Zeit auf. Morgen wird er wieder da sein.«
»Aber jetzt regnet es nicht mehr«, sagte einer der Kandras. »Und es hat auch nicht geregnet, als TarKavv auf Patrouille nach draußen gegangen ist. Schon seit Monaten war der Nebel morgens da. Wo ist er jetzt?«
»Pah«, meinte KanPaar. »Ihr habt euch Sorgen gemacht, als der Nebel morgens nicht gleich verschwand, und jetzt beschwert ihr euch darüber, dass er weg ist? Wir sind Kandras. Wir sind ewig – wir überleben alles und jedes. Wir versammeln uns nicht wie der räudige Pöbel. Geht zurück an eure Arbeit. Es bedeutet gar nichts.«
»Nein«, flüsterte eine Stimme in die Kaverne hinein. Köpfe drehten sich, und die gesamte Gruppe verstummte.
»Nein«, flüsterte Haddek – der Anführer der Ersten Generation – von seinem verborgenen Alkoven aus. »Es ist wichtig. Wir haben uns geirrt, KanPaar. Wir haben uns sehr geirrt. Räumt
den Pfandstand. Lasst nur den Bewahrer hier. Und verbreitet die Nachricht. Der Tag der Auflösung könnte gekommen sein.«
Diese Bemerkung schien die Kandras nur noch mehr aufzuregen. Sazed stand starr vor Verwunderung da; eine solche Reaktion hatte er bei diesen für gewöhnlich so ruhigen Kreaturen noch nie bemerkt. Sie taten, was ihnen befohlen worden war – darin schienen die Kandras sehr gut zu sein –, und verließen den Raum, aber es waren Geflüster und erregtes Sprechen zu hören. Die Zweiten stahlen sich als Letzte davon und wirkten erniedrigt. Sazed sah ihnen nach und dachte an KanPaars Worte.
Wir sind ewig – wir überleben alles und jedes. Plötzlich glaubte Sazed, die Kandras besser denn je zuvor begreifen zu können. Wie einfach war es doch, die Außenwelt nicht zu beachten, wenn man unsterblich war! Sie hatten so viele Schwierigkeiten und Gefahren, so viele Umwälzungen und Aufruhre erlebt, dass ihnen alles, was draußen geschah, unbedeutend erscheinen musste.
So unbedeutend, dass es ihnen sogar möglich war, die Prophezeiungen der eigenen Religion nicht zu beachten, obwohl sie sich gerade erfüllten. Schließlich hatte sich der Raum geleert, und zwei stämmige Mitglieder der Fünften Generation schlossen die Türen von außen und ließen Sazed allein. Er wartete geduldig und ordnete seine Notizen auf dem Schreibtisch, während die Mitglieder der Ersten Generation aus ihren verborgenen Alkoven hervorhumpelten und sich zu ihm auf den Boden des Pfandstandes gesellten.
»Sag mir, Bewahrer«, meinte Haddek, als seine Brüder sich setzten, »was hältst du von diesem Ereignis?«
»Vom Abziehen des Nebels?«, fragte Sazed. »Das scheint mir tatsächlich ein unheilvolles Zeichen zu sein – aber ich kann nicht sagen warum.«
»Das liegt daran, dass wir dir einiges noch nicht erklärt haben«, sagte Haddek und sah dabei die anderen an. Sie schienen
sehr besorgt zu sein. »Dabei geht es um den Ersten Vertrag und das Versprechen der Kandras.«
Sazed legte sich ein dünnes Metallblatt bereit. »Bitte fahre fort.«
»Ich muss dich bitten, meine Worte nicht aufzuzeichnen«, sagte Haddek.
Sazed hielt inne und legte dann seinen Stift beiseite. »Also gut – aber ich muss Euch warnen. Das Erinnerungsvermögen eines Bewahrers ist auch ohne seine Metallgeister sehr gut.«
»Daran kann man nichts machen«, sagte einer der anderen. »Wir brauchen deinen Rat, Bewahrer. Deinen Rat als Außenstehender. «
»Als Sohn«, flüsterte ein anderer.
»Als der Vater uns schuf«, fuhr Haddek fort, »stellte er uns eine Bedingung. Es war etwas, das vom Ersten Vertrag abwich.«
»Für ihn war es kaum mehr als ein beiläufiger Gedanke«, fügte einer der anderen hinzu. »Obwohl er andeutete, dass es sehr wichtig war, sobald er es einmal erwähnt hatte.«
»Er rang uns ein Versprechen ab«, sagte Haddek. »Jedem Einzelnen von uns. Er sagte uns, es könnte eines Tages nötig werden, dass wir unsere Segnungen ablegen.«
»Dass wir sie aus unserem Körper ziehen«, erklärte ein anderer.
»Dass wir uns selbst töten«, sagte Haddek.
Es wurde still im Raum.
»Seid Ihr sicher, dass Euch das töten würde?«, fragte
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