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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund
Autoren: Andre Norton
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ab, und Rhin trottete in die Nacht, um sich seine Nahrung zu jagen. Von den anderen Tieren war keines zurückgekommen, und Sander fragte sich, ob Fanyi tatsächlich so große Macht über sie hatte, wie er anfangs angenommen hatte.
    Doch das Mädchen schien keineswegs in Sorge. Sie entledigte sich ihres Mantels, und die ersten kleinen Flämmchen des Feuers ließen ihren Gürtel und den massiven Halsschmuck aufglühen.
    Wieder buk sie Brot, und Sander prüfte sorgfältig seinen Vorrat an Pfeilen. Er wollte den Wald mit einer schußbereiten Waffe in der Hand betreten. Dann sammelte er Holz vom Waldrand und hoffte, es würde für die Nacht ausreichen.
    Fanyi überwachte das Brot auf dem Rost und sang dazu vor sich hin. Die Worte waren seltsam. Es schien, sie sänge in einer Sprache, die allein ihr gehörte.
    „Hat dein Volk immer am Fluß gewohnt?“ fragte er unvermutet und brach damit den trägen Zauber, den ihr Gesang um ihn gewoben hatte.
    „Nein, nicht immer …“, gab sie zurück. „Sind wir nicht alle von der Finsteren Zeit zerrüttet worden, verstreut und rastlos? Bei uns heißt es, daß wir auf einem Schiff waren und daß die Wogen des Meers uns weit ins Landesinnere getragen haben, als das Wasser die Erde überflutete. Viele an Bord starben oder wurden von den Wellen fortgespült, doch einige überlebten. Als das Meer sich zurückzog, blieb das gestrandete Schiff zurück. Das geschah, als Margee lebte, die die Mutter war von Nana, und Nana war die Mutter von Flory, und diese gebar Sanna.“ Langsam zählte sie Namen auf – mehr Namen, als Sander zählen konnte, bis sie schließlich mit den Worten endete: „Und ich bin die wahre Tochter der vierten Margee. Die Leute vom Schiff trafen mit anderen zusammen, die durch das Land zogen, und so entstand Padford, als die Mutter meiner Großmutter noch lebte. Vorher wohnten wir am Meer im Süden. Wir zogen nach Norden wegen des Unheils, denn plötzlich wurde ein neuer Berg geboren, so wie es in der Finsteren Zeit geschah, und er spie Feuer und laufende Felsen, so daß alles Lebende fliehen mußte, um nicht vernichtet zu werden. Und wie war es mit deinem Volk, Schmied?“
    „Wir kamen vom Süden und vom Westen, wie ich schon gesagt habe. Unsere Weisen wissen es – aber nur sie allein. Ich bin ein Schmied.“ Er streckte seine starken Hände ins Licht des Feuers. „Meine Geheimnisse sind nicht die ihren.“
    „Jedem Menschen gebührt sein eigenes Geheimnis.“ Sie nickte und streifte die Brote vom Rost. Eines reichte sie ihm. „Man sagt, die erste Margee besaß die Macht der Heilung, und sie lehrte diese Kunst ihren Nachkommen. Aber wir haben auch noch andere Kräfte.“ Sie biß in den Brotfladen. Bei jeder Bewegung funkelte ihr Schmuck im Licht der Flammen.
    „Sage mir“, fuhr sie fort, nachdem sie den Bissen gekaut und hinuntergeschluckt hatte, „warum hast du dir das Recht ausbedungen, deine Leute zu verlassen? Damit hast du dich selbst ausgeschlossen von der Gemeinschaft deiner Blutsverwandten, nur um etwas zu erjagen, was du vielleicht nie finden wirst. War es der Grund, daß du dein Gesicht verloren hast, weil dein Volk nicht dich als Schmied ernannt hat?“ Auf irgendeine Weise gelang es ihr, die Wahrheit aus ihm herauszuholen.
    „Ich wurde geprüft und war bereit – mein Vater hätte dies nie gesagt, wäre es unrichtig gewesen. Aber Ibbets war sein Bruder und hatte schon lange Schmied werden wollen. Er ist gut.“ Es fiel Sander nicht leicht, aber dies mußte er doch zugeben. „Aber er sucht nichts, was jen seits der traditionellen Kunst liegt. Ich wollte mehr erfahren – warum es Metalle gibt, die wir nicht bearbeiten können, obgleich die Früheren Menschen es vermochten; welches ihre Geheimnisse waren, die wir verloren haben. Mein Vater wußte, daß mich dies beschäftigte, doch sagte er immer, ein Schmied hätte seinem Stamm gegenüber eine Verpflichtung. Er darf nicht umherziehen und nach Dingen suchen, die möglicherweise nicht existieren. Als mein Vater starb, erklärte Ibbets dem Rat, daß ich den Kopf voller Träume hätte und zu jung wäre, um ein verläßlicher Schmied zu sein. Er“ – Sander biß sich auf die Lippen – „er bot mir sogar an, mich als Schüler anzunehmen. Schüler! Ich, der ich bei einem größeren Bearbeiter aller Metalle in die Lehre gegangen war, als er jemals erträumen konnte zu werden! Er war auf meinen Vater eifersüchtig, doch nun erblickte er einen Weg, durch mich in den Besitz der Magie der Schmiede zu
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