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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Westen sah, war auch dort das Licht verschwunden. Vorsichtig kroch er zurück ins Lager und ließ sich neben dem Kojoten nieder. In der Dunkelheit vernahm er das gleichmäßige Atmen Fanyis –, sie schlief also bereits.
    Sander folgte ihrem Beispiel nicht sofort. Irgend etwas schien drohend über ihm zu hängen. Das Entsetzen, das ihn am Morgen erfaßt hatte, als er mit Fanyi zum erstenmal einen Blick auf diese Verwüstung geworfen hatte, stieg wieder in ihm hoch. Er fror, aber nicht nur wegen der Kälte der Nacht. Er meinte, die Schreie der Verlorenen und längst Vergangenen zu vernehmen. Energisch ermahnte er sich, vernünftig zu sein. Er wiederholte lautlos die Worte der Schmiede. Ein Mann fertigte Waffen und Werkzeuge mit Hilfe seiner Hände nach einem Plan, den sein Geist ausdachte. Die, die sie zu ihren Lebzeiten benutzt hatten, starben und wurden in ihre Gräber gebettet. Das war der natürliche Lauf des Lebens. Die Toten, die vielleicht hier in der Finsteren Zeit zugrunde gegangen waren, waren längst verschwunden. Und die Dinge, die sie gefertigt hatten, waren nicht die Dinge, die Sander verstehen konnte. Vielleicht gehörte er zu ihren Nachfahren, aber nicht zu ihrer Sippe. Sie hatten keine Macht über ihn.
    Er überdachte seine Reise, die ihn so weit geführt hatte. Die demütigenden Worte des Onkels waren fern und weckten keinen Zorn mehr in ihm. Im Vergleich zu diesen geschundenen Bergen schien sein eigenes Leben unbedeutend. Doch wenn vor ihnen das lag, was Fanyi versprochen hatte, die Weisheit der Vergangenen Menschen, die er in sich aufnehmen konnte, dann würde er auch nicht mehr klein und unbedeutend sein. Er verschränkte die Finger und dachte an all die Pläne, die er im Kopf hatte und die er ausführen konnte, wenn er nur wußte, wie man die unbekannten Metalle bearbeiten mußte.
    Es spielte auch keine große Rolle, ob er jemals zurückkehrte zur Horde und den Ältesten gegenübertrat, die damals entschieden hatten, daß er zu jung und zu unerfahren sei, um seines Vaters Platz einzunehmen. Nein, was tatsächlich eine Rolle spielte, war, daß er das Wissen erlangen würde und arbeiten könnte, wie er es immer erträumt hatte.
    Er bettete seinen Kopf auf Rhins Flanke und verbannte entschieden die Gedanken ans Vergangene. Er wollte sich um die Gegenwart kümmern.

Gefangen

    Am Morgen stiegen sie hinab zum See, wo Sander den Wasserbehälter füllte, während Fanyi und die Fischer Wache hielten. Das Wasser schmeckte hier sonderbar metallisch. Aber Fanyi behauptete, es sei genießbar, seiner Mineralien wegen sogar gesund, denn sie pflegte derartiges Wasser für Heilungszwecke zu verwenden. Von den Wasserwesen fehlte jede Spur. Jedoch entdeckte Sander in einer der Felseninseln, die ziemlich entfernt vom Ufer sich auftürmte, eine dunkle Öffnung, die genau ins Wasser führte. Er war überzeugt, daß das die finstere Wohnung der Kreaturen war.
    Sie verließen den einfacheren Pfad, den die Wagen ausgefahren hatten, und mühten sich wieder am Saume des Felsengebietes voran.
    Das offene Land begann sich wieder zu verengen, und früher oder später würden sie gezwungen sein, den noch unwegsameren Marsch zwischen den zerklüfteten Felsen erneut aufzunehmen. Sander lauschte: ihre Fußtritte, gedämpft von den Tierfellen, und die Pfoten ihrer Tiere machten kaum ein Geräusch. Aber selbst das Rollen eines Steins schien meilenweit hörbar!
    Die Straße stieg an. Einige der Wagenspuren waren mit Steinen aufgefüllt, und der Weg war von Menschenhand verbreitert worden. Sie mußten diese ausgetretene Strecke jetzt nehmen, denn es war unmöglich, die zerklüfteten, unwegsamen Felsen zu beiden Seiten zu überklettern. Die Gefahr, daß sie abrutschten und fielen, war zu groß.
    Sander beschleunigte den Schritt. Er wollte so rasch wie möglich den eingeschnittenen Pfad wieder verlassen, auf dem sie so leicht auszumachen waren. Irgendwo hoch oben mußte ein Wachtposten sein, dessen Licht er letzte Nacht beobachtet hatte. Zweifellos hatte man sie bereits bemerkt, aber der Angriff, den Sander jeden Moment erwartete, blieb aus.
    Jenseits des zweiten Engpasses fiel der Felsen erneut ab. Von dem Vorsprung aus, über den ihr Weg führte, hatten sie einen guten Blick auf das Land vor ihnen. Es gab einige Erhebungen, doch keine war so gewaltig wie die, die hinter ihnen lagen, und die Wogen hatten weniger Trümmer zurückgelassen.
    Genau unter ihnen wuchs Gras und einige verstreute Bäume, die schon golden und scharlachrot

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