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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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waren bis auf Muth-pah alle Angehörigen des Rats wieder zu ihren Familiensitzen unterwegs.
    Am Abend vor dem Abmarsch unterhielt Dar sich mit ihren Reisegefährten. Sie machte allen klar, wie wichtig es ihr war, der Königin der Washavoki zu verdeutlichen, dass sie Frieden wollte. Ihre Bedenken äußerte sie nicht, denn sie ging davon aus, dass ohnehin nur Zna-yat sie verstanden hätte.
    Am meisten fürchtete Dar Kols Tücke. Da sie seine Gerissenheit kannte, hielt sie es für wahrscheinlich, dass er ihr eine Falle stellte. Trotzdem war sie entschlossen, ihm gegenüberzutreten. Ich habe ihn schon zweimal geschlagen, sagte sie sich. Ich werde auch diesmal siegen.
     
    Kols geheimer Gönner lag in seinem abgedunkelten Zimmer auf einem weichen Federbett und fand keine Ruhe. Othar quälte sich. Obwohl sein verkohltes Fleisch nicht mehr schmerzte, setzte ihm das Wissen zu, dass sein Körper ihm nicht mehr allein gehörte. Die Macht, die die Zauberknochen beherrscht hatte, beherrschte nun auch ihn. Sie verlieh ihm außergewöhnliche Kräfte, doch er zahlte einen hohen Preis dafür.
    Eine unnatürliche Gier hatte von ihm Besitz ergriffen. Er lechzte nach Blutvergießen. Er lechzte mit der gleichen Besessenheit nach Gemetzeln wie ein verdurstender Mensch nach Wasser – und aus dem gleichen Grund: Er brauchte es zum Überleben. Ohne bei Kräften haltende Metzeleien würde die ihn steuernde Macht ihn wie einen schmutzigen Handschuh wegwerfen. Dies machte ihm Angst, denn er
ahnte dunkel, wie der Alptraum aussah, der ihn auf dem Dunklen Pfad erwartete. Deswegen setzte er seine ganzen Kräfte ein, um Kol zu helfen, einen Krieg vom Zaun zu brechen.
    Es gab Anzeichen dafür, dass sie auf dem richtigen Weg waren. In Sachen dunkler Vorahnungen war einiges von der Kraft der Knochen auf Othar übergegangen. Er spürte, dass gewisse Kräfte sich in Bewegung gesetzt hatten, und wusste, dass gewisse Ereignisse allmählich Gestalt annahmen. Er sah das verwaschene Bild zahlreicher Soldaten. Schnee umwirbelte sie. Feuerwogen färbten ihn rot.

33

    ALS DAR nach Taiben aufbrach, war der Morgenhimmel dunkelgrau. Es schneite. Trotz des schlechten Wetters war sie entschlossen, kräftig auszuschreiten. Acht Söhne begleiteten sie. Obwohl sie Waffen trugen und Brustpanzer sie behinderten, war sie der Meinung, sie könnten jedem Unwetter leicht standhalten. Dar war darauf aus, das unangenehme Unternehmen, das vor ihr lag, schnell zu beenden. Außerdem sehnte sie sich nach Kovok-mah.
    Als das gewundene Tal der Yat-Sippe hinter ihnen lag, bogen sie auf die Neue Straße ab, die bald steiler wurde. Anfangs bemerkte man es kaum, doch vor dem bewaldeten Kamm schraubte sie sich schnell in die Höhe. Je höher die Straße führte, umso spärlicher wurde die Vegetation und umso verkümmerter die Bäume. Der Schneefall wurde stärker, bis er die sie umgebenden Berge verhüllte und die Hänge zu beiden Seiten der Straße zu formlosem Weiß verblassten.
    Je höher die Schneedecke auf der Straße wurde, umso langsamer kamen sie voran. Doch Dar hatte keine Schwierigkeiten, denn sie folgte dem Pfad, den die Söhne vor ihr in
den Schnee traten. Als sie die Gruppe rasten ließ, um schnell eine Mittagsmahlzeit einzunehmen, berichtete Zna-yat, sie hätten die Hälfte des Weges zum Pass schon geschafft. Als sie ihn dann erreichten, schneite es nur noch schwach, und so hatte Dar gute Aussicht über den Pass und den Kamm, durch den er führte.
    Der Hauptteil des südlichsten Ausläufers des Urkheit-Gebirges bestand aus gigantischen Steinklötzen. Der Bergrücken vor ihnen war keine Ausnahme. Er bildete ein langes Hindernis aus steilem Fels, das das höchste Gelände vor der Ebene dahinter markierte. Dar begutachtete es aus einer taktischen Perspektive. Der Pass war ein tiefer Einschnitt und ähnelte einer Gasse, die durch fast senkrecht aufragendes Gestein verlief. Wenn man ihn verschloss, bestand keine Möglichkeit mehr, auf die andere Seite zu gelangen.
    Dar rief Lama-tok zu sich. »Hat deine Sippe diesen Einschnitt gemacht?«, fragte sie mit ehrfürchtiger Stimme.
    »Hai«, erwiderte Lama-tok. »Man erzählt sich viele Geschichten darüber, wie es bewerkstelligt wurde.« Er deutete auf die Haufen riesiger Steinblöcke, die den Einschnitt flankierten. »Man kann das Gestein noch sehen, das wir verschoben haben.«
    »Und ihr seid da raufgeklettert?«
    »Hai.« Lama-tok deutete auf die in das Gestein geschlagenen Griffe. »An denen sind wir hinaufgestiegen.«
    »Dann

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