Herrscher
könnten die Washavoki auch dort hinaufsteigen?«
»Thwa. Auf ihrer Seite sind keine Griffe.«
»Wie schnell könnte man diesen Pass unpassierbar machen? «
»Nicht über Nacht, aber ich glaube, länger als ein bis zwei Tage dauert es nicht. Es ist immer leichter, etwas kaputt zu machen als etwas aufzubauen.«
Als die Reisenden den Pass erreichten, schlugen sie ein Nachtlager auf und kampierten zwischen den engen Wänden. Dort brieten sie Pashi und schliefen aneinandergekuschelt, damit niemand fror. Der nächste Morgen brachte besseres Wetter. Nachdem sie bergab gewandert waren, erreichten sie Taiben am Nachmittag.
Dar pausierte kurz in der Kaserne, um die Orks zu besuchen, dann machte sie sich zum Palast auf.
Der Vater und der Großvater des verstorbenen Königs hatten dort Angehörige des orkischen Adels zu Gast gehabt. Als Nagtha-yats Muthuri Große Mutter gewesen war, war dieser mehrmals in Taiben gewesen; er hatte Dar von seinen Besuchen erzählt. Außerdem verfügte sie über die Erinnerungen der Aufenthalte früherer Königinnen. Da sie wusste, was auf sie zukam, überraschte sie die Aufnahme, die ihr zuteilwurde.
Lokung, der Haushofmeister, wartete neben dem verschlossenen Palasttor im Schnee. Als Dar mit ihrem Gefolge auftauchte, verneigte er sich tief. »Willkommen, Majestät. Königin Girta, Eure Freundin und Verbündete, schickt mich, um Euch willkommen zu heißen und zu informieren, dass sie Euch am morgigen Abend zu einem Festmahl empfängt.«
»Das ist sehr liebenswürdig von ihr«, sagte Dar.
»Unsere Majestät bedauert zudem, dass sie keine passenden Quartiere für Euch und Euer Gefolge hat. Leider mangelt es dem Palast an entsprechenden Räumlichkeiten für jemanden Eures Standes. Sie hat sich allerdings um den Bau von Unterkünften für die Ork-Leibgarde gekümmert und hofft, dass sie Euch gefallen.«
Dar wusste genau, dass der Palast über passende Unterkünfte verfügte; sie waren schon vor zwei Generationen gebaut worden. Trotzdem tat sie so, als durchschaue sie Girtas
Täuschungsmanöver nicht. »Einer Monarchin gefällt es auch bei ihren Untertanen. Die Unterkunft, von der du sprichst, wird uns genügen.« Mit diesen Worten kehrte sie in die Kaserne zurück, innerlich vor Wut kochend.
Dort angekommen, hießen die Orks sie erneut willkommen, und allmählich freute Dar sich darüber, mit ihnen zusammen statt im Palast zu wohnen. Sie argwöhnte, dass die Begrüßung durch den Haushofmeister nur ein Vorgeschmack auf die Kränkungen war, die ihr am Königshof noch zuteilwerden würden. Sie befürchtete schon jetzt, dass ihr Besuch vergeblich war.
Nachdem sie sich eingerichtet hatte, nahm Zna-yat sie beiseite. »Ich habe deine Verärgerung gerochen, als dieses Washavoki gesprochen hat. Was hat es gesagt?«
»Worte ohne Bedeutung. Die Washavoki nennen solche Worte ›Lügen‹.«
»Ich glaube, diese Lügen sind wie Mäntel«, sagte Zna-yat. »Man braucht sie, um etwas zu verhüllen.«
»Ja, genauso ist es«, sagte Dar. »Die Große Mutter der Washavoki hat in ihrem Palast Platz für uns, aber sie sagt, sie hätte keinen.«
»Es hat also eine Lüge gesprochen. Aber du hast unter die Verhüllung geschaut.«
»Hai. Die Große Mutter der Washavoki heißt uns nicht willkommen, aber sie möchte, dass wir es glauben.«
»Deswegen ärgerst du dich.«
»Ich glaube, sie fürchtet uns, weil Bah Simi ihr seine Lügen auftischt. Vielleicht kann ich ihr dies verständlich machen. «
»Ich glaube, das wird schwierig sein«, sagte Zna-yat. »Immer wenn ich sie bewacht habe, habe ich ihre Angst gerochen. Schon bevor Bah Simi da war.«
»Ich muss es dennoch versuchen. Nicht alle Washavoki sind grausam.«
Zna-yat sagte zwar nichts, aber er dachte: Die meisten schon.
Als die Frauen Verpflegung in die Kaserne brachten, sorgte Dar für ihre Verteilung. Es gab Eintopf. Für Dar war das ärmliche Mahl eine zusätzliche Beleidigung, doch da sie annahm, dass die Orks sich nicht gekränkt fühlten, schwieg sie. Während sie mit der Schöpfkelle Grütze verteilte, fiel ihr wieder ein, wie entsetzt sie an ihrem ersten Abend als Serviererin bei den Orks gewesen war. Es kam ihr vor, als sei dies Jahrzehnte her. Und jetzt bin ich ihre Muthuri. Dar sprach mit mütterlicher Zuneigung mit jedem Sohn, den sie bediente und dankte ihm für seine Treue und sein Opfer. Mit denen, die sie persönlich kannte, sprach sie länger. Als sie Garga-tok sah, fragte sie: »Wo ist dein Umhang – der mit den
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