Herrscher
von Flauen aufgetragen. Sie und die schwarz gekleideten Männer der Königin waren die einzigen Washavoki, die mit den sechsunddreißig Ork-Gardisten in der Kaserne wohnten.
Das Kasernentor stand immer offen. Die Söhne gingen ungehindert nach Taiben, um im Palast zu dienen. Zwei Orks bewachten die Königin bei Tag, und zwei in der Nacht. Diese
Anzahl gefiel Kovok-mah nicht. Er hielt sie für nicht ausreichend. Zwar waren zwei bewaffnete und gepanzerte Urkzimmuthi außerordentlich starke Beschützer, doch unbesiegbar waren sie nicht. Die Königin von ihrer orkischen Wachmannschaft zu trennen, war eine Torheit. Kovok-mah plagte die Sorge, dass Dar über diese Veränderung nicht begeistert sein würde.
Seit dem Tag, an dem Zna-yat zum Sitz der Königin zurückgekehrt war, fühlte er sich isoliert. Weder gab es Anweisungen von ihr, noch wusste er, wie es ihr ging, denn Sevren hatte sich noch nicht in der Kaserne blicken lassen. Er musste ihr auch noch einen Bericht schicken. Er hätte ihn gern persönlich abgeliefert, doch er wollte Dar nicht gefährden. Nach tagelangem Nachdenken schritt er dann zur Tat. Er schrieb den Bericht nieder und bat Garga-tok, einen Kurier zu besorgen. Als dieser sich auf den Weg machte, wäre Kovok-mah beinahe hinter ihm hergelaufen, um mit ihm zu tauschen. Doch dann ging er in sein Quartier zurück, öffnete seinen Tornister und entnahm ihm ein Wams. Er hatte es in der Nacht getragen, in der Dargu zum ersten Mal in seinen Armen eingeschlafen war. Er hatte es seitdem nicht mehr gewaschen oder angezogen. Kovok-mah drückte das Kleidungsstück an sein Gesicht. Dargus Geruch drang in seine Nüstern ein und ließ ihn seufzen.
Königin Girta schaute aus dem Fenster und über die Dächer Taibens hinweg. Da es in der Nacht geschneit hatte, wirkte die Stadt unter dem wolkenlosen Himmel wie unberührt.
Früher habe ich den Winter immer gern gehabt, dachte sie. Das war die Zeit gewesen, bevor ihr Gatte sich dem Krieg zugewandt hatte. Danach war der Winter immer nur eine
Pause zwischen den Feldzügen gewesen; eine Phase, in der Betrunkene sich ihrer blutigen Untaten rühmten. Girta hatte immer nur den Eindruck gehabt, dass die kalte Jahreszeit den Palast in einen Zwinger voller bösartiger Köter verwandelte. Noch schlimmer als der Winter war freilich der Zauberer gewesen, dessen bedrohliche Ausstrahlung den ganzen Hof in eine bedrückte Stimmung versetzte.
Das Ableben ihres Gatten und Othars hätte eigentlich zu friedlicheren Zeiten führen müssen, doch Girta glaubte nicht, dass die Zeiten friedlich waren. Statt Othar waren nun die Orks hier. Sie erschienen ihr nicht weniger bedrohlich. Verschwörungsgerüchte machten die Runde, und eine Reihe von Unfällen hatte sie ihrer engsten Vertrauten beraubt. Fürstin Rowena, seit Kindertagen ihre Freundin, war von einem geistesgestörten Lakaien erdrosselt worden. General Gothas Gattin hatte Selbstmord begangen, und Fürst Nothurs Ehefrau war nach einem schlimmen Sturz gestorben. Alle drei Frauen hatten Girta unterstützt. Sie hatten sich auch als Ratgeberinnen nützlich gemacht. Aber es waren noch andere gestorben: Zahlreiche Offiziere, Edelleute und Ratgeber waren unerwartet bei Unfällen oder Gewalttaten ums Leben gekommen. Alles gute Menschen. Sogar Girtas Zofe war tot: Ein Liebhaber hatte sie ermordet.
Zum Glück gab es ein Bollwerk gegen ihre Ängste und ihr Pech: General Kol. Er war stets selbstsicher, und sie verließ sich immer mehr auf ihn. Manchmal hatte Girta den Eindruck, dass sie zu sehr von ihm abhängig war. Hin und wieder war an seinem Betragen etwas, das ihren Groll hervorrief: eine herablassende Haltung, die sie in unachtsamen Momenten spürte. In der Regel fiel es ihr auf, wenn sie mit dem Prinzen sprach und zufällig Kols Blick auffing, der zu sagen schien: »Hör nicht auf das dumme Zeug, das sie redet.
« So etwas sollte ich nicht denken, sagte sie sich. General Kol ist mein Beschützer. Kein Wunder, dass mein Sohn in anbetet.
Ein Klopfen unterbrach ihre Gedanken. Bevor sie etwas sagen konnte, ging die Tür auf. General Kol trat ein und verbeugte sich. »Schon wieder hat sich ein Ork von der Garde abgesetzt, Majestät. Die Männer der Königin haben ihn heute Morgen aufbrechen sehen.«
»Weiß man, warum er gegangen ist?«
»Man hat ihn befehlsgemäß passieren lassen.«
» Wer hat den Befehl dazu erteilt?«
»Ich«, erwiderte Kol mit leerer Miene. »Es gehört zu unserem Plan.«
»Ach ja.« Girta fragte sich, von
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