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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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einen leisen Stich der Eifersucht, als Nir-yat zu ihm kam. »Sevren«, sagte sie in ihrer Sprache, »wir haben zu wenige Unterstände. Ich glaube, es ist am besten, wenn du und die Washavoki-Königin euch zusammentut. Kannst du ihr Bescheid geben? Ich spreche eure Sprache nicht.«
    Sevren verneigte sich freundlich und erwiderte: »Hai, Mutter.« Er ging dorthin, wo Girta saß. Sie hatte inzwischen die von ihm besorgten Kleider angelegt. »Passen die Kleider und die Stiefel, Majestät?«, erkundigte er sich mit einer Verbeugung.
    »Ja, sehr gut. Danke.«
    »Wenn Ihr gesund genug seid … Ich habe nichts dagegen, wenn Ihr morgen auf meinem Pferd reitet.«
    »Das würde ich sehr gern tun. Du bist sehr großzügig.«
    Sevren nahm seinen ganzen Mut zusammen. »Die Orks
haben zu wenige Unterstände, Majestät. Sie haben darum gebeten, dass wir uns einen teilen.«
    Girta schaute entsetzt drein. »Ich soll mit dir schlafen?«
    »Die Orks behandeln Mütter mit äußerstem Respekt. Sie erwarten das Gleiche von mir, und natürlich denke ich ebenso.«
    »Aber welchen Eindruck das macht!«
    »Letzte Nacht hast du im Unterstand eines Orks geschlafen. Vielleicht möchtest du das auch heute Nacht tun?«
    »Nein«, sagte Girta schnell. »Ich bin von deinem Anstand überzeugt, und außerdem gibt es hier ja keine Höflinge, die sich darüber das Maul zerreißen können.« Sie lächelte schüchtern. »Außerdem bin ich ja verstorben.«
    »Ich weiß. Ich war auf Eurem Begräbnis.«
    »War es geschmackvoll?«
    »Die Eile hat der Feierlichkeit viel genommen. Kol konnte es gar nicht abwarten, in den Krieg zu ziehen.«
    »Hast du meinen Sohn gesehen?«
    »Nur aus der Ferne. Er sah todunglücklich aus.«
    Girta stieß einen Schluchzer aus. Dann riss sie sich zusammen. »Wie grausam dieser Mensch doch ist! Wie konnte ich ihm nur vertrauen?«
    Da Sevren einfiel, dass sie seinem Rat misstraut hatte, beschloss er, nichts zu sagen. Er stand auf. »Ich nehme an, Ihr wollt Euch gleich schlafen legen. Ich schneide ein paar Fichtenzweige für den Boden unseres Quartiers ab. Da die Orks im Sitzen schlafen, machen sie sich keine großen Gedanken über Unterlagen.«
    »Es klingt jedenfalls besser als auf einem Umhang zu liegen«, sagte Girta. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Ich habe seit meiner Kindheit nicht mehr im Freien übernachtet.«

     
    Sevren und die Monarchin schliefen dicht aneinandergekuschelt. In der kalten Nacht war Wärme wichtiger als Anstand.
    Nir-yat weckte sie beim ersten Lichtstrahl. Nach einer rasch eingenommenen Mahlzeit rückte die Gruppe im Morgengrauen ab. Dar bestimmte das Tempo, das sich nach ihrem Gefühl von Dringlichkeit richtete. Zna-yat und sie gingen voraus, der Rest folgte ihnen. Girta saß auf Skymere und führte das Pferd trotz ihrer Verletzung vorbildlich.
    Sie folgten weiterhin dem zwischen zwei Bergen verlaufenden Fluss. Die Straße war steil und zerklüftet. Die schneebedeckten Berge, die ihn zu beiden Seiten flankierte, waren ebenso steil, sodass die Orks, aus Angst, sie könnten eine »Kokuum« auslösen, sich nur leise unterhielten. Sevren nahm an, dass sie mit diesem Wort eine Lawine meinten, denn da und dort gab es Anzeichen dafür, dass in der Umgebung einige heruntergekommen waren. Dreimal kletterten sie über umgestürzte und gesplitterte Bäume hinweg. An einer Stelle hatte eine riesige Eismasse ein Stück des Flusses gestaut, sodass sie gezwungen waren, ihm über einen gefährlich steilen Felshang auszuweichen.
    Dar ging den ganzen Tag über schweigend und ohne Pause vor sich hin. Sie schien in Gedanken versunken zu sein. Ihr Gesichtsausdruck ließ Sevren annehmen, dass sie sich große Sorgen machte. Er empfand Besorgnis und fragte sich, wie die Zukunft wohl aussah, in die sie geblickt hatte.
    Es war bestimmt keine schöne Zukunft. Doch andererseits schien ihre Eile ein Beweis dafür zu sein, dass sie noch Hoffnung hatte. Niemand eilt seinem sicheren Tod entgegen.
    Dann fiel ihm ein, dass Dar schon einmal mit ihrem Tod gerechnet hatte. Sie hatte sich geweigert, ihm zu entfliehen. Nun machte er sich noch größere Sorgen.

     
    Dar hatte keine Ahnung, was ihnen am Ende des Weges begegnen würde. Vielleicht stand der Sitz der Yat in Flammen, und im Tal unterhalb der Feste wimmelte es von Söldnern. Doch vielleicht gab es noch eine Möglichkeit, etwas zu unternehmen. Dar wusste, dass die Umstände diktierten, wie dieses Etwas aussah.
    Im Gegensatz zu den Orks trug sie weder eine Rüstung

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