Herrscher
jemand zu nahe kam. Immer wenn ein Offizier oder Murdant ihn ansprach, sagte er, seine Einheit sei gerade erst eingetroffen.
Schließlich stieß er auf ein paar Männer, die er kannte und denen er trauen konnte. Von ihnen erfuhr er einiges Wissenswertes. Als er glaubte, genügend informiert zu sein, ritt er wieder ins Schneegestöber hinaus.
Damit niemand, der sich vielleicht an seine Fersen heftete, auf die Idee kam, er könnte ein Deserteur sein, ritt er nicht am Vorgebirge entlang. Er nahm vielmehr die südwestliche Route, bis er den Fluss erreichte. Es handelte sich um ein schmales, nicht sehr tiefes Gewässer. Die Strömung war im Winter kaum der Rede wert. Als er Skymere in den Fluss lenkte, reichte das Wasser dem Pferd nur bis an die Knie. Um keine Spuren zu hinterlassen, ritt Sevren ein Stück flussaufwärts. Dann wechselte er ans andere Ufer, legte eine größere Strecke zurück und nahm seinen Weg dann wieder auf. Zufrieden, dass er alle potenziellen Verfolger abgeschüttelt hatte, folgte er dem Fluss ins Gebirge und hielt nach Dar und den Orks Ausschau.
Als die Sonne sich dem Horizont näherte, entdeckte er am Ufer schwache Fußabdrücke. Er stellte zufrieden fest, dass Dars Leute sich die Mühe gemacht hatten, ihre Fährte zu verwischen, und trieb sein Ross voran. Kurz vor Sonnenuntergang
erspähte er eine Marschkolonne. Da er wusste, dass seine Waffen und sein Lederpanzer ihm das Aussehen eines gewöhnlichen Söldners verliehen, rief er laut: »Muth Mauk! Ma nav Sevren!«
Die Marschierenden verlangsamten ihren Schritt, und Sevren holte sie ein.
Yev-yat hatte Dar erzählt, dass die Urkzimmuthi die Alte Straße im Winter nie benutzten, nicht einmal dann, wenn sie die einzig gangbare nach Taiben war. An diesem Nachmittag erfuhr Dar den Grund dafür: Der Weg war eher ein Pfad als eine Straße. Bei gutem Wetter war er vermutlich schmal und schwierig zu bewältigen. Bei Schneefall war er jedoch unüberschaubar und gefährlich. Hin und wieder stieß man unter der weißen Decke auf blankes Eis. Zna-yat war fünfmal eingebrochen. Die Vorsicht verlangsamte ihr Vorankommen, sodass Dar bald davon ausging, dass sie es in fünf Tagen nicht schaffen würden. Trotzdem bot Sevrens Ankunft ihr einen willkommenen Anlass, das Tempo für eine Weile zu verlangsamen.
Als Sevren die Marschkolonne erreichte, saß er ab, ging zu Fuß weiter und ließ sein Ross hinterhertraben. Seit dem Tag, an dem Skymere ihn und Dar zum Yat-Familiensitz gebracht hatte, war seine Furcht vor den Orks wie verflogen. Er legte einen Schritt zu und schloss auf, bis er Dar erreicht hatte.
»Tava, Sevren.«
»Tava, Muth Mauk. Ma fwilak ther sav.« Sei gegrüßt, Große Mutter. Bin froh, dich zu sehen.
»Welche Nachrichten hast du aus Taiben mitgebracht?«, fragte Dar auf Orkisch.
Sevren radebrechte in der gleichen Sprache. »Girtas
Sohn neues Großes Washavoki. Kol noch in Stadt. Viele Washavoki sich dort versammeln.«
Dar wechselte in die Sprache der Menschen. »Wann werden sie deiner Ansicht nach aufbrechen?«
»Als ich Taiben verließ, trafen noch immer Truppenverbände ein.« Sevren empfand es als Erleichterung, frei sprechen zu können. »Ich glaube, dass Kol erst etwas unternimmt, wenn all seine Truppen versammelt sind. Aber niemand weiß genau, was er dann macht. Es dauert bestimmt noch ein bis zwei Tage.«
»Was ist mit dem Pass? Hat sich dazu jemand geäußert?«
»Ich habe rein gar nichts über den Pass gehört.«
»Selbst wenn Lama-tok und Ven-goth durchgekommen sind, kann die Tok-Sippe ihn noch nicht blockiert haben«, sagte Dar vor sich hin. »Hast du sonst noch etwas erfahren ?«
»Ja, etwas Nützliches: Sämtliche Söldner tragen ihren eigenen Proviant. An jeden Mann wurden zwei Tagesrationen ausgegeben. Ich habe keine Verpflegungskarren gesehen. Das kann nur eins bedeuten: Kols Leute sollen sich selbst verpflegen – durch Plünderungen.«
»Mit zwei Tagesrationen kommen sie aber bis zum Yat-Familiensitz. «
»Heere kommen immer langsam voran. Ich nehme an, der Hunger wird die Männer anspornen, wenn sie losschlagen. «
»Der Weg könnte ihren Angriff zwar verzögern«, sagte Dar, »aber unser Familiensitz wird ihm kaum Widerstand leisten können.«
»Ja, er ist keine Festung im üblichen Sinn«, sagte Sevren. »Kol ist auch nicht auf eine Belagerung vorbereitet.«
»Das braucht er auch nicht.« Dar dachte an die leichten
Portale und zahlreichen Fenster ihres Zuhauses. »Mit wie vielen Männern wird er
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