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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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angeworben, um einen Keil zwischen die Königin und die Orks zu treiben. Girtas Zaghaftigkeit erleichterte ihm die Aufgabe. Lokung brauchte nicht mehr zu tun, als ihre Sorgen anzufachen.
    Im Vergleich zum Aufwand war ihm eine überaus angemessene Belohnung verheißen worden. Sollte Lokung weitere Aufträge erhalten, würden seine Spielschulden ihm bald nicht mehr den Schlaf rauben. Er hatte keine Bedenken, Verrat an der Königin zu verüben, allerdings vermutete er, dass man ihn künftig vor schwierigere Aufgaben stellen würde. Außerdem jagte Baltens neuer Bundesgenosse ihm Grauen ein.
    Doch es gab keine Umkehr mehr. Man konnte den Mann
nicht über den Tisch ziehen, so viel stand fest. Balten hatte düstere Andeutungen über die eigentümlichen Kräfte des Fremden gemacht. Wenn er über ihn sprach, spiegelte sich Furcht in seinen Augen.
    Der Haushofmeister hatte seine Gemächer im Palast, aber noch suchte er sie nicht auf. Stattdessen verließ er den Schutz der Festung, um zu Baltens Haus zu gehen. Zwar wurde es in Taibens Gassen mit Anbruch der Abenddämmerung gefährlich, doch Lokung machte sich trotzdem allein auf den Weg. Er beeilte sich und hoffte, den Gang erledigen zu können, ehe es vollends dunkel wurde.
    Ein ängstlicher Diener ließ ihn ins Haus des Kaufmanns ein. Als Balten ihn empfing, händigte Lokung ihm das Pergament aus. »Die Königin hat die Besiegelung bewilligt. Du bist jetzt Zunftvorsteher.«
    Balten lächelte, doch Lokungs Eindruck war, dass er fast so ängstlich aussah wie sein Diener. Der Händler heftete einen feigen Blick auf eine geschlossene Tür. »Er will mit dir reden.«
    Lokungs Magen krampfte sich zusammen. »Weißt du, warum?«
    Balten schüttelte den Kopf. »Lass ihn nicht warten.«
    Lokung nahm allen Mut zusammen und näherte sich der Tür. »Herein«, hörte er, noch bevor er klopfen konnte, eine raue Stimme rufen.
    Lokung gehorchte.
    Obwohl im reich verzierten Kamin ein Feuer brannte, war es kühl in dem Zimmer. Zur Beleuchtung dienten Kerzen, da dicke Vorhänge die Fenster bedeckten. Trotz prächtiger Möbelstücke und ausgesucht feiner Wandbehänge kam das Zimmer Lokung geradezu gespenstisch vor. Sogar der Kerzenschein wirkte fahl, ja wässerig.

    Baltens unbekannter Bundesgenosse saß in einem großen, aus Walnussholz geschnitzten Lehnstuhl. Er trug prunkvolle Kleidung in gedämpften Farben, aber sofort zog sein Kopf Lokungs Aufmerksamkeit auf sich. Vorn und hinten umschloss ihn eine silberne Maske. Ein Künstler hatte die Gesichtszüge so geformt, dass sie gleichermaßen vornehm und gelassen wirkten. An den Ohren und den Nasenlöchern hatte die Maske kleine Gitter. Die Öffnungen für Augen und Mund waren größer und erlaubten den Rückschluss, dass sich unter der Maske etwas wahrhaft Abscheuliches verbarg. Zumal die Augen bildeten einen harten Kontrast zum edlen Ausdruck der Maske.
    Sie erfüllten Lokung mit Grauen.
    Er verbeugte sich. »Ich habe mit der Königin gesprochen. «
    »Und?«
    Die Augen hinter der Maske blieben auf Lokung gerichtet, der vermutete, dass der Fremdling eine übernatürliche Wahrnehmung hatte. Folglich bewog die Vorsicht ihn zur Ehrlichkeit. Er schilderte seine Unterhaltung mit der Königin.
    »Bist du zufrieden?«, fragte er zum Schluss.
    »Du bist noch am Leben«, antwortete der Mann mit der Maske.
    »Es heißt, unser Hofzauberer hätte Gedanken lesen können. Verfügst auch du über diese Fähigkeit?«
    »Da wir gerade von ihm reden: Er interessiert mich. Wo hält er sich gegenwärtig auf?«
    »Er ist tot.«
    »Trauerst du um ihn?«
    Lokung starrte in das silberne Gesicht und verspürte eine eisige Bedrohung.

    »Ich … ich habe ihn gefürchtet.«
    »Eine kluge Antwort. Und wahrheitsgetreu.«
    Durch die letzte Bemerkung sah Lokung sich in seinem Verdacht bestätigt.
    »Ich will, dass du zwischen der Königin und den Orks Zwietracht säst. Setze deine Beeinflussung der Königin fort und streue überall bei Hofe Argwohn aus. Nimm dir Zeit. Sei listig. Hast du dazu irgendwelche Erwägungen vorzutragen ?«
    »Königin Girta ersehnt die Anleitung durch einen Mann«, lautete Lokungs Antwort. »Der Richtige könnte ihren Willen leicht lenken.«
    »Denkst du dabei vielleicht an dich?«
    Lokung glaubte aus der leisen Stimme Spott herauszuhören.
    »Keineswegs, denn mir traut sie ja nicht. So wie ich es sehe, traut sie bei Hofe niemandem.«
    »Wer käme dann infrage?«
    »Jemand von außerhalb, der sich mit den Orks auskennt. Die Ork-Regimenter sind

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