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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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»Ich werde dir eins machen, damit du prüfen kannst, ob es passt.«
    Dar erwiderte die Verbeugung. »Du hast mich erfreut, Thorma-yat.«
     
    Als Dar in ihrem Hanmuthi das Abendessen servierte, war sie mit dem bisher Erreichten zufrieden. Als die Teller leer waren, wurde es dunkel. Es überrascht sie, als ein Sohn mit einer Botschaft Muth-pahs auftauchte. »Sie bittet darum, dich in der Großen Kammer zu treffen.«
    »Heute Abend?«, fragte Dar.
    »Hai, Muth Mauk. Sie sagt, es muss dunkel sein.«
    »Sag ihr, ich komme.«
    Nachdem der Bote gegangen war, ging Dar allein in die Große Kammer. Sie trat ein und löschte das Licht. Der Mond war aufgegangen; mattes weißes Licht erhellte den Raum. Dar nahm auf dem Thron Platz und wartete auf Muth-pah. Kurz darauf trat die Matriarchin ein.
    »Möge Muth’la dich segnen, Mut-pah.«
    »Shashav, Muth Mauk.«
    »Ich freue mich über die Gelegenheit, mit dir zu sprechen, denn ich habe viel über meinen Besuch bei eurer Sippe nachgedacht. Wusstest du, dass ich Königin werden würde, nachdem wir zusammen ins Dunkel eingetreten sind?«
    »Ich hätte es eigentlich ahnen müssen«, erwiderte Muth-pah. »Aber so war es nicht. Visionen sind immer verschwommen. Außerdem hat unsere Sippe über viele Generationen
hinweg auf dein Erscheinen gewartet. Wir haben mit jemandem gerechnet, der Glanz verbreitet.«
    Dar lächelte. »Stattdessen kam ein barfüßiges Washavoki. «
    Muth-pah erwiderte Dars Lächeln. »So ist es. Ich dachte, du wärst die Heroldin der Königin, nicht sie selbst. Erst als ich hier ankam, habe ich erfahren, dass du Muth Mauk bist.«
    »Das hat dich wohl überrascht.«
    »Hai, aber es ergab einen Sinn«, sagte Muth-pah. »Aber ich habe nicht um dieses Gespräch gebeten, um über dieses Thema zu reden. Ich habe ein Geschenk für dich. Ein Erbstück meiner Sippe. Velasa-pah selbst hat es gemacht.«
    »Es muss kostbar sein.«
    »Ist es auch. Es gibt auf der ganzen Welt nur eins.«
    »Was ist es?«, fragte Dar.
    Muth-pah gab ihr einen Leinenbeutel, der einen schweren Gegenstand von der Größe einer weiblichen Faust enthielt. Dar öffnete ihn und entnahm ihm einen glatten schwarzen Stein. Die Dunkelheit erlaubte, dass in seinen Tiefen ein mattes Glühen zu sehen war. Es bewegte sich wie ein fluoreszierender Nebel, der, während Dar ihm zuschaute, seine Form und Farbe veränderte. »Das ist Velasa-pahs Trancestein«, sagte Muth-pah.
    Der Stein wärmte Dars Hand. »Ist es Zauberei?«
    »Hai. Velasa-pah war, wie du, zuerst ein Washavoki. Die Washavoki sagen, es gibt einen Dunklen Pfad, über den man schreitet, wenn der Geist ins Land der Toten geht. Hast du davon gehört?«
    »Ja.«
    »Man sagt, dass Geister ihre Erinnerungen zurücklassen, wenn sie über diesen Pfad schreiten. Ich glaube auch, dass es so ist. Velasa-pahs Stein erlaubt dem, der ihn hat, diese Erinnerungen
zu finden und neu zu erleben. Er hat den Stein nach dem Untergang Tarathanks erschaffen, um sich an ums Leben gekommene Freunde zu erinnern. Doch sei gewarnt, denn ein solcher Rückblick kann gefährlich sein.«
    »Wieso?«
    »Er kann deinen Brustkorb verstören. Einige Erinnerungen sind stärker als andere. Erinnerungen an große Angst oder großen Kummer sind besonders stark. Ich ahne zwar nicht, was Velasa-pah gesehen hat, aber ich weiß, dass es ihn traurig machte. Das hat er gesagt, als er meinen Ahnen diesen Stein gab. Er hat ihnen auch gesagt, dass er für dich bestimmt ist.«
    »Für mich?«
    »Für die Königin aus dem Westen.«
    Dar musterte den Stein kurz. Sie war fasziniert, aber auch argwöhnisch. »Wie funktioniert er?«
    »Nimm ihn im Dunkeln in die Hand und denke an jemanden, dessen Erinnerungen du suchst. Sie werden kommen. «
    »Hast du den Stein je verwendet?«
    »Nur einmal.«
    »Wie war es?«
    »Ich kann nicht darüber sprechen. Verzeih mir, Muth Mauk, aber es ist zu schmerzhaft.«
    »Shashav für dein Geschenk.«
    Muth-pah verbeugte sich und ging.
    Dar saß in der Finsternis und betrachtete den geheimnisvollen Stein. Seine wechselnden Farben faszinierten sie ebenso wie die Vorstellung, Augenblicke aus dem Leben längst Verstorbener zu betrachten. Sie dachte sofort an ihre Mutter, doch die traumatische Erinnerung an ihren Tod im Kindbett brachte sie dazu, ihre Wahl zu überdenken: Es fiel
ihr nicht schwer, sich vorzustellen, dass ein Wiedererleben dieser Nacht alte Wunden öffnen würde.
    Sie dachte auch an Twea. Ihr Tod war noch schrecklicher. Aber er war auch rätselhaft. Wer hat sie

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