Herrscherin des Lichts
zitternd hob und wieder senkte, die Bewegungen immer schwächer werdend, dann in seinem Aufbäumen gegen den Tod erneut erstarkend. Letztendlich ließ der Mensch sich ebenfalls auf eine der Kisten fallen, den Kopf in die Hände gestützt, still dem letzten Kampf seines Freundes zuschauend, obwohl er offensichtlichkaum noch die Augen offen halten konnte.
„Du bist erschöpft.“ Ayla gelang es, für einen Moment ihren eigenen Blick von dem Darkworlder loszureißen. „Du solltest schlafen. Er wird sterben, ob du ihm nun dabei zusiehst oder nicht.“
Keller schüttelte mit dem Kopf. Er wirkte sehr niedergeschlagen. Wie lange konnte er den Darkworlder schon gekannt haben, und trotzdem trauerte er um ihn? Menschen waren wirklich merkwürdige Geschöpfe. „Nein. Ich will nicht, dass er allein ist, wenn es mit ihm zu Ende geht. Es wäre nicht richtig.“
„Er ist nicht allein. Ich bleibe bei ihm, bis es vorbei ist.“ Nur wenn sie solange an seiner Seite ausharrte, würde sie all dies mit einem reinen Gewissen hinter sich lassen können.
Der Mensch zögerte, sichtlich hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, der Müdigkeit nachzugeben, und dem Pflichtgefühl seinem Freund gegenüber.
„Du wirst ihn auch bestimmt nicht töten?“
„Das wird nicht nötig sein.“ Ihre Erleichterung darüber beschämte sie. „Mir bleibt nichts weiter zu tun, als abzuwarten, dass das Leben ihn verlässt.“
Anscheinend überzeugt zog Keller sich zurück, auf dem Weg etwas murmelnd, das Ayla jedoch ignorierte. Der Darkworlder war viel zu massig für die schmale Fläche, auf der er lag. Seine Flügel, seltsam geformte, von mehreren darin verflochtenen Metallstücken zusammengehaltene Gebilde, an den Ansätzen gegen die überstehenden Ränder des Tisches gequetscht, ragten weit über bei de Sei ten hi naus. Ei ner sei ner Arme hing bei na he bis zum Fußboden herunter. Er war in Schulterhöhe in einem ausgesprochen schmerzhaft aussehenden Winkel verdreht.
Ayla betrachtete den Arm genauer. Die Haut hatte einen dunkleren Ton als bei ihrer ersten Begegnung, bei der er noch unsterblich und fast so bleich wie sie selbst gewesen war, jedoch im Gegensatz zu ihrer durchscheinenden Blässe mehr bläulichweiß. Jetzt spannte sich ein dunkles Beige über die darunterliegenden Muskeln. Die waren unförmig und primitiv, in prallen, dicken Strängen verlaufend wie bei einem Menschen. Kein Vergleich zu den grazil gebauten Elfen, deren Muskeln sich straff wie die Saiten einer Laute eng anliegend über die Knochen zogen. Und dennoch, irgendetwas an dieser hässlichen Kreatur faszinierte sie.
Warum war er nicht vor dem Succubus zurückgeschreckt und geflohen? Wenn das Monster ihm in ihrer Gestalt erschienen war, hätte er doch umso mehr Grund haben müssen, die Flucht zu ergreifen. Hatte sie nicht unmissverständlich klargemacht, dass sie ihn beim nächsten Mal nicht noch einmal verschonen würde?
Die Erinnerung daran, wie sie ihn gefunden hatte, gefangen in der tödlichen Umarmung des Succubus, brachte ihre Wangen zum Glühen. Sie mochte gar nicht – aber konnte es auch nicht verhindern – an die andere Möglichkeit denken, nämlich, dass er sich dem Ungeheuer willig ausgeliefert hatte, weil er glaubte, es seien ihre Arme, die sich um ihn schlangen.
Der Darkworlder stöhnte auf, das erste Geräusch, das er seit Stunden von sich gab. Sein Gesicht verzog sich gequält, durch seine Brust ging ein Ruck, und die Haut an seinem Hals zog sich eng zusammen, als er einen kurzen, flachen Atemzug tat.
Dann war es vorbei. Ein letztes Seufzen, und sein Körper entspannte sich. Er lag vollkommen still. Ein enttäuschendes Ende eines so langen Wartens.
Ayla drückte fest den Handrücken gegen ihre Brust, um den Schmerz dort drinnen zu unterdrücken, der sich plötzlich verstärkte. Als hätte ihr eigener Atem sie verlassen so wie seiner ihn, schnürte es ihr die Kehle zu, und schwarze Punkte tanzten in ihren Augenwinkeln.
Reiß dich zusammen, befahl ihr Geist, aber ihr Körper weigerte sich, zu gehorchen. Ihre Augen wurden feucht, was sie trotzig ihrer Übermüdung nach dieser endlosen, zermürbendenWarterei zuschrieb. Das ist es doch, was du wolltest!
Tief Luft holend stand sie auf, die Fäuste an die sich sonderbar leer anfühlende Stelle unter ihren Rippen gepresst. Sie näherte sich dem reglosen Leib des Darkworlders und streckte eine zitternde Hand nach dem Arm aus, der schlaff über die Tischkante hing.
„Es tut mir leid, dass ich nicht den Mut
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