Herrscherin des Lichts
„Schon gut, alles klar. Also, was willst du? Zigaretten? Essen?“ Er musterte sie von oben bis unten, das Licht auf seinem Kopf hüpfte dabei auf und ab, sodass Ayla geblendet wurde und mit der Hand ihre Augen abschirmte. „Ein hübsches Shirt vielleicht?“
„Ich will keine Bezahlung von dir. Ich kann euch nicht helfen.“ Sie schickte sich an, zu gehen. Als sie sich wortlos an dem Menschen vorbeischieben wollte, legte der eine seiner dreckigen Flossen auf ihre Schulter.
Innerhalb einer Sekunde fand er sich neben dem Darkworlder im Staub wieder. Der beleuchtete Hut war von seinem Kopf gefallen und schaukelte auf dem Boden hin und her, das gelbliche Licht flackerte ein paarmal über die Tunneldecke, während es langsam auspendelte. Die Augen des Menschen waren weit aufgerissen und voller Furcht auf die Klinge an seinem Hals gerichtet.
Selbst im Angesicht des Todes versuchte der Mensch noch immer, zu verhandeln, damit sein Freund gerettet wurde. „Wenn du mir nicht hilfst, ihn von hier wegzuschaffen, wird er sterben. Und als ich eben zu euch gestoßen bin, sah es für mich nicht so aus, als ob du das willst.“ Sein Blick wanderte zu den leblosen Überresten des Succubus, dann zu dessen Kopf, der nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt lag. „Warst du das?“
Ayla nickte knapp. „Und als Nächstes werde ich … Malachi … töten.“
„Nein, wirst du nicht.“ Der Mensch schluckte langsam. „Wenn du ihn hättest umbringen wollen, wäre er schon lange hinüber.“
Ayla nahm das Messer weg und kniff skeptisch die Augen zusammen.
„Was macht es für dich für einen Unterschied, ob es einen Darkworlder mehr oder weniger gibt?“
„Er ist mein Freund.“ Der Mensch hielt ihr die Hand hin. „So wie wir beide Freunde sein können, wenn du mir jetzt ein bisschen unter die Arme greifst und wir ihn zusammen in Sicherheit bringen. Ich heiße Keller. Nett, dich kennenzulernen.“
„Ayla“, erwiderte sie in ihrer Sprache, ihr Name eine Verschmelzung aus dem Geräusch eines Wassertropfens, der nach einem Platzregen von einem Blatt fiel, und dem leisen Rascheln goldener Weizenähren auf einem Feld. Zumindest hatte Garret es ihr so erklärt. Er kannte die verborgene Bedeutung hinter so vielen Dingen, weshalb sie sein Wissen auch niemals infrage stellte.
Keller verzog einige Muskeln in seinem unvollkommenen menschlichen Gesicht, wodurch er plötzlich sehr verdutzt aussah. Es war ein interessanter Trick, einer, der ihr verriet, wie Menschen es anstellten, ganz ohne Fühler die Emotionen eines anderen erkennen zu können. „Ich glaube nicht, dass ich das aussprechen kann. Du bist eine Elfe, richtig?“
Wieder nickte Ayla schlicht, dieser merkwürdige Mensch und sein unkalkulierbares Verhalten machten sie sprachlos.
„Dann werde ich dich wohl am besten einfach so nennen. Elfe.“ Er setzte sich auf und gestikulierte in Richtung des Darkworlders. „Und jetzt krieg endlich deinen knochigen Hintern hoch und hilf mir.“
11. KAPITEL
M it vereinten Kräften schleppten sie den Darkworlder zur Werkstatt des Menschen. Ayla hatte darauf bestanden, sich unter keinen Umständen zusammen mit zwei Bewohnern der Darkworld auf dem Streifen zu zeigen und womöglich dabei beobachten zu lassen, wie sie ihnen half. Der Mensch konnte das nicht nachvollziehen. Sie hatte auch nicht erwartet, dass er es verstehen würde.
„Legen wir ihn da auf den Tisch“, sagte Keller – noch so ein grässlicher Name – zu ihr, und sie fasste mit an, sodass sie ihn gemeinsam auf die kalte Stahlplatte heben konnten.
„Das sieht nicht sehr bequem aus“, stellte sie fest, wobei sie sich eine umgedrehte Kiste suchte, die sie als Sitzgelegenheit benutzte.
Keller schaute sie aus ihr unerfindlichen Gründen stirnrunzelnd an. „Er liegt im Sterben. Ich glaube nicht, dass es darauf noch ankommt.“
„Er sollte angenehm liegen, während er stirbt.“ Das grauenhafte erdrückende Gefühl kehrte zurück, und sie presste eine Hand gegen ihre Brust, um es zu lindern.
Bald ist es vorüber. Bald wird er tot sein, und du bist frei. Niemand muss je erfahren, dass du die Gäis gebrochen hast.
Aber er tat ihr nicht den Gefallen, schnell zu sterben, sondern ließ sich Zeit damit. Stunde um Stunde warteten sie, während der Mensch nervös umherwanderte, hin und her überlegend, ob und wenn ja wie er einen Heiler dazu bewegen könnte, zu ihnen in die Darkworld zu kommen. Ayla war damit beschäftigt, zuzusehen, wie sich die Brust des Darkworlders
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