Herrscherin des Lichts
fing Aylas Nacken an zu kribbeln. Sie dachte daran, wie ihr physischer Körper ebenso vibriert hatte wie der Baum der Lebenskraft in ihrem Inneren, als sie mit Malachi zusammen gewesen war.
Und dann wechselte sie ohne ihr Zutun zum inneren Blick und sah es: eine winzige glimmende rote Frucht am Stamm ihres Baumes. Ein zartes, unscheinbares Licht nur, kaum entwickelt und schutzbedürftig. Aber es war da.
„Was ist das?“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ayla wusste, was es war, ohne dass die Frau es ihr hätte sagen müssen.
Und sie wusste es ebenfalls. Sie drehte sich wieder dem Meer zu, blickte in die beruhigende Weite hinaus. „Eines Tages wirst du zurückkehren. Wie auch deine Tochter es tun wird.“
In diesem Augenblick wachte Ayla auf, in der Dunkelheit,am Boden ihrer Zelle zusammengekauert. Sie schluchzte leise. Denn im inneren Blick war ihre Tochter noch immer da.
Den Darkworlder zu foltern hatte ihm nicht so viel Vergnügen bereitet, wie Garret gehofft hatte. Die Kreatur war nicht böse. Auch nicht durch und durch gut. Sie war schlicht lebendig. Sterblich und Schmerzen fürchtend, reagierte das Wesen in ermüdend vorhersagbare Weise auf jeden Stich und jede Verbrennung.
Er hatte es schon vor Stunden aufgegeben, und nun stand er in seiner neuen Residenz – einem im Palast befindlichen, geräumigen Apartment, das für den Gefährten der Königin vorgesehen und in Mabbs Amtszeit nie benutzt worden war –, mit nacktem Oberkörper, während eine liebreizende junge Dienerin ihn von Blut und Schmutz befreite.
„Ich muss zugeben“, sagte er zu ihr, mit den Fingern die Haarlocke streifend, die unter ihrer einfachen weißen Haube hervorschaute, „dies ist das wohltuendste Bad, das ich seit langer Zeit genossen habe.“
Sie blieb stumm, aber ihre Fühler glühten in einem nervösen Rot.
„Es lässt mich beinahe den Schmerz meines schrecklichen Verlustes vergessen.“ Er griff nach ihrer Hand, mit der sie gerade den Schwamm über seinen Bauch gleiten ließ, und schob sie energisch abwärts, auf seinen Hosenbund zu. „Beinahe. Willst du mir nicht dabei helfen, ihn vollends zu vergessen?“
Die Tür ging auf, und die Zofe sprang auf, ihre Scham und Verunsicherung standen ihr ins Gesicht geschrieben. Eine Wache kam herein. „Gildenmeister Cedric mit einem dringenden Anliegen.“
Cedric. Er erwies sich mehr und mehr als ausgesprochen lästiges Element. Garret zog seine Robe hoch und schlüpfte in die Ärmel. „Gut, aber schnell. Es gibt noch andere Dinge, um die ich mich kümmern muss.“
Der Gildenmeister trat ein, verbeugte sich und sagte: „Ich bin hier, um mit Euch über die Königin zu sprechen.“
Sofort wünschte Garret, er hätte ihn gar nicht erst empfangen. „Welche? Mabb oder meine Gefährtin, die sie auf dem Gewissen hat?“
Cedric kam langsam näher. „Um ehrlich zu sein, ich glaube nicht daran, dass Ayla Eure Schwester getötet haben soll.“
„So, tatsächlich?“ Desinteresse vortäuschend, ging Garret zu dem kleinen Beistelltisch neben seinem Bett und nahm einen Schluck aus dem halb leeren Kelch, der daraufstand. Dabei überlegte er, ob er besser mehr Wein hätte bringen lassen sollen, vielleicht mit einer Prise Wermut darin, das würde es ihm sicher erleichtern, diese widerspenstige kleine Dienerin gefügig zu machen. „Eine recht abwegige Mutmaßung, wenn man die Zahl der Zeugen bedenkt, die alle beobachtet haben, wie meine Gefährtin Mabbs Privatgemächer betrat, aber keiner von ihnen sah sie wieder herauskommen. Sie können beschwören, dass sie die Letzte gewesen ist, die mit meiner Schwester vor ihrem Tod zusammen war – allein.“
„Ah, aber war sie zugegen, als die Königin gefunden wurde?“ Cedric schien nicht vorzuhaben, sich so leicht abwimmeln zu lassen. „Wenn die Aussagen der Zeugen stimmen, dass sie den Palast den ganzen Abend nicht verlassen hat, dann hätte sie doch noch dort sein müssen, als man Mabbs Leiche entdeckte.“
„Wie kommst du zu dieser Schlussfolgerung?“ Er versuchte Zeit zu schinden. Cedric musste es ebenfalls bemerkt haben, und Garret hätte sich selbst dafür ohrfeigen können.
„Einfache Logik. Niemand hat sie fortgehen sehen, also muss angenommen werden, dass sie auch nicht gegangen ist. Ergo müsste sie sich in den Räumen der Königin befunden haben, als man diese tot auffand. Da zu diesem Zeitpunkt von ihr aber jede Spur fehlte, besteht die Möglichkeit, dass sie den Palast doch irgendwie verließ, bevor der Mord
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