Herrscherin des Lichts
du dumme, hochmütige Närrin!“
„Ihr wisst, dass ich sie nie hätte töten können“, beeilte Ayla sich, mit ihren Unschuldsbeteuerungen fortzufahren. „Ihr wisst, ich war immer bestrebt, meiner Königin treu und ergeben zu dienen. Und Ihr wisst, ich würde niemals die Lightworld …“ Sie bremste sich selbst, bevor sie den Satz beenden konnte. Es lag nicht in ihrer Natur, dreist zu lügen.
Er wandte sich ihr wieder zu. Sein Gesichtsdruck hatte sich inzwischen in die ruhige, beherrschte Maske zurückverwandelt, hinter der er seine wahren Gefühle versteckte. „Was ist mit dem Gerede über diesen Darkworlder? Man sagt, du hast ihn in die Lightworld geschmuggelt und dich mit ihm in dem Bett vergnügt, das du eigentlich mit Garret hättest teilen sollen. Ist das die Wahrheit?“
„Ich habe ihn weder dazu ermutigt noch ihm dabei geholfen, unsere Grenze zu überschreiten. Es war allein seine Entscheidung. Und in besagtem Bett ist nicht mehr vorgefallen als das, was Garret mit eigenen Augen gesehen hat. Die Kreatur hat mich berührt, mich geküsst und ist dann, aufgeschreckt durch Garrets Rückkehr, geflohen.“ Ihre Wangen begannen bei der Erinnerung an jene Nacht zu glühen. „Ich muss gestehen, ich habe versagt, indem ich das Wesen entkommen ließ, als ich ihm das erste Mal in der Darkworld begegnet bin. Damit, und nur damit, habe ich meinen Eid gebrochen.“
„Den Eid zu brechen ist ein ernstes Vergehen.“ Ein trauriges Lächeln huschte über seine Mundwinkel, und seine Fühler zuckten. „Aber nicht so ernst wie das, was man dir anzuhängen versucht.“
Er half ihr, sich auf die zerschlissenen Fetzen aus Stoff niederzulassen, die ihr als Schlafunterlage dienten, dann ging er zur Tür. „Ruh dich aus. Ich werde mich darum kümmern, dass mit dieser Situation so umgegangen wird, wie unser Recht es fordert. Dir obliegt es nun, deine Wunden zu heilen und dich in Geduld zu üben.“
Als er die Tür hinter sich zugezogen hatte, kroch Ayla aufihrer Seite ganz dicht heran, um das Schloss zu überprüfen. Doch er war nicht gekommen, um ihr zur Flucht zu verhelfen.
Heilen und sich in Geduld üben. Aber da gab es noch etwas, das sie tun musste: ihm vertrauen, denn er schien der Einzige zu sein, der in dieser Sache auf ihrer Seite stand.
Als Malachi erwachte, stellte er verwundert fest, dass er sich nicht aufsetzen konnte. Es dauerte einen Moment, bis ihm, nachdem er die Augen geöffnet hatte, klar wurde, dass er sich bereits in einer aufrechten Position befand. Seine über dem Kopf nach oben gestreckten Arme waren mit zwei durch eine Kette verbundenen Eisenschellen gefesselt, die Kette durch einen gigantischen Metallring gezogen, der in die Decke eingelassen war. Seine Beine waren in gleicher Weise angekettet, aber an der Wand hinter ihm, und bei jeder Bewegung schabten seine Flügel an ihr.
Wann waren die Dinge nur dermaßen außer Kontrolle geraten? Auf dem Streifen, als Keller versucht hatte, mit den Elfenkriegern zu reden, die sie angehalten hatten.
Törichter Keller. Malachi schloss die Augen, der Gedanke an seinen Freund hätte ihn beinahe laut aufschreien lassen. All das viele Blut, die Schmerzensschreie. Wenn er doch nur auf Malachi gehört hätte und weggerannt wäre, zurück in die Darkworld, in Sicherheit.
Malachi selbst war wie betäubt vor Entsetzen und Trauer um den Menschen gewesen. Die Elfen hatten leichtes Spiel mit ihm gehabt, als sie ihn gefangen nahmen.
Eine Metallschüssel voll knisternder schwelender Kohlen stand auf dem Boden, nicht weit weg von ihm. Quer über dem Rand lagen zwei gekreuzte Eisenstangen, deren Spitzen in einem bedrohlichen Rotorange glühten. Sie würden ihn peinigen, daran bestand kein Zweifel. Zu welchem Zweck, das konnte er nicht sagen, aber ein Todesengel war mit dem Gesicht von Folter hinreichend vertraut.
Ein Elf betrat den Raum. Dieser hier schien keiner der Krieger zu sein. Die Robe aus feiner Seide, kein Helm. Sein Gesichtsausdruck war herablassend und selbstgefällig, und das war es, was Malachi sofort wiedererkannte.
Der Elf zog die Zellentür hinter sich zu und näherte sich ihm. Er kam so dicht heran, dass Malachi wünschte, er könne irgendwie seine Hände freibekommen. Mit einem geringschätzigen Lächeln formte der Elf übertrieben langsam die Worte in der menschlichen Sprache: „Hast du eine Ahnung, wer ich bin?“
„Garret“, antwortete Malachi, genauso langsam und mit Genugtuung beobachtend, wie seinem Gegenüber die Selbstgefälligkeit
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