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Herz an Herz

Herz an Herz

Titel: Herz an Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer , Sven Ulrich
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recht freigiebig. Später, als ich dann schon richtig wütend war, hätte ich es beinahe zerrissen …)
    Ich weiß also sehr wohl, dass Du eine schöne Stirn hast! Eine sehr schöne sogar. Und ich kann noch mehr sagen: Die Frau auf dem Bild gefällt mir sehr.
    Nun fragst Du Dich wahrscheinlich: Welches Bild hat Nina dem Mann bloß gegeben? Ein kleiner Tipp: Du trägst eine helle Bluse und einen bunten Sommerrock. Und Du lächelst, wie man manchmal lächelt, wenn man muss und nicht unbedingt will. Ich frage mich, wer das Foto wohl gemacht hat und zu welchem Zweck. Könnte es sein, dass Deine Schwester sich eine neue Kamera gekauft hat und sie ausprobieren wollte? Und Du hast als Model herhalten müssen? Dein unsicheres Lächeln ist jedenfalls sehr schön, und ich habe mich sofort in die winzige Zahnlücke verliebt, die so frech in die Gegend strahlt.
    Du kannst Dir also vorstellen, wie sehr ich nach dem misslungenen Sylvester-Abend gelitten habe. Da sehe ich, wie hübsch Du bist, und weiß gleichzeitig, dass es mit uns nichts wird. Denn damals dachte ich, Du bist zwar hübsch, aber leider ein Miststück. Es war hart mit einem knallenden T am Ende.
    Dafür bin ich Dir gegenüber jetzt im Vorteil. Ausgleich sozusagen. Solltest Du Dich ärgern, habe ich noch einen Tipp für Dich: Meditieren ist überraschend spannend. Ich konnte mir bisher ja nichts darunter vorstellen. Aber in der Hör-Anleitung heißt es, man soll sich bequem hinsetzen (ja, tatsächlich in der typischen Guru-Haltung), die Augen schließen und dann auf seinen Atem achten. Hört sich einfach an. Die Aufgabe ist auch tatsächlich selten simpel: einfach nur bewusst ein- und ausatmen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass man ständig an etwas anderes denken muss. Die Gedanken schweifen ab. Ich habe also auf meinen Atem geachtet, und plötzlich fiel mir ein, dass ich noch Oliven und Wein einkaufen muss (für uns), dass ich die Akte eines Klienten noch abschließen wollte und dass das Meditieren vielleicht doch besser klappen würde, wenn ich das nächste Mal Räucherkerzen aufstelle und mir ein entsprechendes Kissen für die perfekte Sitzhaltung zulegen könnte. Und kaum denke ich das alles, höre ich über Kopfhörer die sanfte Stimme des Anleiters: Falls die Gedanken mal wieder abschweifen (ertappt!), solle man sich bewusst machen, dass man gerade NICHT ans Atmen denkt – und dann zum Atmen zurückkehren.
    Die Technik zielt darauf ab, dass man sich den Moment bewusst macht, in dem man gerade lebt. Und eben nicht die Vergangenheit oder die Zukunft (Einkäufe und Besorgungen o.ä.). Finde ich eigentlich logisch, denn man erlebt Gefühle schließlich auch nur im Hier und Jetzt, daher ist es wichtig, sich diesen Zustand bewusst zu machen.
    Das ist also alles recht spannend, aber irgendwie auch erschreckend, weil mir klarwird, wie selten ich den MOMENT genieße und wie oft ich an die Vergangenheit oder die Zukunft denke. Dabei spielt das Leben (ich wiederhole mich) in dem Moment, in dem ich atme. So simpel das ist, so richtig ist es auch.
     
    Ich hoffe, Du magst Räucherkerzen? Und bitte nicht über mein Meditationskissen erschrecken. Beides habe ich heute Mittag in einem Esoterik-Shop gekauft, an dem ich seit Jahren vorbeilaufe (und zwar stets mit verachtenden Gedanken, so nach dem Motto: Da kaufen bestimmt nur Spinner und Kauze ein).
     
    Hier noch ein Vorschlag zum Ablauf am Samstag:
    Kaum öffne ich Dir die Tür, lege ich einen Finger auf Deine Lippen, ziehe Dich aufs Meditationskissen und atme erstmal eine Runde mit Dir. Du müsstest die Schuhe ausziehen, wir setzen uns einander gegenüber und lauschen nur dem Geräusch unserer Körper. Dann folgt das Anzünden eines Streichholzes. Eine Sekunde später glimmt ein Räucherstäbchen neben uns, dessen Schwaden langsam an die Decke steigen. Unsere Gesichter zeigen zueinander, unsere Knie berühren sich fast. Wir lächeln entspannt und schließen dann sanft die Augen. Wir riechen die gleichen Düfte, hören die gleichen Geräusche und wissen, dass der andere da ist. Wäre diese Gewissheit nicht wunderschön?
     
    Vernebelte Grüße
    Dein Berti
     
    PS . Oder ist das kitschig?
    ***
    Mi 11. Januar  21:00
    Betreff: AW : So ein Zufall
    Von: [email protected]
    An: [email protected]
     
    Ach, mein Berti,
    ich bin total durch den Wind. Und seit ich heute Morgen (natürlich rein zufällig) gleich nach dem Aufwachen deine Worte gelesen habe, fühle ich mich wie ein hyperaktives Frettchen unter

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