Herz auf Umwegen
wieder aufbauen.
Wie üblich stand Alexas Mund selbst beim Essen kaum still. Katja erfuhr alles über das letzte Onlineshoppingabenteuer der Kollegin und kam auch nicht um den neuesten Firmenklatsch herum. Manchmal überlegte Katja ernsthaft, ob sie Alexa verklagen sollte. Es gab ja Tage, da machte ihr Alexas Mitteilungsbedürfnis nichts aus und sie schaltete auf Durchzug. Aber an Tagen wie heute empfand sie es als Körperverletzung, weil sie ihr Essen hinunterschlingen musste, um dem Ganzen schnellstmöglich zu entgehen. Und sicher handelte sie sich dabei früher oder später ein Magengeschwür ein. Heute war es eine Portion Spaghetti Carbonara, die in rekordverdächtigen drei Minuten in Katja verschwand. Weitere drei Minuten hielt es Katja noch auf dem Stuhl, bevor sie sich ihr Tablett mit dem Geschirr schnappte und eine verblüffte Alexa allein am Tisch sitzen ließ. Katja kaufte noch schnell zwei belegte Baguettes und ging auf direktem Weg ins Labor.
Dort angekommen, fand sie Lydia und Janny in trauter Zweisamkeit vor. Sie saßen vor dem PC. Janny fragte, Lydia erklärte. Dann Rollenwechsel. Lydia fragte, Janny erklärte.
»He, ihr beiden. Wie kommt ihr voran?«
Lydia drehte sich um. »Katja.« Sie erspähte die Tüte in Katjas Hand. Katja folgte Lydias Blick, hob die Tüte hoch. »Ich hab euch was zu essen mitgebracht.«
»Oh, du bist ein Engel.« Lydia sprang auf, riss Katja die Tüte fast aus der Hand. »Janny ist die reinste Sklaventreiberin«, beschwerte sie sich scherzhaft, während sie die Baguettes aus der Tüte zutage förderte. »Am liebsten würde sie mich hier an den Tisch ketten, bis ich all diese doofen Richtlinien im Schlaf herbeten kann.«
Die »Sklaventreiberin« stand nun ebenfalls auf. Lydia gab eines der Baguettes an sie weiter, wickelte ihres aus und biss genüsslich hinein.
»Hm, lecker«, verkündete sie mit vollem Mund.
Janny nickte Katja zu. Sie wirkte angespannt und war, so hatte Katja den Eindruck, von ihrem Auftauchen wenig begeistert. Auch wenn Janny ihr jetzt zunickte und das Baguette aus dem Zellophan löste.
»Ich störe euch nicht lange«, versprach Katja angesichts Jannys Zurückhaltung. »Ich wollte nur mal sehen, wie ihr so klarkommt.«
Lydia grinste. »Wir leben beide noch.«
Katja lächelte unsicher. Janny schwieg immer noch.
Genau in diesem Moment wurde es Katja klar. Sie war nicht ins Labor gekommen, um eine am Boden liegende Lydia aufzurichten. Dieses entworfene Szenario hatte ihr nur als Alibi gedient. Sie war hier, weil sie in Jannys Nähe sein wollte. Und jetzt wartete sie auf ein Lächeln von ihr, einen Blick, ein nettes Wort.
Das ist doch absurd, Katja! Aber Tatsache. Das Gefühl in ihr zu leugnen, wäre Selbstbetrug.
»Kann ich euch irgendwie helfen?«, bot sie an.
»Hast du denn sonst nichts zu tun?«, fragte Janny.
Katja sah sie entgeistert an. Nicht, dass Janny schroff klang, aber es war so untypisch für sie, derart ablehnend zu reagieren. »Doch, ich … aber das eilt nicht so«, stotterte Katja.
»Katja könnte doch die Protokolle archivieren. Das ist ziemlich zeitaufwendig und Zeit haben wir ja nicht sooo viel«, schlug Lydia vor.
»Zumindest könnte ich damit anfangen«, nahm Katja den Vorschlag dankbar auf.
»Ja gut, warum nicht.« Janny nickte.
Geduldet, nicht willkommen, schoss es Katja durch den Kopf. Was war denn mit Janny los? Welche Laus war ihr über die Leber gelaufen? Oder stand sie einfach nur unter Stress. Ausgerechnet Janny, die nicht mal im norwegischen »Urwald« die Ruhe verlor?
Das Telefon auf Lydias Schreibtisch klingelte. Lydia nahm ab.
»Ja«, meldete sie sich mit vollem Mund. Schon nach den ersten Worten ihres Gesprächspartners verschwand der entspannte Ausdruck aus Lydias Gesicht. Sie hörte auf zu kauen, schluckte zweimal hastig, um den Mund leer zu bekommen.
»Sofort?«, fragte sie beflissen, lauschte und nickte schließlich. »Okay.« Dann legte sie auf, schaute Katja sorgenvoll an. »Das war Holst. Ich soll zu ihm kommen.«
Katja legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm. »Keine Angst, mich hat er auch schon zitiert. Er wollte aber nur noch mal hören, dass für die Präsentation am Freitag alles vorbereitet ist.«
Das beruhigte Lydia nicht. »Wenn du ihm das schon gesagt hast, warum ruft er mich auch noch?«
Katja musste passen. Ratlos hob sie
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