Herz auf Umwegen
Einladung. Aber wieso sollte Janny das tun?
Diese Frage machte Katja zu schaffen. Und sie grübelte. Über Janny, über sich, über diesen Zweifel. Woher kam er? Und vor allem, warum raubte er ihr den Schlaf?
Weil sie einfach fest davon ausgegangen war, Janny würde den Abend mit ihr verbringen. Und nicht mit dieser Enttäuschung gerechnet hatte, die deren Nein bei ihr hinterließ.
Jetzt, am Morgen danach und unausgeschlafen, fühlte sich alles noch konfuser an.
»Was ist denn los mit dir, Katja?«, murmelte sie vor sich hin. Wir holen es nach, das hat Janny doch gesagt. Sie stand auf, schüttete den Kaffeesatz in den Ausguss, spülte ihn weg. »Vielleicht schon heute, oder morgen. Oder eben nächste Woche.«
Sie ging in den Flur, griff ihre Arbeitstasche und tastete nach den Schlüsseln im Seitenfach. Als sie die Wohnungstür hinter sich zuzog und abschloss, schüttelte sie ein letztes Mal energisch mit dem Kopf. Schluss jetzt damit, ermahnte sie sich. Und tatsächlich wurde ihr etwas leichter ums Herz, nachdem sie sich ins Auto gesetzt und den Motor angelassen hatte. Der Weg in die Firma würde nur zwanzig Minuten dauern.
Zwanzig Minuten, und sie würde Jannys warme Stimme »Guten Morgen« sagen hören. Über Katjas Gesicht huschte ein Lächeln.
***
Die Generalprobe war perfekt gelaufen. Wenn Lydia morgen noch einmal ihr Labor wienerte, konnte der Freitag kommen. Holst hatte durchblicken lassen, dass er eine Prämie springen lassen würde, wenn die Präsentation reibungslos verlief. Trotz dieser guten Aussicht kam nur gemäßigte Freude bei Katja auf, die gerade mit gemütlichen siebeneinhalb Kilometern die Stunde im Fitnesskeller auf dem Laufband joggte. Sie hatte Janny in der Mittagspause gesagt, dass sie nach Feierabend hier hinuntergehen würde. Doch noch bevor sie fragen konnte, ob Janny sich dem Training anschließen wollte, klingelte deren Telefon. Nach wenigen Worten entschuldigte Janny sich, um das Gespräch ungestört führen zu können. Dann war sie wieder einmal, wie schon die Tage zuvor, in Lydias Labor verschwunden.
Katja erhöhte an ihrem Trainingsgerät ein klein wenig die Steigung und sann darüber nach, welch seltsame Streiche einem das Leben doch so spielte. Noch vor zwei Wochen hatte sie den Moment verflucht, als Janny diesen Raum betrat. Und nun hing ihr Blick an der Tür fest, in der Erwartung, dass sie aufgehen und Janny erscheinen würde. Die Tür öffnete sich auch einmal, aber es kam nur eine Kollegin aus der Buchhaltung. Sie grüßte Katja kurz und stieg dann auf den Crosstrainer.
Nach einer Dreiviertelstunde beendete Katja ihren Lauf und ging duschen. Fünfzehn Minuten später fuhr sie vom Firmengelände. Katja wollte gerade wie gewohnt links in Richtung Stadtautobahn abbiegen und damit hinein in den unvermeidlichen Stau, als sie rechts von sich in der Bushaltestelle Jannys Wagen halten sah, direkt hinter einem Taxi. Diesem entstiegen zwei Männer. Einen davon kannte Katja. Es war dieser Brad-Pitt-Typ, mit dem sie Janny schon einmal gesehen hatte. Er winkte Janny zu. Die Männer hatten im Taxi offenbar auf Janny gewartet und stiegen nun zu ihr ein. Jetzt fuhr Jannys Wagen aus der Haltestelle heraus und reihte sich in den Verkehr ein.
Katja legte sich keine Rechenschaft darüber ab, warum sie den Blinker von links auf rechts setzte und in dieselbe Richtung fuhr wie Janny. Die beiden Männer sahen jedenfalls nicht bedrohlich aus oder gaben sonst irgendeinen Anlass, eine Gefahr für Janny zu vermuten. Katja folgte einfach einer spontanen Eingebung. Solange sie im Stop-and-go trotteten, ließ Katja immer einen Wagen zwischen ihrem und Jannys. Als der Verkehr dann besser floss, riskierte sie nichts, hielt nur etwas Abstand, blieb aber direkt hinter Janny.
Die Fahrt endete in der Kastanienallee. Genau vor der Villa, an der Katja ein paar Wochen zuvor Janny und »Brad« abgeholt hatte. Die beiden und der andere Mann gingen ins Haus. Und soweit Katja aus dem Auto, das sie etwa dreißig Meter weiter geparkt hatte, erkennen konnte, war Janny die Ruhe selbst. Was nichts hieß, denn aus eigener Erfahrung wusste Katja, dass Janny in jeder denkbaren Situation einen kühlen Kopf bewahrte.
Katja wartete, bis die Gruppe im Haus verschwunden war, dann stieg sie aus und ging zum Grundstück Nummer vierzehn. Sie legte ihre Hand auf das halbhohe Eisentor, zog sie zurück. Unentschlossen stand Katja da. Sollte sie
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