Herz auf Umwegen
neutraler Stimme zu erwidern. Und sie hoffte, dass niemand außer ihr bemerkte, dass Jannys Blick heute Morgen länger als sonst bei ihr verweilte.
Beziehungen am Arbeitsplatz waren zwar nicht generell untersagt, aber es führte zu Getratsche. Im Grunde war Katja das egal, nur wusste sie nicht, wie Janny dazu stand. Sie hatten heute Morgen keine Zeit gehabt, darüber zu sprechen. Da Janny die Abteilung in Kürze sowieso verlassen würde, war es wohl das Einfachste, ihre Beziehung für sich zu behalten. Danach interessierte es dann eh niemanden mehr.
Jannys Blick schien dasselbe zu sagen. Auch wenn es Gesten gab, die dem widersprachen. Zufällige Berührungen für den Außenstehenden. Für Katja Momente inneren Aufruhrs. Zum Beispiel, als Janny sie bat, ihr einen der Produktionsabläufe genauer zu erklären. Sie kam zu Katjas Schreibtisch und deutete auf deren PC. Katja rief das entsprechende Programm auf. Janny stand neben ihr, leicht vorgebeugt, den rechten Arm auf Katjas Schreibtisch gestützt, den linken auf der Rückenlehne ihres Stuhls. Katja fragte, was Janny denn wissen wolle. Ein leichter Schauer durchfuhr sie, als sie plötzlich die Berührung auf ihrem Rücken spürte. Jannys Hand hatte sich von der Stuhllehne gelöst und strich sanft über Katjas Rücken. Katja konzentrierte sich mit aller Macht auf den Bildschirm vor ihr und erklärte, was darauf zu sehen war. Während sie das tat, näherte sich Jannys Gesicht wie zufällig ihrem. Schließlich konnte Katja nur noch atemlos hauchen: »Tu das bitte nicht.«
Janny sah sie stirnrunzelnd an, doch dann schien sie zu begreifen, was sie Katja zumutete, lächelte und zog sich zurück.
Umso mehr genoss Katja die Abende mit Janny, die sie, wie bei Frischverliebten üblich, hauptsächlich im Bett verbrachten. Zärtliche und leidenschaftliche Stunden. Es waren Nächte, in denen der Schlaf zu kurz kam. Was sich tagsüber natürlich rächte. Aber Katja bereute keine Minute, selbst wenn die Müdigkeit sie am Tag fast erdrückte. Sie nahm sich dann zwar vor, in der nächsten Nacht etwas vernünftiger zu sein, aber in Jannys Armen schwanden alle guten Vorsätze dahin.
Alexas Blicke, am Anfang der Woche noch spöttisch, wurden zu deren Ende hin immer neidvoller, wie sie selbst zugab. Und die Versuche der Kollegin, Katja ihr Geheimnis zu entreißen, hörten nun gar nicht mehr auf.
Grit bekam von dem Ganzen natürlich auch ihren Teil mit, spitzte zunehmend die Ohren. Am Freitag zum Feierabend fragte sie: »Wollen wir nicht mal wieder Eis essen gehen oder ins Kino?«
»Ich, äh …«, druckste Katja. Irgendwie hatte sie so gar keine Lust auf Unternehmungen mit der Freundin.
»Was ist denn los? Bist du irgendwie sauer?«
»Nein!«
Alexa mischte sich ein. »Sie ist verknallt.« Ein anzügliches Grinsen folgte. »Sie kommt in den Nächten nur noch wenig zum Schlafen. Da braucht sie den Nachmittag, um sich zu erholen. Eisessen kannst du knicken. Und abends Kino – damit hat Katja die nächste Zeit erst mal nichts am Hut.«
Katja schoss die Röte ins Gesicht. »Quatsch«, fauchte sie. Wobei Alexa natürlich recht hatte. Erst gestern war sie hinterm Steuer ihres Taxis eingeschlafen. Als sie auf Kundschaft wartete, aber trotzdem.
Grit blickte fragend Katja an. Neckenden Vorwurf im Ton beschwerte sie sich: »Du hast eine Freundin? Davon hast du mir gar nichts erzählt.«
Katja rollte mit den Augen. »Es ist noch alles so neu. Ich wollte es eben erst mal für mich behalten.«
»Na ja, ich kann mir denken, wer es ist«, verkündete Alexa da prompt.
Katjas Blick schoss zu ihr. »Dann behalt es für dich!«, grollte sie.
Alexa hob die Augenbrauen. »Ist ja schon gut.« Ein Grinsen folgte. »Grit findet es auch selbst heraus. So schwer war es nicht zu erraten.«
Grit stieg sofort darauf ein. »Das heißt, es ist jemand aus der Firma, ja?«
Alexa presste demonstrativ die Lippen zusammen und zuckte mit den Schultern.
»Muss es ja«, kombinierte Grit weiter. »Wenn Katja dir nichts gesagt hat, du es aber weißt …, dann ist es jemand, der hier im Büro gewesen sein muss. Hm.« Um Grits Mund entstanden kleine Grimassen, die anzeigten, dass sie nachdachte. »Ich kann mich gar nicht erinnern, dass heute jemand aufgetaucht ist, der sonst nicht da ist.«
Alexa griente schon wieder. Es machte ihr sichtlich Spaß zu beobachten, wie Grit sich der Erkenntnis
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