Herz aus Eis
Hinweis veranlaßten, sie würde ihn im Wiederholungsfall von der Familientafel verbannen —, ihm doch etwas von der >wirklichen< Welt zu zeigen.
Kane begann Ian in die Welt der Geschäfte einzuführen, zeigte ihm die täglichen Börsenberichte und brachte ihm bei, wie man Verträge lesen müsse. Schon nach wenigen Tagen redete Ian nur noch von fünf- und sechsstelligen Beträgen, die für Grundstücke in Städten bezahlt wurden, die er nur aus Zeitungen kannte.
Eines Tages sah Houston, wie Sherwin etwas auf ein Stück Papier kritzelte. Später, als sie sich das Papier genauer besah, erkannte sie darauf eine fast perfekte Darstellung einer in dieser Gegend heimischen Spottdrossel. Da bestellte sie von Sayles eine tragbare Staffelei nebst Pinseln und Wasserfarben und überreichte dies Sherwin mit der umständlichen Lüge, sie hätte die Sachen auf dem Speicher gefunden und ob er jemanden wüßte, der dafür Verwendung habe? Sie hatte Angst vor dem taggertschen Stolz und dachte, er würde sonst dieses Geschenk zurückweisen.
Sherwin hatte gelacht und sie dabei mit einem so wissenden Blick angesehen, daß Houston ganz rot wurde. Er hatte die Sachen angenommen und sie auf die Wange geküßt. Danach saß er fast nur noch draußen im Garten und malte alles, was seine Aufmerksamkeit erregte.
Zweimal besuchte Houston Blair in der neuen Westfield-Praxis für Frauen. Nach der jahrelangen Trennung hatten sie erst jetzt Gelegenheit, sich wieder richtig kennenzulernen. Sie blieben viele Stunden beisammen, und eines Tages rief Lee bei ihr an und bat sie, ein paar Dienstboten für Blair und ihn anzustellen. Lee war sehr vorsichtig und zurückhaltend am Telefon, und sie erinnerte sich wieder, daß er damals in der Kirche, als seine Verlobung mit Blair bekanntgegeben worden war, das Gespräch mit ihr gesucht und sie ihn rüde abgefertigt hatte.
»Lee«, begann sie, »ich bin so froh, daß alles so gut ausgegangen ist. Ich bin wirklich glücklich mit Kane.«
Er zögerte mit der Antwort: »Ich habe dir nicht weh tun wollen, Houston.«
Sie lächelte in die Muschel hinein. »Ich bin es doch gewesen, die darauf bestand, daß Blair mit mir den Platz tauschen sollte. Vielleicht wußte ich, daß ihr beide ein besseres Paar abgeben würdet als wir beide. Wollen wir das alles vergessen und wieder Freunde sein?«
»Das wäre mein innigster Wunsch. Und, Houston, du hast einen guten Mann bekommen.«
»Ja, natürlich; aber warum sagst du mir das?«
»Ich muß weitermachen, und nochmals vielen Dank für deinen Beistand in Sachen Dienstboten. Blair kennt sich damit noch weniger aus als ich. Ich sehe dich vermutlich am Sonntag in der Kirche. Bis dann.«
Sie blickte stirnrunzelnd in das Telefon, zuckte dann mit den Achseln und ging zurück in die Bibliothek.
Drei Wochen war Houston mit Kane verheiratet, als sie ihm eröffnete, daß sie nun sein Büro umgestalten wollte. Sie war darauf vorbereitet, daß er Protest erheben würde; aber nicht auf die Heftigkeit seiner Argumente gefaßt. Sie schränke seinen privaten Freiraum ein, meinte er, aber das drückte er in Worten aus, die sie noch nie zuvor gehört hatte; obwohl es nicht viel Intelligenz erforderte, ihre Bedeutung zu verstehen.
Edan und Ian standen im Hintergrund und hörten interessiert zu, neugierig, wer aus dieser Schlacht als Sieger hervorgehen würde.
Houston hatte keine Ahnung, wie sie die Situation meistern sollte; doch sie war entschlossen, Ordnung in diesem Raum zu schaffen. »Ich werde diesen Raum sauber und ordentlich möblieren. Entweder läßt du mich das jetzt machen, unter deiner Kontrolle, wo du mir sagen kannst, was dir gefällt und was nicht, oder ich mache es, wenn du schläfst.«
Kane beugte sich in drohender Haltung über sie, und Houston lehnte sich zurück, wich aber nicht von der Stelle.
Da stürmte Kane aus dem Büro und warf die Tür so heftig zu, daß sie fast aus den Angeln brach. »Verdammte Weiber!« brüllte er. »Können einen Mann nie in Ruhe lassen; müssen immer alles umstellen; sind nicht zufrieden, wenn ein Mann glücklich ist.«
Als Houston sich umdrehte, um Edan und Ian anzusehen, lächelten sie dünn und verließen ebenfalls das Zimmer.
Houston hatte keine leichte Aufgabe erwartet; aber mit einem Schweinestall hatte sie nicht gerechnet: Sechs Leute mußten anderthalb Stunden schrubben, bis der Fußboden, die Schränke, der Kamin und die marmornen Löwenköpfe der Kaminverkleidung wieder sauber waren. Dann rief Houston die Lakaien herein,
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