Herz aus Eis
einige Kissenbezüge herausgesucht, die sie mit Stickereien versah, während Ian sich in ein Buch vertiefte, und nach einigem Zureden las er Houston ein Kapitel daraus vor. Er hatte eine gute Stimme und eine Begabung, Dialoge sehr lebendig vorzutragen. Nach einer Weile stieß auch Edan zu ihnen und hörte dem Jungen zu.
Als es Zeit wurde, sich schlafen zu legen, ging Houston allein nach oben, da Kane sich noch immer in sein Büro eingeschlossen hatte, während der Qualm seiner Zigarren bereits durch die Türritzen quoll. Irgendwann in der Nacht kroch er dann zu ihr ins Bett, zog sie eng an seinen großen, warmen Leib und war in der nächsten Sekunde eingeschlafen.
Houston erwachte bei den wohligen Empfindungen, die Kanes Hände auf ihren Hüften und Schenkeln auslöste. Sie drehte ihm das Gesicht zu, ehe sie daran dachte, die Augen zu öffnen, und er drückte seinen Mund auf ihre Lippen und begann mit einem sachten, langsamen, ausgedehnten Liebesspiel.
Erst nachdem sie ihre Leidenschaft gestillt hatten, öffnete Houston die Augen.
»Wolltest du wissen, ob es auch dein Ehemann war?« fragte Kane, auf sie hinunterlächelnd. »Oder wäre dir jeder Mann recht so früh am Morgen?«
Sie beschloß, ihm seine Neckerei mit gleicher Münze zurückzuzahlen. »Wie kann ich dich von anderen Männern unterscheiden, wenn ich bisher nur mit dir geschlafen habe? Oder soll ich den Unterschied kennenlernen?«
Ein Schatten wanderte über sein Gesicht, während er sich vom Lager erhob.
Sie schlang die Arme um seine Hüften und drückte ihre Brüste gegen seinen Rücken. »Das war doch nur Spaß. Ich habe kein Verlangen nach einem anderen Mann.«
Er löste ihre Hände von seinem Bauch. »Ich muß arbeiten und versuchen, so viel Geld zu verdienen, daß ich die Armee, die du angestellt hast, auch verpflegen kann.«
Houston blieb im Bett liegen und betrachtete ihn, bis er in seinem Badezimmer verschwand. Da war ein Teil seines Wesens, zu dem sie noch keinen Zutritt hatte.
Ein Klopfen an der Schlafzimmertür ließ ihr keine Zeit mehr zum Nachdenken.
»Miss Houston«, sagte Susan, »Miss Jean Taggert ist unten mit ihrem Vater und einem Fuhrwerk voller Sachen, und die beiden wollen Sie sprechen.«
»Ich komme sofort«, rief Houston und verließ widerstrebend das Bett: Kane hätte doch noch eine Weile bei ihr bleiben können. Doch als sie angezogen war, arbeitete er bereits in seinem Büro.
Unten führte sie Jean in den kleinen Salon. »Ich bin so froh, daß du dich entschlossen hast, mein Angebot anzunehmen«, begann Houston. »Ohne Haushälterin komme ich wirklich nicht mehr zurecht.«
Jean schob das mit einer Handbewegung beiseite. »Du mußt mir doch nichts vormachen. Ich weiß, warum du mir diesen Job anbietest; und ich weiß besser als du, daß ich erst alles von dir lernen muß und dir daher keine Hilfe, sondern nur eine Last sein kann. Doch die Chance, meine Familie von der Fronarbeit in den Kohlegruben erlösen zu können, ist wichtiger als mein Stolz. Rafe hat Ian erpreßt, das Bergwerkslager zu verlassen, und mein Vater hat mich erpreßt. Ich bin zu dir gekommen, um dich noch um eine größere Wohltat zu bitten, als du sie mir bereits erwiesen hast. Ich werde für dich arbeiten, bis ich umfalle, wenn du erlaubst, daß mein Vater bei mir wohnen darf.«
»Selbstverständlich«, sagte Houston rasch. »Und du gehörst zur Familie, Jean. Du brauchst nicht als Haushälterin für mich zu arbeiten. Du kannst hier als Gast wohnen, der zu nichts verpflichtet ist, sondern sich nur wohl fühlen soll.«
Jean lächelte. »Ohne eine Aufgabe würde ich es höchstens zwei Wochen bei dir aushalten. Wenn mein Vater willkommen ist, bleibe ich.«
»Nur, wenn du auch am Familientisch deine Mahlzeiten einnimmst. Es ist ein großer Tisch und fast leer. Machst du mich jetzt mit deinem Vater bekannt?«
Als Houston Sherwin Taggert sah, wußte sie sofort, warum Jean ihn aus dem Bergwerkslager herausholen wollte. Sherwin war ein todkranker Mann. Offenbar waren sich Tochter und Vater dieser Tatsache bewußt, schienen darüber aber nie ein Wort zu verlieren.
Houston lernte mit Sherwin einen sanftmütigen, höflichen Vertreter der Taggert-Familie kennen, und schon nach einer Viertelstunde waren alle Dienstboten des Hauses bemüht, es ihm so bequem wie möglich zu machen. Es gab nur eine kurze Kontroverse, wo der ältere Taggert in Zukunft wohnen solle, bei der Jean schließlich durchsetzte, daß ihr Vater in den unteren Räumen der Haushälterin
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