Herz aus Eis
einen Apfel von der Früchteschale. »Ich muß heute nacht arbeiten, weil Zach morgen ins Haus kommt, um mit mir und Ian Baseball zu spielen.«
Er warf ihr einen scharfen Blick zu. »Fühlst du dich nicht wohl? Du siehst so grün aus im Gesicht. Vielleicht solltest du dich ein bißchen hinlegen. Könnte ja sein, daß dir der Haushalt allmählich über den Kopf wächst.« Er küßte sie auf die Wange und ging in sein Büro zurück.
Vier Tage später beschloß Kane, sich selbst einmal in Vaughns Laden umzusehen, ob es da nicht noch andere Sportgeräte zu kaufen gab. Sein Team, zu dem noch Edan gehörte, war von Ian und Zachary vernichtend geschlagen worden. Ian, der die meiste Zeit seines jungen Lebens in einer Kohlengrube verbracht hatte, hatte großen Respekt vor Kane, aber noch nicht so viel Selbstvertrauen, Kane zu beschuldigen, daß er sich nicht an die Spielregeln hielt. Schließlich waren es ja seine Baseballschläger.
Zach hatte derlei Skrupel nicht. Er bestand darauf, daß Kane sich pedantisch an die Spielregeln hielt und wollte seinem Vater nicht durchgehen lassen, was Kane als >kreative< Spielweise bezeichnete. Bisher hatte Kane noch jedes Spiel aufgeben müssen, weil er sich weigerte, es nach Regeln zu spielen, die andere Leute verfaßt hatten. Und jetzt wollte er das Baseball-Regelbuch neu schreiben.
Als er sich nun mit Edan im Sportartikelgeschäft umschaute, kaufte er eine Tennisausrüstung, Fahrräder und alle Geräte, die man für eine Turnhalle brauchte.
Am anderen Ende des Ladentischs stand Jacob Fenton. Er verließ jetzt nur noch selten sein Haus, zog es vor, sich in seinem Büro einzuschließen und die Börsenberichte zu studieren und seinen Sohn zu verfluchen, weil er nicht das geringste Interesse für das Geschäft zeigte. Doch in letzter Zeit fühlte er sich etwas besser, weil seine Tochter, die er vor Jahren als wertlos verworfen hatte, mit ihrem jungen Sohn in sein Haus zurückgekehrt war.
Der junge Zachary vereinigte alles in sich, was ein Mann sich von einem Sohn nur erhoffen konnte: Lerneifer, Interesse, außerordentliche Intelligenz und sogar einen Sinn für Humor. Tatsächlich hatte Zachary nur einen Fehler: er fand zunehmend Gefallen an seinem leiblichen Vater. Eines Nachmittags, als er zu Hause studieren sollte, wie die Kohlengruben, die er eines Tages erben würde, betrieben und verwaltet werden mußten, ging er zu seinem Vater und spielte mit ihm Baseball. Jacob hatte beschlossen, den Teufel durch Beelzebub auszutreiben und dem Jungen alle Sportgeräte zu kaufen, die es auf dem Markt gab.
Kane, die Arme voller Tennisschläger und Hanteln, bog um ein Regal herum und fand sich Jacob Fenton gegenüber. Kane starrte ihm ins Gesicht, und in seinen Augen glomm ein zorniger Funke auf.
Jacob hatte keine Ahnung, wer dieser breitschultrige dunkelhaarige Mann war, nur daß er ihm irgendwie bekannt vorkam. Der Anzug, den dieser junge Mann trug, mußte jedenfalls eine Stange Geld gekostet haben.
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte Jacob und versuchte, an dem jungen Mann vorbeizukommen.
»Du kennst mich wohl nicht, wenn ich dir nicht den Steigbügel halte, Fenton?«
Jetzt wurde Jacob klar, daß dieser Mann ihn an Zachary erinnerte. Und er kannte sehr wohl den Grund für den Haß, der sich auf dem Gesicht von Kane Taggert zeigte. Er wandte sich wortlos von ihm ab.
»Moment noch, Fenton!« rief Kane ihm nach. »Du kommst heute in zwei Wochen in mein Haus zum Dinner.«
Jacob Fenton hielt einen Moment an, Kane den Rücken zukehrend, und dann nickte er kurz, ehe er den Laden verließ.
Kane legte wortlos die Geräte, die er aus den Regalen genommen hatte, auf den Ladentisch, und Edan überreichte dem Ladenbesitzer eine lange Liste von Sachen, die er Kane liefern sollte. »Schicken Sie mir das alles ins Haus«, sagte Kane, ohne erst lange zu erklären, wer er sei und wo er wohnte. Dann ging er aus dem Laden und stieg auf den Kutschbock seiner alten Kalesche.
Als Edan neben ihm saß, gab er mit schnalzender Zunge den Pferden das Zeichen zum Antraben. »Ich denke, ich sollte mir mal was Besseres anschaffen zum Herumkutschieren in dieser Stadt.«
»Warum? Damit du Fenton imponieren kannst?«
Kane blickte seinen Freund an. »Was wurmt dich denn so?«
»Warum lädst du den alten Fenton zum Dinner ein?«
Kanes Backenmuskeln strafften sich. »Du weißt verdammt genau, warum.«
»Ja, ich weiß, warum. Weil du ihm zeigen willst, daß du es weiter gebracht hast als er. Weil du vor ihm mit deinem
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