Herz aus Eis
Fußende ihres Bettes waren ihre Unterwäsche und ein Morgenmantel gebreitet. Ein Billett von Pam lag dabei, in dem sie schrieb, sie habe in die Stadt gehen müssen, und Houston solle unten im Salon frühstücken und nur dem Dienstmädchen Bescheid sagen, wenn sie etwas benötigte.
»Edan«, sagte Jean Taggert, »ich kann Ihnen nicht genug danken für alles, was Sie heute nacht für mich getan haben. Es wäre wirklich nicht nötig gewesen, mit mir zusammen aufzubleiben.« Sie standen im Korridor des Chandler-Hotels und hatten beide übernächtigte Gesichter. Nachdem sie Kanes Haus verlassen hatten, waren sie ins Hotel gezogen. Ian hatte sich sofort niedergelegt; doch Sherwin hatten die Ereignisse des Abends so sehr mitgenommen, daß er Hustenanfälle und keine Luft mehr bekam. Er erklärte immer wieder mit rasselnder Stimme, er habe Angst, Jean und Ian müßten ins Bergwerkslager zurückkehren.
Edan hatte Dr. Westfield angerufen, der in wenigen Minuten bei ihm war, da er sich nach der Visite bei Jacob Fenton noch nicht wieder ausgezogen hatte. Edan trommelte dann das Hotelpersonal aus den Betten, das Wärmflaschen und extra Decken herbeischaffen mußte. Auch schickte er einen Pagen los, der den Apotheker aus dem Bett holte, damit er das Rezept, das Westfield ausgestellt hatte, besorgte.
Jean saß dann die ganze Nacht am Bett ihres Vaters und versuchte, ihn zu beruhigen, indem sie ihm immer wieder versicherte, Ian und sie würden nicht in die Kohlengrube zurückkehren, während Edan sich um alles andere kümmerte, das geeignet war, der Atemnot des Kranken abzuhelfen.
Nun, da die Sonne gerade über den Horizont heraufkroch, war Sherwin endlich eingeschlafen, und sie standen vor der Tür seines Zimmers.
»Ich kann Ihnen nicht genug dafür danken«, sagte Jean zum tausendsten Mal.
»Dann hören Sie auf, es zu versuchen. Würden Sie jetzt gern frühstücken?«
»Glauben Sie, der Speisesaal ist um diese Zeit schon geöffnet?«
Edan grinste, während er ihr eine Haarsträhne aus der Stirn schob. »Nach dieser Nacht hat das Hotelpersonal einen so großen Respekt vor mir, daß es alles für mich tut.«
Er hatte nicht zu viel versprochen. Ein müde aussehender Nachtportier sperrte ihnen den Speisesaal auf, nahm zwei Stühle von einem Tisch am Fenster herunter und ging dann wieder, um den Koch aus dem Bett zu trommeln. Nur wohnte dieser unglücklicherweise vier Meilen vom Hotel entfernt, und es dauerte eine Weile, bis er in der Hotelküche anlangte. Doch weder Jean noch Edan merkten, daß es mehr als zwei Stunden dauerte, ehe ihnen das Frühstück serviert wurde.
Sie sprachen über ihre Jugendzeit, und Jean erzählte Edan, wie sie schon immer alle Männer hatte versorgen müssen, da ihre Mutter starb, als sie gerade elf Jahre alt geworden war. Edan erzählte von seiner Familie, die bei einem Feuer umkam, und wie Kane sich später seiner angenommen hatte.
»Kane ist mir gut bekommen. Ich wollte nie mehr einen Menschen lieben, weil ich Angst hatte, er würde dann ebenfalls sterben. Ich fürchtete, dann das Alleinsein nicht mehr ertragen zu können.«
Er legte seine Serviette beiseite. »Sind Sie ausgehbereit? Ich glaube, inzwischen haben auch die Büros in der Stadt geöffnet.«
»Ja, natürlich«, sagte sie, vom Tisch aufstehend. »Ich wollte Sie nicht von Ihrer Arbeit abhalten.«
Er faßte sie beim Ellenbogen. »Ich meinte nicht mich, sondern uns beide. Wir gehen jetzt zu einem Grundstücksmakler und kaufen ein Haus. Es muß ein großes Haus sein, damit wir alle Platz darin haben.«
Sie trat einen Schritt von ihm fort und sah ihn an. »Wir alle? Ich weiß nicht, was Sie damit meinen; aber Ian, Vater und ich können unmöglich bei Ihnen wohnen. Ich werde mir eine Stellung in der Stadt besorgen. Vielleicht wird Houston mir dabei helfen. Und Ian kann zur Schule gehen und sich später eine Arbeit suchen, während Vater und . . .«
»Ihr Vater würde sich lieber umbringen, als Ihnen und Ian zur Last zu fallen. Und Ian ist viel zu groß, um noch eine öffentliche Schule besuchen zu können. Er ist mit einem Hauslehrer viel besser bedient. Und Sie könnten in der Stadt nicht genug verdienen, um die beiden Männer und sich unterhalten zu können. Nein, Sie kommen jetzt mit und helfen mir, ein großes Haus zu finden, und Sie können mir dann den Haushalt führen.«
»Das kann ich unmöglich tun«, antwortete sie entsetzt. »Ich kann nicht die Haushälterin eines unverheirateten Mannes sein.«
»Ihr Vater und Ihr Vetter
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