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Herz aus Eis

Titel: Herz aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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ganzes Leben lang nicht mehr. Sie blickte weder Kane noch die Dienstboten an, die bereits von allen Seiten herbeigerannt kamen; sondern ging sofort zum Telefon und nahm den Hörer vom Haken.
    »Welche?« fragte sie nur, als die Vermittlung sich meldete, ohne dem Mädchen erst zu sagen, wer sie war.
    »Die Little Pamela«, hörte sie, ehe ihr der Hörer wieder aus der Hand rutschte.
    »Houston!« schrie Kane ihr ins Gesicht, während er sie bei beiden Schultern packte. »Fall mir jetzt bloß nicht auch noch in Ohnmacht! War das eine Grubenexplosion?«
    Houston glaubte nicht, daß sie fähig war, ein Wort zu sprechen. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Warum mußte es nur meine Mine treffen, hörte sie immer wieder eine Stimme in ihrem Kopf und sah vor ihrem inneren Auge die Kinder, die gestern vor der Zeche Baseball gespielt hatten. Welche von den Jungen, die vor Stunden noch fröhlich miteinander gespielt hatten, waren jetzt tot?
    Sie blickte mit düsteren Augen zu Kane hinauf. »Die Schicht«, flüsterte sie. »Rafe gehörte zur letzten Schicht.«
    Kanes Hände krampften sich um ihre Schultern. »Dann war es also die Little Pamela?« flüsterte er. »Wie schlimm hat es sie erwischt?«
    Houston öffnete den Mund, doch kein Wort kam über ihre Lippen.
    Einer von den Bediensteten, die sich stumm im Korridor versammelt hatten, trat vor. »Sir, wenn die Explosion so stark war, daß in der Stadt Scheiben kaputtgehen, muß es ein sehr schlimmes Unglück sein.«
    Kane stand eine Sekunde unbeweglich im Zimmer und verwandelte sich dann in ein Bündel Energie.
    »Houston, ich möchte, daß du alle Decken und Laken im Haus zusammensuchst und sie mit dem Fuhrwerk in die Zeche bringst. Hast du mich verstanden? Ich ziehe mich inzwischen an und werde noch vor dir zur Zeche reiten. Aber ich will, daß du so rasch wie möglich mit den Decken nachkommst. Hast du gehört?«
    »Sie werden Helfer für die Rettungsaktion brauchen«, sagte der Lakai, der sich zu Wort gemeldet hatte.
    Kane blickte ihn rasch von Kopf bis Fuß an. »Dann steige aus diesen goldbetreßten Klamotten, zieh dir was Vernünftiges an und hol dir ein Pferd aus dem Stall.« Er drehte sich wieder zu Houston um. »Lebendig oder tot — ich hole Rafe aus dem Stollen heraus.« Nachdem er ihr rasch einen Kuß gegeben hatte, lief er schon die Treppe zum Oberstock hinauf.
    Houston stand einen Moment unbeweglich da, ehe sie sich zu rühren begann. Sie konnte an dem Unglück nichts mehr ändern; aber sie konnte das Leiden lindern. Sie drehte sich zu den Zofen und Zimmermädchen um. »Ihr habt gehört, was der Herr eben gesagt hat. Ich möchte, daß alle Laken, Bezüge und Decken innerhalb von zehn Minuten auf dem Fuhrwerk verladen sind.«
    Eines von den Dienstmädchen trat vor. »Mein Bruder arbeitete in der Little Pamela. Darf ich mit Ihnen zur Zeche fahren?«
    »Und ich ebenfalls?« fragte Susan. »Ich habe in meinem Leben schon ein paar zerbrochene Köpfe zusammengeflickt.«
    »Ja«, antwortete Houston, während sie schon die Treppe hinaufeilte, um ihren Morgenrock gegen ein Reisekleid zu vertauschen. »Ich fürchte, wir brauchen jede Hilfe, die wir bekommen können.«

Kapitel 29
    Kane hatte noch keine Erfahrung mit Katastrophen; seine Schlachten wurden in der Regel zwischen ihm und einem Rivalen ausgetragen. Und deshalb war er unvorbereitet auf das, was ihn in der Little-Pamela-Zeche erwartete. Er hörte schon aus großer Entfernung die Schreie der Frauen, und er dachte, daß er diese Laute, solange er lebte, nicht mehr aus dem Kopf verdrängen konnte.
    Das Tor zum Lager stand offen und war unbewacht. Nur eine Frau saß dort, wiegte ein Baby an ihrer Brust und suchte es mit gurrenden Lauten zu beruhigen. Kane und seine vier Begleiter ritten im langsamen Trab weiter, als sie das Tor passiert hatten, und als noch mehr Frauen in Sicht kamen, die ihnen entgegenliefen oder nur am Weg standen und weinten, hielten sie an und stiegen aus den Sätteln.
    Als Kane an einer Frau Vorbeigehen wollte, faßte sie mit eisenhartem Griff nach seinem Arm.
    »Töte mich!« schrie sie ihm schrill ins Gesicht. »Er ist tot, und wir haben nichts! Gar nichts!«
    Kane konnte sie nicht daran hindern, ihn in ihre Hütte hineinzuzerren. Rafes Baracke war ein Palast im Vergleich zu dieser Behausung. Fünf zerlumpte, schmutzige Kinder standen in einer Ecke beisammen und klammerten sich aneinander. Ihre hageren Gesichter und ihre großen, fiebrigen Augen verrieten, daß sie noch nie in ihrem Leben

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