Herz aus Eis
wurde, fehlt mir eigentlich nichts.« Sie hielt inne. »Ich bitte um Entschuldigung. Ich wollte Sie nicht mit meinen Problemen belasten.«
»Haben Sie denn nicht verstanden, was ich in der Kirche sagte? Haben Sie nicht gehört, wie ich den Damen erzählte, daß wir beide heiraten werden? Ich habe sie alle zu einer Doppelhochzeit eingeladen.«
»Und dafür danke ich Ihnen«, sagte Houston und brachte sogar ein Lächeln zustande. »Es war sehr gütig von Ihnen, zu meiner Rettung herbeizueilen. Sie würden einen großartigen Ritter abgeben. Nun, denke ich, sollte ich lieber wieder gehen.«
»So eine eigensinnige Frau wie Sie habe ich noch nicht erlebt! Was wollen Sie denn anfangen, wenn Sie mich nicht heiraten? Glauben Sie, einer von den sogenannten gesellschaftsfähigen Männern möchte Sie jetzt noch haben? Die haben doch alle Angst vor dem Westfield-Klan. Oder glauben Sie etwa, Marc Fenton würde Sie um Ihre Hand bitten?«
»Marc Fenton?« fragte sie verwirrt. »Warum sollte wohl Marc, wie Sie eben so elegant sagten, mich um meine Hand bitten wollen?«
»War nur so ein Gedanke von mir. Das ist alles.« Er kam einen Schritt näher. »Warum wehren Sie sich eigentlich so dagegen, mich zu heiraten? Ich bin reich und habe ein großes Haus, und Sie sind eine verschmähte Braut und haben nichts anderes zu tun.«
Sie blickte zu ihm hoch. Seine Größe machte sie ein wenig unsicher; aber Angst - nein, die hatte sie nicht vor ihm. Plötzlich dachte sie nicht mehr an Leander und Blair. »Weil ich Sie nicht liebe«, sagte sie mit fester Stimme. »Und weil ich so gut wie nichts von Ihnen weiß. Es wäre doch möglich, daß Sie bereits zehnmal verheiratet waren und Ihre zehn Frauen im Keller eingesperrt haben. Sie sehen so aus, als wären Sie dazu fähig«, setzte sie hinzu, während sie sein von Haaren überwuchertes Gesicht und das große Loch an der Schulter seines blauen Arbeitshemds betrachtete.
Eine geschlagene Minute lang starrte Kane sie mit offenem Mund an. »So was trauen Sie mir zu? Hören Sie mal zu, Lady.« Er trat noch einen Schritt näher. »Ich hatte überhaupt keine Zeit zum Heiraten. Seit mich Fenton mit achtzehn aus seinem Haus hinausgeworfen hat, habe ich nichts anderes gemacht als Geld verdient. Drei Jahre lang habe ich nicht einmal ein Bett gesehen, geschweige denn darin geschlafen. Und da kommen Sie hierher und sagen, ich hätte sogar Zeit gehabt, zehn Frauen zu heiraten.«
Als er mit seiner Rede zu Ende war, hatte er sich so weit über sie gebeugt, daß sie sich nach hinten lehnen mußte.
»Vielleicht habe ich mich getäuscht«, sagte Houston mit einem sanften Lächeln.
Kane nahm den Kopf nicht zurück. »Wissen Sie, daß Sie die schönste Frau sind, die mir je begegnet ist?«
Damit schob er einen Arm hinter ihren Rücken, zog sie an sich, packte mit der rechten Hand in ihr sorgfältig frisiertes Haar und küßte sie.
Houston hatte Leander etliche hundert Male geküßt. Er war ihr vertraut, da war nichts Unverhofftes; doch so etwas wie Kanes Kuß hatte sie bisher noch nicht erlebt. Sein Mund lag fordernd auf dem ihren. Er küßte sie nicht auf die feine Art, wie ein Gentleman eine Lady küssen würde, sondern eher so, wie sie sich den Kuß eines Stallburschen vorstellte.
Er ließ sie abrupt wieder los, daß sie fast auf den Rücken gefallen wäre, und einen Moment lang sahen sie sich in die Augen. »Lady, wenn Sie mich immer so küssen, obwohl Sie in diesen Westfield verknallt sind, käme ich mit Ihnen auch ohne Liebe ganz gut zurecht.«
Houston wußte darauf nichts zu sagen.
Er nahm ihren Ellbogen. »Ich werde dich jetzt wieder nach Hause bringen, und du kannst gleich damit anfangen, unsere Hochzeit vorzubereiten. Kauf dir alles, was du dazu brauchst. Ich werde etwas Geld für dich auf der Bank deponieren. Ich möchte viele Blumen im Haus haben, wenn wir heiraten, also besorge sie und schick sie hierher. Bestell sie in Kalifornien, oder schau dich mal in meinen Gewächshäusern um, ob du da was Passendes findest. Und die Trauung findet in meinem Haus statt. Ich habe genügend Stühle oben im Speicher. Ich will, daß die ganze Stadt zu meiner Hochzeit kommt.«
»Moment! So warten Sie doch!« sagte sie und steckte ihr Haar wieder auf, während er sie hinter sich herzog. »Ich habe doch noch gar nicht ja gesagt. Bitte, Mr. Taggert, geben Sie mir dafür noch ein bißchen Zeit. Ich habe mich noch nicht von dem Verlust meines Verlobten erholt.« Sie legte die Hand auf seinen Arm, spürte die
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