Herz aus Eis
kräftigen Muskeln unter dem dicken Stoff.
Er nahm ihre Hand von seinem Arm, und einen Moment glaubte sie, er wollte sie wieder küssen.
»Ich werde dir einen Ring kaufen. Was für einen möchtest du haben? Einen Ring mit Brillanten? Oder Smaragden? Wie heißen diese blauen Dinger?«
»Saphire«, sagte sie zerstreut. »Bitte, kaufen Sie mir keinen Ring. Die Ehe ist eine Gemeinschaft fürs Leben. So was bricht man doch nicht übers Knie!«
»Bis zur Hochzeit sind es noch zwei Wochen — genug Zeit, um dich an den Gedanken gewöhnen zu können, meine Frau zu sein.«
»Mr. Taggert«, sagte sie erbittert, »hören Sie jemals zu, wenn andere Leute etwas zu Ihnen sagen?«
Er grinste sie durch seinen Bart hindurch an. »Nein, nie. Mit dieser Methode bin ich reich geworden. Wenn ich etwas sah, das ich haben wollte, habe ich es mir genommen.«
»Und jetzt stehe ich wohl als nächstes auf der Liste der Dinge, die Sie haben wollen, wie?« sagte sie leise.
»Du stehst ganz oben an. Noch vor einem Wolkenkratzer in New York, der Vanderbilt gehört, aber den ich haben möchte. Und jetzt bringe ich dich nach Hause, damit du deiner Familie von mir berichten und mich an Westfields Stelle setzen kannst. Das wird ihm noch leid tun! Er hat sich zwar auch eine Chandler geangelt; aber ich bekomme die Lady.« Er riß so heftig an den Zügeln, daß Houston in das Polster zurückfiel, ehe sie ein Wort sagen konnte.
Vor ihrer Haustür sprang er aus der Kalesche, holte sie von ihrem Sitz herunter und stellte sie auf den Boden. »Es eilt, ich muß wieder zurückfahren. Du erzählst deinen Eltern von mir, ja? Und ich werde dir morgen den Ring schicken. Falls du was brauchst, sagst du mir oder Edan Bescheid. Wenn’s geht, besuche ich dich morgen.« Er warf einen raschen Blick über die Schulter auf ihr Haus. »Also dann — ich muß weiter.« Er sprang wieder auf den Kutschbock und raste davon.
Houston stand an der Mauer des Vorgartens und blickte der Kalesche nach, die in der Staubwolke, die sie aufwirbelte, kaum noch zu sehen war. Sie hatte ein Gefühl, als wäre gerade ein Tornado über sie hinweggezogen.
Im Haus wurde sie bereits von Duncan und Opal erwartet. Opal saß mit rotgeweinten Augen in einem Sessel, während Duncan mit verschränkten Armen im Salon auf-und ablief.
Houston holte tief Luft, ehe sie das Zimmer betrat. »Guten Tag, Mutter — Mr. Gates.«
»Wo bist du denn so lange gewesen?« herrschte Duncan sie an.
»Oh, Houston«, schluchzte Opal, »du brauchst doch nicht ihn zu heiraten. Du findest schon noch einen. Nur weil Leander einen Fehler beging, mußt du es ihm doch nicht nachmachen.«
Ehe Houston einen Ton sagen konnte, legte Duncan los: »Houston, du bist doch immer die Vernünftige von euch beiden gewesen. Blair hatte noch nie einen Funken Verstand. Schon als kleines Mädchen hat sie immer erst nachgedacht, wenn sie schon etwas angestellt hatte. Aber du hast nie den Kopf verloren. Du wolltest Leander heiraten und . . .«
»Aber Leander wird mich jetzt nicht mehr heiraten«, fiel Houston ihm ins Wort.
»Deswegen mußt du doch nicht Kane Taggert heiraten!« jammerte Opal und barg das Gesicht in ihrem nassen Taschentuch.
Houston glaubte, Kane jetzt in Schutz nehmen zu müssen. »Was, zum Kuckuck, hat dieser Mann denn verbrochen, daß ihn alle so schlecht machen? Ich habe seinen Heiratsantrag noch nicht angenommen; aber ich sehe nicht ein, warum ich ihn ablehnen sollte.«
Opal sprang von ihrem Sessel auf und rannte zu ihrer Tochter. »Er ist ein Monster. Schau ihn dir doch an. Du kannst doch nicht mit so einem stinkenden Bären von einem Mann Zusammenleben! Alle deine Freunde würden seinetwegen mit dir brechen. Und was für schreckliche Geschichten man in der Stadt von ihm erzählt.«
»Opal«, befahl Duncan, und sie kehrte gehorsam zu ihrem Sessel zurück und schluchzte weiter in ihr Taschentuch. »Houston, ich möchte mit dir reden, wie ich mit einem Mann reden würde. Mir ist es egal, ob dieser Mann schon mal eine Badewanne gesehen hat oder nicht. Das ist für mich nicht entscheidend, obwohl ich zugebe, daß ihm ein heißes Bad nicht schaden könnte. Aber da sind andere Dinge. . .« Er blickte Houston scharf an. »Unter den Männern geht das Gerücht um, Taggert habe ein paar Leute umbringen lassen, sonst wäre er nicht so reich geworden.«
»Ermordet?« flüsterte Houston. »Wo hast du das gehört?«
»Wo, ist nicht wichtig, sondern . . .«
»Natürlich ist es wichtig«, unterbrach sie ihn heftig.
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