Herz aus Eis
ihm zurückgewichen und stand nun an die Wand gepreßt vor ihm.
Kane stemmte links und rechts von ihrem Kopf die Hände gegen die Wand und beugte sich vor. »Wir haben uns doch noch gar nicht richtig kennengelernt, nicht wahr? Ich meine, ein Brautpaar sollte sich wenigstens ein paar Stunden mit sich allein beschäftigen, ehe es sich trauen läßt, oder nicht?«
Houston schlüpfte geschickt unter seinem rechten Arm hindurch. »Mr. Taggert«, sagte sie fest. »Mit Süßholzraspeln werden Sie mir die Party nicht ausreden können. Ich glaube, Sie haben Angst, dorthin zu gehen, und vielleicht gehören Sie zu der Sorte von Männern, die schon vor einer kleinen Ansammlung von Menschen die Flucht ergreift. Dann sind Sie aber auch nicht der Mann, den ich heiraten möchte.«
Mit einem wütenden Blick kehrte er an seinen Schreibtisch zurück. »Sie können zuweilen ja richtig giftig werden. Ich habe doch nicht vor so einer verdammten Party Angst.«
»Dann beweisen Sie das, indem Sie sich anziehen und mit mir zur Party gehen.« Während sie ihn beobachtete, schien er innerlich mit sich zu ringen, und fast war sie versucht, ihm zu sagen, daß sie bei ihm im Haus bleiben würde. Nicht nachgeben, Houston, ermahnte sie sich. Genau das will er nämlich erreichen.
Er warf seine Papiere auf den Tisch. »Ich werde gehen«, sagte er barsch. »Und ich hoffe, daß Sie das nicht bereuen müssen.« Damit stürmte er an ihr vorbei aus dem Büro.
»Das hoffe ich ebenfalls«, sagte sie leise, während sie ihm nachrannte, um den Anzug zu holen, der noch in der Kutsche lag.
Während Kane sich umzog, besichtigte Houston die Möbel, die überall herumstanden, und überlegte, wo sie ihren Platz finden sollten. Nach anderthalb Stunden, als sie zu überlegen begann, ob Kane durch ein Zimmer im ersten Stock geflüchtet war, drehte sie sich um und sah ihn in einem dunklen Rock mit langen Schößen, schiefergrauer Hose und weißem Leinenhemd im Durchgang stehen, eine weiße Krawatte in der Hand.
»Ich weiß nicht, wie man so ein Ding bindet.«
Houston vermochte sich einen Moment nicht von der Stelle zu bewegen. Der maßgeschneiderte Anzug brachte den bemerkenswerten Unterschied zwischen breiten Schultern und schmaler Taille hervorragend zur Geltung, und das dunkle Tuch betonte seine Brauen und seine Haare. Der Gedanke, an seinem Arm auf einer Party zu erscheinen, erfüllte sie mit Stolz. Vielleicht war da ein Teil von ihr, der der Stadt beweisen wollte, daß sie auch einen anderen Mann bekommen konnte. Sie hätte es ganz bestimmt schlechter treffen können. Oh ja, das hätte sie!
»Weißt du, wie man so eine Krawatte bindet?« wiederholte er.
»Ja, natürlich«, sagte sie, wieder zu sich kommend. »Du mußt dich aber hinsetzen, weil ich sonst deinen Hals nicht erreichen kann.«
Er setzte sich auf einen der kleinen vergoldeten Sessel, als wäre er zum Tode verurteilt.
Während Houston einen Windsorknoten in die Krawatte band, sagte sie zu ihm: »Die Party findet im Haus einer meiner Freundinnen statt. Sie heißt Tia Mankin. Speisen und Getränke werden auf langen Tischen stehen, die im Garten aufgebaut sind, und du mußt umhergehen und dich mit den Leuten unterhalten. Ich werde, so lange es geht, an deiner Seite bleiben.«
Kane sagte nichts.
Als der Knoten fertig war, sah sie ihm in die Augen. War das der Mann, auf dessen Kopf sie einen Krug zerschlagen hatte? »Es wird nicht lange dauern, und dann kommen wir hierher zurück und essen zusammen Abendbrot.«
Plötzlich legte er die Arme um sie und küßte sie heftig — als wollte er sich bei ihr Mut holen. Im nächsten Moment stand er neben ihr. »Wir wollen es hinter uns bringen«, sagte er und marschierte zur Haustür.
»Wo bleibst du denn?« fragte er ungeduldig unter der Tür.
»Ich komme schon«, sagte sie lächelnd und fühlte sich sehr lebendig.
Während Kane die Kutsche lenkte — es waren nur ein paar Minuten bis zu Tias Haus —, gab sie ihm noch ein paar Instruktionen. »Wenn wir die Leute von unserer Verlobung überzeugen wollen, solltest du ein wenig aufmerksamer zu mir sein«, sagte sie vorsichtig. »Bleib an meiner Seite, nimm meinen Arm — solche Sachen. Und, bitte, hilf mir aus der Kutsche.«
Er nickte, ohne sie anzusehen.
»Und lächle«, sagte sie. »So schlimm kann eine Ehe ja nun auch wieder nicht sein.«
Die Leute, die in Mankins Garten versammelt waren, schienen es kaum erwarten zu können, den neuen Verlobten von Houston kennenzulernen. Sie versuchten zwar,
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