Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Herz aus Feuer

Titel: Herz aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
jener ersten Nacht noch eine Jungfrau gewesen war.
    Blair ging nach oben, um die Männerkleidung abzulegen, die ihr Lee geliehen hatte, und ihre Ärzteuniform anzuziehen. Das Fenster war offen, und sie konnte Stimmen hören. Sie beugte sich aus dem Fenster und sah Lee in einiger Entfernung von der Hütte mit seinem Vater reden. Ihren Gesten nach schienen die beiden sich zu streiten.
    Lee kauerte im Gras, kaute auf einem Stengel, während Reed offenbar jeden Zoll seines gewichtigen Körpers dazu benützte, sich in bedrohlicher Weise über seinen Sohn zu beugen. Für Blair sah es so aus, als wollte er jeden Moment seinem Sohn an die Gurgel springen.
    Und deshalb fühlte sich Blair genötigt, auch ihre Ohren anzustrengen. Der Wind trug ihr einige Worte zu, die Reed mit einem stochernden Finger unterstrich: ». . . Gefahr . . .« ». . . riskierst dein Leben . . .« ». . . Pinkerton . . .«
    Sie zog den Kopf zurück. »Pinkerton?« flüsterte sie, während sie die letzten Knöpfe an ihrer Uniform schloß. Was hatte Lee mit der Detektivagentur Pinkerton zu tun?
    Einen Moment lang setzte sie sich aufs Bett. Sie hatte nicht viel Zeit gehabt, darüber nachzudenken, wo Lee in ihrer Hochzeitsnacht hingegangen sein mochte. Reed hatte sie belogen, und sie hatte ihm die Geschichte abgenommen. Sie hatte bereitwillig geglaubt, daß Lee eine andere Frau liebte. Sie würde bereitwillig glauben, daß er sich in das Versteck einer Räuberbande begab, um deren Anführerin vor einer Blutvergiftung zu retten. Aber wenn das beides nicht zutraf, wenn Lee in etwas anderes verwickelt war, in etwas ... Sie stockte, um sich auf denkbare Möglichkeiten zu besinnen. Vielleicht half er den Pinkertons. Aber da Reed ihn auf so eindringliche Weise warnte, hielt sie das für unwahrscheinlich.
    Leander mußte in etwas Illegales verwickelt sein. Sie wußte es, fühlte es. Und deshalb konnte er ihr auch nicht sagen, was er vorhatte. Er wollte nicht, daß sie sich als Mitwisserin schuldig machte.
    Langsam, mit schweren Füßen, ging Blair wieder nach unten und traf dort an der Tür mit Lee zusammen. »Ich muß fort«, sagte er, sie beobachtend.
    Blair sah zu ihm hoch. Was war das für eine kriminelle Tätigkeit, der er heimlich nachging? Und warum? Brauchte er Geld? Sie dachte an die neue medizinische Ausrüstung, die er in Denver bestellt hatte. Sie mußte ein Vermögen gekostet haben, und jedermann wußte, daß ein Arzt hier nicht viel verdiente. Natürlich hatte Lee von seiner Mutter Geld geerbt; aber wer wußte schon, wieviel? Tat er das alles, damit er seine Klinik eröffnen, damit er anderen Menschen helfen konnte?
    »Ich weiß«, sagte sie, ihm die Hand auf den Arm legend.
    Als er sie ansah, schien er erleichtert aufzuseufzen. »Du bist mir nicht mehr böse?«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    Er küßte sie so innig, daß es ihr weh wurde ums Herz. »Ich werde so rasch ich kann wieder zurückkommen. Dad wird dich jetzt nach Hause bringen.«
    Ehe sie noch ein Wort sagen konnte, war er schon bei seinem mächtigen Hengst und sprengte den Berg hinunter.
    Blair bestieg das Pferd, das Reed für sie mitgebracht hatte, und sie machten sich stumm auf den langen Ritt nach Hause. Die meiste Zeit mußten sie auf dem schmalen Trail durch den Wald über Bäche und kleine Flüsse sowieso hintereinander reiten. Blair grübelte immer noch, was die Ursache für Lees jähes Verschwinden sein könne, und versuchte sich einzureden, daß ihre Schlüsse falsch seien, während sie gleichzeitig betete, daß Gott ihn vor jeder Gefahr beschützen möge.
    Als sie nur wenige Meilen von Chandler entfernt waren und der Boden ebener und trockener wurde, zügelte Reed sein Pferd und wartete, bis sie neben ihm war.
    »Ich glaube, wir beide haben auf dem falschen Fuß angefangen«, sagte Reed.
    »Ja«, antwortete sie ehrlich. »Als ich noch ein Kind von acht Jahren war.«
    Er blickte sie einen Moment verwirrt an. »Ach ja, diese Streiche damals. Ich hätte davon nichts gewußt, wenn meine Frau nicht dahintergekommen wäre. Lee hat mir nie ein Wort davon erzählt. Helen war überzeugt, daß nur ein Mädchen dahinterstecken könne. Sie sagte, Jungen wären zwar schlau, aber nie so gerissen wie Mädchen, und diese Scherze wären viel zu gut durchdacht. Und als ich erzählte, daß du die Regenwürmer gegen eine Blindschleiche vertauscht hättest, sagte sie: >Blair Chandler — ich hätte doch gleich auf sie kommen müssen. Sie hat schon immer ein ungewöhnliches Interesse für Lee

Weitere Kostenlose Bücher