Herz aus Feuer
hatte.
Obwohl sie protestierte, daß sie unmöglich die Leute allein lassen könne, zog er sie doch mit sich fort zu seiner Kutsche und fuhr mit ihr in die Stadt zu Miss Emilys Teestube.
Miss Emily warf nur einen Blick auf Blair und schickte sie sogleich in ihr hinteres Zimmer mit dem Befehl, sich alle nur irgendwie erreichbaren Körperpartien zu waschen, da bestimmt kein Fleck ihrer Haut noch sauber sei. Als Blair vom Waschen zurückkam, erwartete Lee sie hinter einem Tisch, auf dem Platten mit kaltem Hühnerbraten, belegten Brötchen und Erdbeertörtchen standen.
Blair fiel heißhungrig darüber her, während sie keinen Moment zu reden aufhörte: ». . . und wir können den Schrank mit dem Vitrinenaufsatz in der Chirurgie aufstellen und die große Spüle im Vorraum unterbringen . . .«
»Moment mal — das muß doch nicht alles an einem einzigen Tag erledigt werden.«
»Ich glaube nicht, daß das möglich ist; aber schön wäre es schon. Diese Stadt braucht eine Klinik für Frauen. Vor ein paar Jahren hat Mutter mich mal in die Krankenstation für Frauen mitgenommen. Ist sie immer noch in so einem desolaten Zustand?«
»Schlimmer, als du dir das vorstellen kannst«, sagte Lee ernst, nahm dann ihre Hand und küßte sie. »Warum tändeln wir hier also noch herum? Laß uns wieder an die Arbeit gehen. Ach, da fällt mir ein, daß ich deine Schwester angerufen habe. Sie besorgt uns eine Haushälterin und ein Zimmermädchen.«
»Zwei Hausangestellte?« fragte Blair. »Können wir uns das überhaupt leisten?«
Er blickte sie betroffen an. »Wenn du nicht Miss Emilys Laden leer ißt. . .«
Er hob entsetzt beide Hände, als Blair sofort ein Brötchen, das sie sich gerade genommen hatte, wieder auf die Platte zurücklegte.
»Du liebe Güte — Blair! Ich bin zwar nicht so reich wie Taggert; aber für zwei Hausangestellte reicht es allemal.«
Sie stand auf. »Laß uns gehen. Ich habe für eins einen Installateur bestellt.«
Kopfschüttelnd ging Lee hinter ihr her aus der Teestube.
Kapitel 27
Françoise hieb das Glas auf den Tisch zurück und stellte voller Verdruß fest, daß es zu schwer und zu dick war, um zu zerspringen. »Es ist alles ihre Schuld«, fauchte sie.
Sie fuhr zusammen, als sich hinter ihr ein Mann räusperte. Sie drehte sich um und sah LeGault hinter sich stehen: groß, hager, dunkelhaarig — und schleimig. Er hatte die Angewohnheit, so geräuschlos wie eine Katze ins Zimmer zu kommen. Er spielte mit seinem kleinen Oberlippenbart und sagte: »Schon wieder diese Leier?«
Françoise machte sich nicht die Mühe, ihm zu antworten, stand auf und trat ans Fenster. Die Jalousie war heruntergelassen und die schweren Plüschvorhänge vor die Scheiben gezogen. Niemand durfte sie von draußen sehen; denn sie hielt sich hier vor dem Sheriff versteckt. Seit über einer Woche hauste sie nun schon in diesem Zimmer. Die Mitglieder ihrer Bande lagen entweder im Krankenhaus oder saßen hinter Gittern. Die Bären, die diese Frau in den Canyon gelockt hatte, hatten eine Panik bei den Männern und Tieren ausgelöst, so daß einer von ihren Leuten von Pferden zu Tode getrampelt wurde. Zwei Männer waren durch Schüsse verletzt und einer von einem wütenden Bären angefallen worden, der ihm das rechte Bein zerfleischt hatte. Als der Sheriff und seine Männer endlich den Schutt vom Eingang der Schlucht weggeräumt hatten, flehten die Banditen sie förmlich an, sie festzunehmen.
Und das alles nur wegen dieser Frau.
»Sie hat mir das alles eingebrockt«, sagte Françoise zähneknirschend. Am meisten erbitterte es sie, daß diese Frau es fertiggebracht hatte, sie an der Nase herumzuführen. Erst waren diese Idioten, die sie zu ihrer Anführerin ernannt hatten, der Hütte nicht auf die Spur gekommen, wo sie gefangengehalten wurde, und dann hatte diese Frau ihr scheinbar zur Freiheit verholfen, um sie anschließend vor den Augen ihrer Leute in der Schlucht wieder einzusperren.
In den letzten sieben Tagen hatte sie genügend Zeit gehabt, sich noch einmal jede Einzelheit des Vorgangs ins Gedächtnis zurückzurufen. Da war ihr klar geworden, daß Blair ein übles Spiel mit ihr getrieben hatte. Dieses Luder hatte nur so getan, als ob sie auf ihren Mann wütend sei — als ob sie ihm ein Schlafmittel in den Kaffee getan und dann das Messer »vergessen« hätte, damit Françoise entfliehen konnte.
»Ich schätze, du hast den Doc vergessen«, meinte LeGault mit einem anzüglichen Grinsen. »Er war auch an der Sache
Weitere Kostenlose Bücher